Beim Bogensport ist Konzentration und Ruhe entscheidend.

Bogensport im Hochschwarzwald

Glücksgefühl mit Pfeil und Bogen
08.11.2013

von Birgit-Cathrin Duval

Robin Hood ist out. Legolas, der blonde Bogenschütze aus „Herr der Ringe“ ein alter Hut. Die neuen Helden heißen „Arrow“, „Hawkeye“, Katniss Everdeen oder Merida. Sie sorgen für einen Boom in Deutschland. Bogenschießen wird zur neuen Trendsportart. Und ein kleines Hotel im beschaulichen Eisenbach ist seit Jahren auf die rasant wachsende Fangemeinde eingestellt: Im Bogensporthotel Gasthof Bad dreht sich alles um Pfeil und Bogen.

Mit dem Bogensport hat der Gastronom seine Nische gefunden. „Bogenschießen boomt“, sagt Hubert Wursthorn. Dem war nicht immer so. Im November 1993 macht Hubert Wursthorn Cluburlaub auf Furteventura. „Die boten Bogenschießen an. Darüber konnte ich nur lächeln.“ Als Kinderkram habe er das abgestempelt, erzählt Wursthorn. Bis, warum auch immer, er im Urlaub einen Bogen zur Hand nahm. Ab dann war der Jagdinstinkt geweckt. „Mit einem Bogen in der Hand wird jeder Mann zum Lausbub.“ Und Wurthorn hatte eine Idee: Sein Hotel und Gaststätte in Eisenbach zum Mekka des Bogensports im Schwarzwald auszubauen.

Bogenschießen soll aus der Mode sein?

Dass das Hotel Bad anders ist, ist offensichtlich. Ein riesiger Bär reckt sich am Eingang dem Besucher entgegen, in der Gastube hängen die Wände voller Geweihe und Trophäen, Bogen und Pfeile. Ein Sammelsurium an Kuriosem. Mittendrin die imposante Weltzeituhr des Ururgroßvaters, Johann Baptist Beha, ein über den Schwarzwald hinaus bekannter Uhrenmacher. Es gibt einen Bogenstand hinter dem Haus, eine große Bogenhalle  und – deshalb kommen viele Gäste nach Eisenbach – einen Parcours im angrenzenden Waldstück. Dort verstecken sich 40 detailgetreue Tierattrappen aus Hartschaum, auf die mit Pfeil und Bogen geschossen wird. Die Jagd mit Pfeil und Bogen auf lebende Tiere ist in Deutschland, anders als in Frankreich oder Dänemark, verboten.

Aufrecht stehen, keinen Krummbuckel machen, die richtige Atemtechnik, Schultern runter, Bogen anziehen bis zum Mundwinkel und mit beiden Augen aufs Ziel gucken.
Aufrecht stehen, keinen Krummbuckel machen, die richtige Atemtechnik, Schultern runter, Bogen anziehen bis zum Mundwinkel und mit beiden Augen aufs Ziel gucken. © Birgit-Cathrin Duval

Dass Bogenschießen so in Mode gekommen ist, liegt für Hubert Wursthorn auf der Hand. „Heute macht uns alles wuschig. Internet, iPhone, Tablets, Facebook. Beim Bogensport ist Konzentration und Ruhe entscheidend. Bogenschießen sei deshalb eine ideale Sportart für gestresste Menschen und Kinder mit ADHS, erklärt Wursthorn.

Er hat den Bogen raus mit dem Bogenschießen. Inzwischen ist der Schwarzwälder ein gefragter Experte in Sachen Bogen. Jedes Jahr ist er auf einer wichtigen Bogenmesse in Abu Dhabi präsent. „Aufrecht stehen, keinen Krummbuckel machen, die richtige Atemtechnik, Schultern runter, Bogen anziehen bis zum Mundwinkel und mit beiden Augen aufs Ziel gucken“. Und das Wichtigste: „Nicht nachdenken“. Mit einem Plopp trifft Wursthorns Pfeil auf die Gämse. Blattschuss. Mitten ins Schwarze. Nun ist der Bogenneuling dran. Dem Anfänger rät Wursthorn die Sehne mit drei Fingern zu spannen.

Pfeil anlegen, Sehne Spannen, einatmen, Ziel anvisieren. Mann und Bogen bilden eine Einheit. Der Pfeil als Erweiterung des Bewusstseins. In dieser Sekunde entsteht der Flow.
Pfeil anlegen, Sehne Spannen, einatmen, Ziel anvisieren. Mann und Bogen bilden eine Einheit. Der Pfeil als Erweiterung des Bewusstseins. In dieser Sekunde entsteht der Flow. © Birgit-Cathrin Duval

„Darauf achten, dass die Finger den Pfeil nicht berühren. Rechter Ellenbogen raus und bis zum Mundwinkel spannen. Schulter runter und bis zum Mundwinkel anspannen. Den Bogen locker lassen.“ Der Pfeil sirrt davon. Kein Plopp ist zu hören. Das Ziel ist verfehlt, der Pfeil landet irgendwo im Grashügel.

Bereit für die Jagd!

Eine Stunde später. Die Fingerkuppen schmerzen. Das Spannen der Sehnen fordert Kraft, die Körperhaltung muss sitzen. Der Erfolg beim Bogenschießen liegt in der Vorbereitung. Stimmt die Haltung, die Konzentration, die Atmung, trifft fast jeder Pfeil mit einem „Plopp“ den Hartschaum der Gämse. Die Augen des Bogenschützlings glitzern, der archaische Urtrieb ist geweckt. Der Bogenneuling ist soweit geschult, um nun auf die „Jagd“ in den Wald zu gehen.

Im Wald flirrt das Sonnenlicht durch die Fichten. Hirsche, Gämsen, Auerhahn, Rehe, Füchse, Bären, aber auch Exotisches wie Dinosaurier und Kobras verstecken sich zwischen den Bäumen. Die Abschussstellen sind deutlich markiert. Pfeil anlegen, Sehne Spannen, einatmen, Ziel anvisieren. Mann und Bogen bilden eine Einheit. Der Pfeil als Erweiterung des Bewusstseins.

Es hat etwas Meditatives, Besinnliches. Und, das ist nicht von der Hand zu weisen, ein Treffer erzeugt den gewissen Kick.
Es hat etwas Meditatives, Besinnliches. Und, das ist nicht von der Hand zu weisen, ein Treffer erzeugt den gewissen Kick. © Birgit-Cathrin Duval

In dieser Sekunde entsteht der Flow. Die völlige Balance zwischen Geist und Körper, der entscheidende Augenblick, auf den sich alles konzentriert. Die Sehne ist bis zum Mundwinkel gespannt. Die Finger lassen los, die Sehne schnappt nach vorne, der Pfeil fliegt davon. Intuitiv gelenkt durch das dritte Auge des Schützen. Plopp. Treffer.

Pfeile einsammeln und verschossene im Unterholz suchen. Den Köcher auffüllen, zur nächsten Station spazieren. Bogenschießen ist kein lauter Sport. Es hat etwas Meditatives, Besinnliches. Und, das ist nicht von der Hand zu weisen, ein Treffer erzeugt den gewissen Kick. Wer den Bogen spannt, kehrt entspannt in seinen Alltag zurück.