1983 fing Barbara Herbstritt an, die Herstellung von Schwarzwälder Trachtenhüten von der Mutter ihres Mannes zu erlernen.

Die Handwerkskunst der Trachtenhüte

Keiner, außer Barbara Herbstritt, weiß wie das geht
09.12.2013

von Barbara Bollwahn

Zuerst wollte sie nichts davon wissen. Ihre Kinder, zwei Jungs, waren noch klein, sie hatte gerade wieder angefangen zu arbeiten, und wusste um die Schinderei. Aber der Wunsch ihrer Schwiegermutter, ihr Wissen weiterzugeben, war so groß, dass sie sich überreden ließ.

1983 fing Barbara Herbstritt an, ein altes Handwerk von der Mutter ihres Mannes zu lernen: die Herstellung von Schwarzwälder Trachtenhüten. „Später hat es dann schon Spaß gemacht“, erzählt sie.

Den Schrank voller Trachtenhüte

Jetzt wissen nur noch ganz wenige, wie die Trachtenhüte mit den schwarzen Bändern, die bis auf den Rücken hinunter reichen, hergestellt werden. Barbara Herbstritt aus Breitnau, 67 Jahre alt, mit kurzen weiß-grauen Haaren und seit einigen Jahren Witwe, ist eine davon.

Im Arbeitszimmer ihres Hauses liegen in einem Schrank Dutzende Trachtenhüte fein säuberlich einer neben dem anderen. Auf mit Nadeln befestigten Zetteln steht, was zu machen ist oder was schon gemacht wurde, „Neue Blüten“ oder „Unterteil gewaschen“. In einer alten Hutschachtel bewahrt sie Hutbänder auf, die zu erneuern sind. All die Hüte stammen von Trachtenvereinen und Musikgruppen und Barbara Herbstritt richtet sie, das heißt, sie arbeitet sie auf. „Keiner außer mir weiß, wie das geht“, sagt sie.

Die Herstellung ist ganz schön anstrengend

Bis vor kurzem hat sie auch noch Trachtenhüte hergestellt. Das wichtigste Arbeitsgerät dafür hat sie vor einigen Monaten weg gegeben: die Hutpresse, ein zentnerschweres Gerät aus Gusseisen, das mindestens einhundert Jahre alt ist und bei ihr im Keller stand.

Im Arbeitszimmer ihres Hauses liegen in einem Schrank Dutzende Trachtenhüte fein säuberlich einer neben dem anderen.
Im Arbeitszimmer ihres Hauses liegen in einem Schrank Dutzende Trachtenhüte fein säuberlich einer neben dem anderen. © Barbara Bollwahn

Das Ungetüm steht jetzt im Simonswäldertal, im Dorfmuseum Jockenhof des dortigen Brauchtumsvereins. „Ich hatte keine Lust mehr“, begründet Barbara Herbstritt die Weggabe. Die Arbeit war ihr zu anstrengend geworden. Die Herstellung der Hüte ist aufwändig und braucht Kraft.

Die Strohhüte, die heutzutage aus Italien kommen, werden mit Knochenleim eingestrichen, damit sie widerstandsfähig und hart werden. Dann geht es in den Keller, bei entsprechender Luftfeuchtigkeit werden sie wieder weich. Das kann, je nach Wetter, mehrere Wochen dauern. Anschließend werden die Rohlinge in einer gusseisernen Form zum ersten Mal gepresst, und kommen dann wieder in den Keller zum Weichwerden, bevor sie mit einer selbst gemischten Paste, die Zinkweiß und Speisegelatine enthält, geweißelt werden.

„Ich finde Trachten schön und gut, sie zu erhalten“
„Ich finde Trachten schön und gut, sie zu erhalten“ © Barbara Bollwahn

Sind sie getrocknet, kommen sie in die Hutpresse, die an einen heißen Kamin angeschlossen wird. Anschließend geht es noch einmal in den Keller, wieder zum Weichwerden, bis die Hüte in ihre endgültige Form gepresst werden. Zum Schluss näht Barbara Herbstritt die Bänder und Verzierungen an. „Man kann nur mit Fingerhut arbeiten“, sagt sie. Einmal ist es ihr passiert, dass sie den Fingerhut durchstochen hat. „Das war happig.“

Tradition ist kein Kitsch!

Mit der Hutpresse hat Barbara Herbstritt auch ihr Wissen über die Herstellung der Trachtenhüte weiter gegeben. Ihre zwei Schwiegertöchter haben kein Interesse, aber sie ist zuversichtlich, dass es weiter Menschen geben wird, die die Tradition fortführen und erhalten wollen. „Ich finde Trachten schön und gut, sie zu erhalten“, sagt sie. Aber, das betont sie mehrmals, in ihrer ursprünglichen Form. „Wenn sie verkitscht werden, kann ich mich schon aufregen.“ Es gebe viel Unwissenheit, klagt Barbara Herbstritt. „Tradition ist Tradition.“

In einer alten Hutschachtel bewahrt sie Hutbänder auf, die zu erneuern sind.
In einer alten Hutschachtel bewahrt sie Hutbänder auf, die zu erneuern sind. © Barbara Bollwahn

Seit sie die Hutpresse aus dem Haus gegeben hat, widmet sie sich einem neuen Hobby, für das sie weder Leim noch Nadeln braucht: sie hat das Internet für sich entdeckt. Doch man wird sie auch in Zukunft gelegentlich auf Festen sehen, so wie einmal im Jahr in der Feldberghalle, wo alte Handwerkskunst gezeigt wird. „Da gehe ich gerne hin“, sagt sie. Dann nimmt sie nicht nur die kleine Trachtenpuppe mit, deren Kleid ihre Mutter genäht hat. Sie selbst trägt dann auch einen der Trachtenhüte, die sie ihr Eigen nennt. Der Eine stammt von einer Tante, der Andere von ihrer Schwiegermutter, von der sie die Herstellung der Hüte gelernt hat. Sie wird noch lange Freude an ihnen haben. Ein Trachtenhut kann locker einhundert Jahre alt werden.