Zwischen Häusle und Hütte lagen wir zwei Nächte im Zelt. Auch da habe ich hervorragend geschlafen, nach Auskunft meiner Freundin sogar vollkommen geräuschlos.

Im Hochschnarchwald

Häusle, Zelt, Hütte: Im Hochschwarzwald schläft man nicht nur gut, weil man tags viel getan hat.
20.09.2013

von Moritz Baumstieger

Einmal durch den Hochschwarzwald, von Süd nach Nord: Moritz hat sich auf einen Roadtrip begeben. Auf allen Sorten Rädern, im Kanu, zu Fuß. Heute: Kuchen mit Haselnuss-Schnaps, Sonnenuntergang mit Blick auf den Feldberg – und süße Träume.

Genau in dem Moment, in dem die Wirtin mit meinem Weizenbier auf die Terrasse kommt, kommt leider auch Jan. Das heißt: Natürlich freue ich mich grundsätzlich und gründlich, wenn ich gute Freunde wie Jan treffe, nur in diesem speziellen Moment eben nicht ganz so.

Das ist eben Ehrensache

Denn auch ich war erst ein paar Minuten vorher auf der Baldenweger Hütte angekommen, auch ich hatte großen Durst und große Lust, jetzt dieses Weizen zu trinken. Gleichzeitig ist es aber Ehrensache, dem noch schnaufenden Neuankömmling großzügig das Glas zu reichen und sich selbst ein neues zu bestellen. Weil ich ein Ehrenmann bin, habe ich das natürlich getan. Und dann ein wenig gewartet, bis das zweite Bier kam. Und ein wenig neidisch geschaut.

Dass der Jan größeren Durst hatte als ich, das kann man nicht einmal unbedingt sagen. Er war mit dem Bus von Hinterzarten bis zum Rinken gefahren und dann die Straße hochgejoggt, die zur Hütte führt. Ich war schon den ganzen Tag auf den Beinen, habe mir ein paar märchenhafte Weiher angeschaut, mich in den Feldsee verliebt und nebenbei die ganze Brotzeit für die Wanderung geschleppt, die Jan und ich am nächsten Tag vorhatten.

Die letzten Meter hoch zur Hütte, sie waren auch zauberhaft.
Die letzten Meter hoch zur Hütte, sie waren auch zauberhaft. © Moritz Baumstieger

Die letzten Meter hoch zur Hütte, sie waren auch zauberhaft. Über einen umgestürzten Baumstamm zum Beispiel haben die Schwarzwälder eine kleine Treppe gebaut. Im Gegenlicht der tiefstehenden Sonne sah das ein bisschen so aus, wie ein Zaubertor in eine andere Dimension. Aber nun: Schluss mit all diesen Fantasien, von denen hatte ich ja schon am Feldsee genug. Vor allem, weil nach dem Weizen bald sehr reale Dinge vor Jan und mir auf dem Tisch stehen: Erst ein Schnitzel mit Kartoffelsalat, dann ein Stück Kuchen, schließlich noch ein Haselnuss-Schnaps zum Verdauen. Die Wirtin, die das alles kocht und serviert, macht keine großen Worte. Warum auch: Schnitzel, Kuchen, Haselnuss-Schnaps – was gibt es da noch hinzuzufügen?

Nach dem Weizen stehen bald viele Dinge vor Jan und mir auf dem Tisch, ein Schnitzel mit Kartoffelsalat, ein Stück Kuchen und ein Haselnuss-Schnaps.
Nach dem Weizen stehen bald viele Dinge vor Jan und mir auf dem Tisch, ein Schnitzel mit Kartoffelsalat, ein Stück Kuchen und ein Haselnuss-Schnaps. © Moritz Baumstieger

Vielleicht ein Verdauungsspaziergang. Nicht, weil wir nach dem Gelage schlechtes Gewissen haben, Hütten sind nun mal dazu da, dass man es sich nach dem Hochlaufen sehr gut gehen lässt. Doch so langsam verschwindet die Sonne von der Hüttenterrasse, der Berg über uns wirft einen großen Schatten, bis hinunter ins Tal. Das heißt aber auch: Oben drauf und vor allem auf der anderen Seite, da ist noch Sonne.

Bevor wir aber dorthin aufbrechen, sollten wir besser unser Zimmer beziehen. Sagt die Wirtin, sie braucht wieder nicht sehr viele Worte dazu. Wir steigen die Treppen hoch zu Zimmer 2 und staunen: Von außen sah die Baldenweger Hütte so alt und hutzelig aus – innen ist alles neu. Frisch renoviert, hell, sauber. Das hat einen großen Vorteil, vor allem für Jan: den ganzen fiesen Staub, der sonst so in den Lagern und den Decken von Hütten wohnt, den gibt es hier nicht. Folglich werde ich heute Nacht also ganz sicher nicht schnarchen. Oder diesmal nicht einmal den Hauch einer Ausrede haben, falls ich es doch tue.

Das Schwarzwald-Oma-Häusle

Als ich nämlich vor einer Woche hier im Hochschwarzwald ankam, da klappte das mit der Ausrede wunderbar. Wir hatten ein schönes kleines Häusle gemietet, gut versteckt an einem Waldstück hinter dem Schluchsee. Drin gab es einen gemütlichen, im Sommer aber auch ein wenig überflüssigen Kachelofen und zwei Zimmerchen. In dem einen schlief Jan mit seiner Familie, in dem anderen meine Freundin und ich. Am nächsten Morgen behauptete Jan, mich sogar bis durch die Holzwand gehört zu haben. Ich halte das zwar immer noch für erfunden und erlogen, aber wenn – wenn! - dann lag es an den staubigen Decken. Trotzdem räumte ich am nächsten Tag das Zimmer, überließ es unseren Freunden und schlief einfach draußen. War mir eh ganz recht, denn das Bett in dem Häusle war eher auf die Größe von kleinen, geduckten Schwarzwald-Omas zugeschnitten.

Wir hatten ein schönes kleines Häusle gemietet, gut versteckt an einem Waldstück hinter dem Schluchsee.
Wir hatten ein schönes kleines Häusle gemietet, gut versteckt an einem Waldstück hinter dem Schluchsee. © Moritz Baumstieger

Zwischen Häusle und Hütte lagen noch zwei Nächte im Zelt. Auch da habe ich hervorragend geschlafen, nach Auskunft meiner Freundin sogar vollkommen geräuschlos. Wäre sonst auch gefährlich geworden, gezeltet haben wir nämlich im Rafftaff-Camp. Das liegt in einem wunderbar wildem Waldstück neben einem sehr geordneten Campingplatz in Schluchsee. Am Boden wachsen Heidelbeeren und Moos, weit überragt von hohen, hohen Bäumen. Wenn ich dort zu sägen angefangen hätte – nicht auszudenken.

Um für heute Nacht aber auch das letzte Restrisiko zu vermeiden: Schnell noch mal an die frische Luft und ein wenig Staub aus der Kleidung schütteln. Jan und ich laufen schnell noch auf den Baldenweger Buck, schon weil der Name so schön ist. Und um oben die Sonne hinter dem Feldberg versinken zu gehen.

Trotz unseren Schnitzel-Kuchen-Haselnuss-Schnaps-Bäuche kommen wir ganz gut voran, bis uns eine Kuhherde den Weg versperrt. Es sind aber sehr liebe Kühe, die nichts dagegen haben, wenn man vorsichtig um sie herumgeht. Oder, falls nicht möglich, vom Weg schiebt.

Trotz unseren Schnitzel-Kuchen-Haselnuss-Schnaps-Bäuche kommen wir ganz gut voran, bis uns eine Kuhherde den Weg versperrt.
Trotz unseren Schnitzel-Kuchen-Haselnuss-Schnaps-Bäuche kommen wir ganz gut voran, bis uns eine Kuhherde den Weg versperrt. © Moritz Baumstieger

Oben auf dem Buck angekommen, setzen wir uns auf einen Steinhaufen. Links von uns liegt der Feldberg, mit all seinen Türmen, die jetzt orange angestrahlt werden. Rechts von uns liegt die Hütte, jetzt schon im dunklen Schatten. Und vor uns, im Westen, da kann man bis zur Atlantikküste gucken, mindestens. Dann geht die Sonne schlafen. Ich könnte übrigens schwören, dass ich sie später in der Nacht schnarchen gehört habe.

Oben auf dem Buck angekommen, setzen wir uns auf einen Steinhaufen. Links von uns liegt der Feldberg, mit all seinen Türmen, die jetzt orange angestrahlt werden.
Oben auf dem Buck angekommen, setzen wir uns auf einen Steinhaufen. Links von uns liegt der Feldberg, mit all seinen Türmen, die jetzt orange angestrahlt werden. © Moritz Baumstieger