Schonach, ein Paradies für Freestyle-Skisportler

Schwerelos am Winterberg
27.10.2021

von Patrick Kunkel

Keinen Parcours mit Schanzen und Hindernissen im Dorf? Für Jannik Schyle und seine Freunde aus Schonach kein Thema – sie bauen ihren Snowpark einfach selbst! Jeden Winter erschaffen sie ihr eigenes kleines Paradies für Freestyle-Skifahrer und -Snowboarder: den Josenpark am Winterberg.

Endlich wieder auf Ski! Jannik Schyle schnallt die Bretter an. Und ab geht’s den Hang hinunter. Die Bedingungen in Schonach sind heute ideal: Tonnenweise frischer Schnee, die Sonne scheint – und quasi vor der Haustür liegt ein Snowpark, in dem man abheben kann. „Ein paar Sekunden in der Luft. Das kurze Gefühl von Schwerelosigkeit und das Kreative am Skifahren erleben,“ schwärmt der 25-jährige Schonacher, wenn er über das Freestyle-Skifahren spricht.

Wobei es mit dem „Skifahren“ so eine Sache ist. Schließlich geht es beim Freestyle – genauer: bei der Disziplin Slopestyle – darum, möglichst kreative und trickreiche Drehungen, Sprünge und Figuren in der Luft zu vollbringen. Airtime. Genau dafür ist der Snowpark am Schonacher Winterberg gemacht – und mit seinen Kickern, Rails und Boxen inzwischen legendär. Das Besondere an dem Park: Jannik und seine Freunde haben ihn selbst gebaut – und damit in Schonach ein echtes Paradies für Slopestyler geschaffen. Getauft haben sie ihn Josenpark, nach dem Josenbauernhof, dessen Matte im Winter zur Skipiste wird. Ein echter Magnet: „Die Leute kommen aus der Umgebung, aber auch aus Stuttgart und Karlsruhe“, weiß Jannik.

Josenpark

© Markus Ketterer

Für den Bau ist echte Handarbeit angesagt: Mit Schneeschippe und Schaufel formen die Jungs vom Josenpark die weißen Wellen und verankern Hindernisse im Schnee. So machen sie es jedes Jahr. Seit 2012. Weil es in Schonach damals zwar schon einen Skilift gab, sonst aber nicht viel Abwechslung im Winter. „Für Jugendliche sind die Möglichkeiten schon etwas beschränkt und ein Lift ist irgendwann nicht mehr interessant. Wir hatten vorher schon kleine Schanzen selbst gebaut, aber wir kannten natürlich die großen Snowparks aus den Alpen“, erzählt Jannik.

Langeweile und Winterdepression auf dem Dorf? War keine Option für ihn und seine Kumpels – und deshalb machten sie sich damals für den Snowpark beim Gemeinderat stark: „Wir waren zu zwölft und hielten einen leidenschaftlichen Vortrag im Rathaus“, blickt Jannik zurück: „Das hat wohl überzeugt.“

Seither trifft sich die Josenpark-Crew jeden Winter auf der Piste, sobald genug Schnee runtergekommen ist: „Die Gemeinde unterstützt uns mit dem Pistenbully, der den Schnee grob zusammenschiebt. Den Rest erledigen wir per Handarbeit“, erklärt Jannik: „Wir stehen zwei, drei Tage von morgens bis abends mit der Schippe auf der Piste, um alles herzurichten. Das macht Spaß und schweißt zusammen.“

Alle in der Gruppe eint die Liebe zum Winter. Egal ob auf Ski oder Snowboard. Und sie lieben Abwechslung und Herausforderung. Ganz gleich ob Anfänger oder Profi, alle finden im Snowpark ein ideales Terrain: „Von jung bis alt fährt bei uns alles zusammen, alle unterstützen sich. Es gibt keine Vorgaben, jeder hat seinen eigenen Style. Da ist immer gute Stimmung“, beschreibt er die Freestyler-Szene am Winterberg: „Über die Jahre ist ein sehr familiäres Umfeld entstanden.“

"Bereits mein Uropa war früher im Skisprungzirkus voll dabei."
(Jannik Schyle)
Josenpark

Im Josenpark überwinden die Sportler etliche Hindernisse. © Markus Ketterer

Jannik ist Schonacher durch und durch. Er ist mit dem Schwarzwaldwinter aufgewachsen. „Einer der schönsten Spielplätze war der verschneite Wald direkt vor meiner Haustür“, erzählt er. „Bereits mein Uropa war früher im Skisprungzirkus voll dabei, die Leidenschaft für das Skifahren und den Winter scheint seither fest in den Familiengenen verankert zu sein“, sagt er und grinst verschmitzt: „Vielleicht kommt meine Lust an Sprüngen ja daher?“ Wobei es im Snowpark nicht darum geht, besonders weit zu fliegen: „Das Wichtigste beim Slopestyle ist, möglichst kreativ und trickreich zu sein.“

Seit seiner Kindheit ist Jannik fasziniert von dem Sport auf zwei Latten: „Am Winterberglift war ich schon als Kind mit meinen Kumpels unterwegs. Wenn man im eigenen Ort Skifahren kann, ist das was Besonderes.“ Den Winter liebt er auch jenseits von Freestyle-Tricks: „Beim Skifahren kann ich völlig abschalten.“ Etwa wenn er auf Tourenski die einsamen Wälder des Hochschwarzwalds erkundet. Im vergangenen Winter war das ein Trost: „Einen so schneereichen Winter gab es schon lange nicht mehr – aber leider blieb der Park wegen Corona zu.“

Die Josenpark-Crew war trotzdem da: „Wir sind ein eingeschworener Haufen“, schwärmt Jannik: „Wir kümmern uns nicht nur um den Park, sondern unternehmen auch sonst viel miteinander.“ Mit seinen 25 Jahren gehört er inzwischen zu den Älteren. „Die Gruppe ist gut durchmischt, vom 13- bis zum 35-Jährigen.“

Josenpark
© Markus Ketterer

Dank des Sports hat er viele spannende Leute kennengelernt – echte Freundschaften haben sich entwickelt. Sie unternehmen Skitouren im Schwarzwald, fahren in die Alpen und im Sommer treffen sie sich zum Biken oder zum Beachvolleyball. Und natürlich am Winterberg, um die nächste Saison vorzubereiten: „Dann richten wir die Geräte: Rails lackieren, neue Designs anbringen. Sponsoringflächen wechseln.“ Viel ehrenamtliche Arbeit ist zu tun, ehe der Park im Winter öffnen kann.

Herausgeputzt ist auch der alte Bauwagen, den die Jungs zur Skihütte umgebaut haben – mit viel Holz, einer Solar- und Flutlichtanlage auf dem Dach und einer Musikanlage. „An den Wochenenden gibt es dann ausgewählte Getränke in der Josenalm nebenan und feinste Musik bei uns. Unser Slopestyle-Contest, den wir jedes Jahr im Februar organisieren, ist mit rund 40 Teilnehmern mittlerweile schon zu einer festen Größe in der Szene geworden.“

Doch für einen perfekten Tag am Berg reicht Jannik viel weniger: Ein paar wilde Ritte über die weißen Wogen. Ein paar Sprünge über die Kicker. Ein paar Drehungen in der Luft. „Dazu ein Sonnenuntergang und chillige Beats aus den Boxen.“ Jannik grinst breit: „Was will man mehr?“