Die 4 schönsten Wutachtouren

Wandern in der Wutachschlucht
01.07.2020

von Patrick Kunkel

Die Wutachschlucht kennen viele und genau deshalb ist hier an manchen Tagen richtig viel los. Zum Glück gibt es auch noch andere Wandertouren in der Wutachschlucht.

„Schreib' doch mal“, sagt Jan, „schreib' doch mal was über die schönsten drei Wanderungen rund um die Wutachschlucht!“ Das sagt der so. Ein Auftrag zum Verzweifeln! Die schönsten drei im Wutachland, als ob das so einfach wäre. Wo doch die Wutachschlucht selbst schon die Schönste ist im ganzen Land. Die Heerscharen von Ausflüglern können ja nicht irren . . .

Aber vielleicht ist die Idee doch gar nicht so schlecht, finde ich, nachdem ich ein bisschen darüber nachdenke. Denn wer einmal am Wochenende oder in den Sommerferien auf dem schmalen Fels- und Wurzelpfad gewandert ist, der sich da so hübsch zwischen senkrechten Kalksteingalerien und dem wilden Fluss Wutach dahin schlängelt, könnte durchaus auf den Gedanken kommen, dass eine Landschaft zwar noch so beeindruckend und ein Weg noch so aufregend sein mag. Dies muss aber nicht immer auch allerhöchsten Wandergenuss bedeuten. Vor allem dann nicht, wenn man sich den schmalen Steig schon am frühen Vormittag mit Großfamilien, ostfriesischen Rentergangs, Schweizer Freundinnengruppen oder französischen Ehepaaren teilen muss. 
Jedes Jahr laufen zwischen 60.000 und 80.000 Menschen durch die Wutachschlucht, sagt Wutachranger Martin Schwenninger. Wer statt Wandergruppen im Minutentakt etwas mehr Einsamkeit sucht, sollte sich daher lieber in die Seitentäler verziehen oder auf Randzeiten ausweichen. Und wer etwas ganz Besonderes erleben möchte, macht eine geführte Wanderung mit dem Wutachranger.

1 · Die wilde Rötenbachschlucht

Dieses Seitental der Wutachschlucht ist fast ebenso wild und urwüchsig wie dessen viel bekanntere große Schwester
Dieses Seitental der Wutachschlucht ist fast ebenso wild und urwüchsig wie dessen viel bekanntere große Schwester © Patrick Kunkel

Eine meiner Lieblingstouren im Wutachland ist der Abstieg durch die Rötenbachschlucht. Dieses Seitental der Wutachschlucht ist fast ebenso wild und urwüchsig wie dessen viel bekanntere große Schwester. Der große Vorteil: Dort ist viel weniger Trubel!

Der Auftakt könnte kaum unspektakulärer sein: Vom Start am Bahnhof in Rötenbach wandern wir entspannt auf einem Schotterweg hinab in die Wutachschlucht. Deutschlands wohl bekanntestem Wildfluss folgen wir aber nur ein paar Meter bis zur Rötenbachmündung – der kleine Bach hat ganze Arbeit geleistet, die enge Schlucht steht der wilden und urwüchsigen Wutachschlucht in nichts nach, überhaupt präsentiert sich der Rötenbach ziemlich ungezähmt. Und wunderschön. Der gewundene Pfad balanciert immer am Steilhang entlang. Wildflussaufwärts! Es rauscht in Kaskaden den blanken Fels hinab und umgestürzte Baumstämme garnieren das Steilufer. Kleine Brücken und Stege queren den Bach, ehe sich ganz allmählich der Charakter des Wegs wandelt. Die steilen Wände flachen nach und nach ab und rücken auseinander, Schlucht wird zu Tal und schattiger Wald zu duftenden, brummenden Wiesen. Jetzt erst fällt uns auf, dass wir seit einer Dreiviertelstunde keine Menschenseele mehr getroffen haben! Die Sonne brennt uns auf den Pelz – Zeit für eine Rast!

Info
Start: Bahnhof Rötenbach | Länge: 11 Kilometer | Höhenmeter: 275

2 · Immer dem Ranger nach

Einer der reichsten Naturräume Deutschlands: Die Wutachschlucht
Einer der reichsten Naturräume Deutschlands: Die Wutachschlucht © Patrick Kunkel

Eine Ranger-Wanderung durch die Wutachschlucht ist die wohl angenehmste Art und Weise, das Naturerlebnis in Deutschlands Grand Canyon mit einer Lehrstunde in Botanik, Forstwissenschaft, Erdgeschichte, Biologie und Geologie zu vereinbaren. Treffpunkt mit Wutachranger Martin Schwenninger ist stets der Wanderparkplatz in Boll. Von dort geht es hinab in die enge Schlucht. Martin stapft voran und unterwegs erklärt er immer wieder die Besonderheiten der Schlucht: „Man kann an einem Wandertag einen Fächer von über 300 Millionen Jahre Erdgeschichte erleben, denn die Wutachschlucht durchschneidet auf ihrem Weg zum Rhein alle geologischen Stufen Süddeutschlands. Zudem ist die Wutachschlucht einer der reichsten Naturräume Deutschlands und dadurch ziemlich einmalig in Deutschland.“ Auf engstem Raum gedeihen heute hier schätzungsweise 10.000 verschiedene Arten, darunter etwa 1200 Pflanzenarten.“ Martin arbeitet seit dem Jahr 2004 als Ranger, doch eintönig findet er den Beruf nicht, im Gegenteil: „Ich entdecke immer wieder Neues und dadurch wird die Schlucht nie langweilig. Außerdem: Wenn die Wutach im Winter wirklich wütend ist, dann verändert sich auch die Landschaft. Das macht es spannend. Man kommt dann im Frühjahr wieder runter in die Schlucht und es ist alles anders.“ 
Dass die Wutachschlucht immer wieder als „Grand Canyon Deutschlands“ bezeichnet wird, findet der Ranger „etwas übertrieben“ - auch wenn die steil aufragenden Kalkwände, vor denen wir schon bald stehen, bei vielen diese Assoziation weckt. „Die Felsgalerien sind beeindruckend, aber die Wutachschlucht hat solche Superlative eigentlich nicht nötig.“

Info
Die ca. 10 Kilometer langen Ranger-Wanderungen von Boll zur Wutachmühle finden von Juli bis Ende August statt und sind kostenlos. Jeden Dienstag, 10 Uhr ab Wanderparkplatz Boll. Info und Anmeldung per Mail: martin.schwenninger@landkreis-waldshut.de

3 · Die rauschende Gauchach

Wie die Wutachschlucht gehört auch die Gauchachschlucht  zu den ältesten Naturschutzgebieten Baden-Württembergs
Wie die Wutachschlucht gehört auch die Gauchachschlucht zu den ältesten Naturschutzgebieten Baden-Württembergs © Patrick Kunkel

Die Gauchachschlucht wird oft als kleine Schwester der Wutachschlucht bezeichnet, ebenso wie übrigens die Rötenbachschlucht oder die Haslachschlucht. Mit dieser Zuschreibung muss nicht gegeizt werden, es stimmt ja: All diese Seitentäler stehen der großen Schwester in Sachen landschaftlicher Schönheit kaum nach. In einem Punkt übertreffen sie diese sogar: Es ist dort viel, viel weniger los. Wir machen uns in Döggingen auf den Weg, ganz allmählich tauchen wir in die dicht bewaldete Schlucht ein. Dort, wo sich der Bach tief in das harte Muschelkalkgestein gewühlt hat, ist kaum Platz für einen Pfad, etliche Male queren wir auf schmalen Stegen die Gauchach.

Wie die Wutachschlucht gehört auch die Gauchachschlucht zu den ältesten Naturschutzgebieten Baden-Württembergs, seit 1939 schon ist das Gebiet geschützt. Die rauschende Gauchach ist unser steter Begleiter, im Sommer gurgelt sie friedlich über mehrere kleine Wasserfälle Richtung Wutach. Im Winter hat sie es ganz schön in sich und schwemmt auch schon mal ganze Holzstege weg! Wo das eiskalte Bachwasser über zwei Meter hohe Treppen stürzt, hat die Gauchach tiefe Becken in den felsigen Grund gehöhlt, manche so tief, dass man darin nicht mehr stehen kann. Und so kalt, dass man ganz schnell wieder raus will. Selbst an heißen Tagen!

Die Tour ist nicht ohne: An der Gauchachmündung stapfe ich über den Kanadiersteg – und habe erst die halbe Strecke hinter mir! Ein Stück folge ich dem Schluchtensteig durch die Wutachschlucht flußaufwärts und laufe schließlich über Bachheim zurück nach Döggingen. Gut 20 Kilometer kommen so zusammen.

Info
Start: Döggingen Adlerplatz Strecke: Döggingen – Posthaus - Guggenmühle – Lochmühle - Grünburg - Burgmühle - Gauchachmündung - Bachheim - Engeschlucht - Lochmühle - Lochwald - Döggingen Länge: 20 Kilometer

4 · Der Klassiker: Erst Klamm dann Schlucht

Am liebsten steige ich durch die Lotenbachklamm in die Wutachschlucht.
Am liebsten steige ich durch die Lotenbachklamm in die Wutachschlucht. © Patrick Kunkel

Die Tageswanderung von der Schattenmühle zur Wutachmühle ist der absolute Klassiker. Fast ein Muss. Doch Licht und Schatten liegen hier eng beieinander. Und damit meine ich nicht nur die leuchtenden Lichttupfer auf dem feuchten Waldboden, die entstehen, wenn golden-leuchtende Sonnenstrahlen durchs dichte grüne Blätterdach brechen. Sondern auch den Umstand, dass man hier einerseits die wohl spektakulärste Schluchtlandschaft des Schwarzwalds erleben kann, mit ihren Felsgalerien, den Kalktuffwasserfällen, dem moosigen Schluchtwald und wildromantischen Wanderpfaden. Und dass sich aber andererseits eben genau deshalb die meisten Ausflügler auf diesem Abschnitt der Wutachschlucht tummeln. Ist ja auch kein Wunder: Gut erreichbar, Gaststätten am Start und am Ziel. Und dann bekommt man dort praktisch alle Natursehenswürdigkeiten zu Gesicht, die die Wutachschlucht zu bieten hat.
Wer früh aufsteht, hat dagegen den Pfad oft ganz für sich alleine, zumindest zu Beginn. Am liebsten steige ich durch die Lotenbachklamm in die Wutachschlucht. Morgens, wenn feiner Dunst zwischen den Baumstämmen wabert und Tautropfen an Grashalmen, Farnblättern und Moosen haften, herrscht eine ganz besondere Stimmung in der engen Klamm. Der Abstieg beginnt so harmlos wie das gemächliche Plätschern des Lotenbachs. Dass der kleine Wildbach auch anders kann, merken wir nach wenigen Metern, als der Pfad erst immer schmaler wird und schließlich steil über Wurzeltreppen und Felsen dem dahinschießenden Wasser abwärts in die enge Klamm hinein folgt, eine wilde Furche ist das, die die ungebändigte Wasserkraft im Lauf der Jahrhunderte ins Gestein genagt hat und wir setzen auf dem rutschigen Grund vorsichtig einen Fuß vor den anderen! Im Halbschatten gedeihen hellgrüne Moose und Farne, der Bach sprudelt weiß perlend über mehrere Stufen hinab Richtung Wutach und wohin man blickt, sieht man ein Gewirr aus umgestürzten, alten Baumstämmen, die verrotten und mit Flechten überzogen sind. Knorrige, bemooste Äste ragen wie spindeldürre Finger aus dem Waldgewirr hervor – und dann schickt die Morgensonne ihre frühen Strahlen zwischen den eng stehenden Baumstämmen hindurch. Die kurze Klamm mündet schon nach gut anderthalb Kilometern in die Wutachschlucht.

Auch hier ist morgens kaum was los. Ein schweigsamer alter Mann stapft vorbei. Der schmale Pfad führt durch struppigen Wald, schlägt Zinken, ist voller Buckel, Stufen und Überraschungen. Mal sind wir ganz nah am Wasser, mal schraubt sich der Pfad den Steilhang hinauf, sodass wir das Flusstal von weit oben überblicken und sehen können, wie tief sich die Wutach im Lauf der Jahrtausende ins Land gegraben hat. Ehe es richtig heiß wird, sind wir wieder am Ziel

Info
Start: Parkplatz Lotenbachklamm Strecke: Lotenbachklamm - Wutachschlucht – Schattenmühle Länge: 14 Kilometer, Tipp: Parken an der Wutachmühle und mit dem Wanderbus zum Startpunkt an der Lotenbachklamm fahren, dann habt ihr keinen Stress mit dem Fahrplan

Mehr Informationen

  • Wutachschlucht

    Hier findest Du alle Tourenvorschläge, Informationen für deine Wanderung, Busfahrpläne und Hinweise zu geführten Wanderungen. 
  • Wanderbus Wutachschlucht

    Der Wanderbus Wutachschlucht verbindet von April bis Oktober die wichtigsten Start- und Zielpunkte für Wanderungen rund um die Wutachschlucht miteinander. 
  • Wanderkarte Wutachschlucht

    Die passende Wanderkarte Lenzkirch und Wutachschlucht kannst Du bequem in unserem Onlineshop bestellen. 
    Maßstab 1:30.000
    Preis: 5,00 €