Die Tauern Rinne

Nur für Schwindelfreie

Die Tauern Rinne am Feldberg
01.11.2014

von Birgit-Cathrin Duval

Sie war die spektakulärste alpine Skipiste im Schwarzwald: Die Tauern-Rinne, eine 350 Meter lange Abfahrt vom Bismarckturm zum Feldsee. Wer die extrem steile und gefährliche Piste – die engen Kurven in der felsigen Steilwand waren ebenso gefürchtet wie legendär – war ein Held und echtes Ski-Ass. Die Tauern-Rinne adelte jeden Bezwinger zum ungekrönten König des Schwarzwalds.

Im Winter 1927 fällt der Startschuss zum ersten Abfahrtsrennen: Die Strecke beginnt am Bismarckturm auf dem Seebuck, von dort führt die Piste durch die Birsmarckwächte hinunter zur Baader-Mulde – jenem Punkt, an dem Ernst Baader 1919 für die Filmaufnahmen „Wunder des Schneeschuhs“ von der Wächte in den Steilhang sprang.

350 Meter Nervenkitzel

Als schwierigste Passage galt die so genannte „Tauern-Rinne“. Eine überaus knifflige und technisch schwierige Strecke, durchsetzt mit felsigen Steilwänden und dichtem Wald: 350 Meter Nervenkitzel durch eines der wildesten Gebiete des Feldbergs.

Das Pistenende lag am Ufer des Feldsees, deren gefrorene Oberfläche in erschreckender Tiefe silbern glitzerte. Wer beim „Tauern-Rennen“ startete, hatte Mumm in den Knochen: Im Tiefschnee lauerten versteckte Felsen und in den Kurven ragten vereiste Tannen empor. Die Abfahrt verlangte von den Fahrern und Fahrerinnen vollste Konzentration und schnelles Reaktionsvermögen.

Die Tauern-Rinne und das gleichnamige Abfahrtsrennen erinnern an Dr. Odo Tauern, einer der Pioniere des Skilaufens im Schwarzwald. Tauern, geboren 1885 in New York City kam als Pflegesohn der Gräfin Luise von Voss (geborene Henckel von Donnersmarck) nach Berlin. Tauern studierte in Berlin und an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Jede freie Minute verbrachte der junge Tauern draußen beim Klettern und Skifahren. Der abenteuerlustige Student liebte den Feldberg, den er über 20 Jahre lang, in allen seinen Facetten und bis in den letzten Winkel, ob Sommer oder Winter, erkundete. Er gehörte zum Freundeskreis des Regisseurs Arnold Fanck und war Mitbegründer der „Berg- und Sportfilmgesellschaft Freiburg“, jener Firma, die mit dem ersten Skifilm für Furore sorgten.

Die Seebuckwächte im Frühjahr
Die Seebuckwächte im Frühjahr © Sammlung Franz Kreisarchiv Breisgau Hochschwarzwald

Dr. Odo Tauern wurde 1913 erster Vorsitzender des Ski-Club Freiburg. Seinem Einsatz ist die Förderung des alpinen Skilaufs zuzuschreiben. Dr. Tauern leitete den Verein bis 1920 und von 1924 bis 1926. Als er 1926 bei einer Klettertour im Höllental tödlich verunglückt, verlor der Ski-Club einen seiner charismatischsten Leiterpersönlichkeiten. Nur wenige Monate nach seinem tragischen Tod, veranstaltet der Ski-Club ihm zu Ehren das Tauern-Gedächtnisrennen.

Olympiasiegerin Christl Cranz bezwingt die Rinne 

Beim Dr.-Tauern-Gedächtnislauf 1934 stellte der für den deutschen Skiverband startende Österreicher Hellmut (Heli) Lantschner den Streckenrekord auf. Seine Zeit von 1 Minute 46 Sekunden konnte niemand unterbieten. Auch Christl Cranz meisterte die schwierige Abfahrt mit einer grandiosen Leistung: Sie schaffte es auf den vierten Platz – als einzige weibliche Fahrerin. Zwei Jahre später wurde sie in Garmisch-Patenkirchen Olympiasiegerin.

Bis Mitte der 50er Jahre wurden auf der Tauern-Rinne Skirennen veranstaltet. Wegen der gefährlichen Streckenführung sicherten die Veranstalter die Bäume mit Matratzen ab. Aufgrund der naturschutzrechtlichen Bestimmungen waren die Tage der legendärsten Skipiste im Schwarzwald bald gezählt.