Die Waldprofis aus der Naturpark-Schule

Wo die Natur Schule macht
28.03.2025

von Manuela Müller

In Naturpark-Schulen lernen Kinder ihre Region auf eine besondere Art kennen. Eine dieser Schulen befindet sich in Ühlingen-Birkendorf. Wir waren mit der vierten Klasse im Wald und in einem Sägewerk unterwegs – und haben viel gelernt.

Ein bisschen ins Schnaufen kommen wir, als wir flott den schmalen Wanderpfad an der Kugelwaldbahn entlang nach oben Richtung Birkendorf nehmen. Trotzdem haben die Kinder der Ameisenklasse genug Puste, um lebhaft zu erzählen: „Da oben rechts gibt es noch eine zweite Kugelwaldbahn“; „Das da unten ist der Badesee. In dem leben sogar Molche und Wasserschlangen“; „Da drüben auf der anderen Seite der Straße ist der Schulwald“ und „In dem Wald da hinten waren wir mit dem Förster“. Die Namen der Bäume kennen die Kinder wie die ihrer Freunde. Woran sie die Unterschiede erkennen? „An der Rinde und an den Blättern oder Nadeln natürlich.“

Naturpark-Schule Ühlingen Birkendorf Kind mit Becherlupe

Im Schulwald von Birkendorf kennen sich die Grundschüler:innen der 4. Klasse schon bestens aus. Jedes Mal entdecken sie dort wieder etwas Neues. 

Für Zehnjährige ist dieses Wissen über die Natur eigentlich nicht selbstverständlich. Für Zehnjährige an der Grundschule Birkendorf allerdings schon. Denn sie ist eine von rund 40 Naturpark-Schulen im Südschwarzwald. Und die Anzahl steigt: „Wir freuen uns derzeit über den Zuwachs an weiterführenden Schulen – eine prima Ergänzung zu den von Anfang an am Programm beteiligten Grundschulen“, sagt Dr. Sabine Dietzig-Schicht, die beim Naturpark Südschwarzwald die Fachbereiche Bildung und Kultur leitet. Daneben gibt es in der Region für die Jüngsten bereits seit einigen Jahren eine ganze Reihe von Naturpark-Kindergärten.

Naturpark-Schule Birkendorf

Auch der Anbau von regionalem Gemüse und die Zubereitung ist Teil des Lehrplans in der Naturpark-Schule Birkendorf. 

Schulen nutzen das Wissen regionaler Partner

Ein Bewusstsein für die Natur und ihren Schutz zu schaffen, ist auf der einen Seite eine der Säulen des Naturpark Südschwarzwald. Bildung für nachhaltige Entwicklung ist auf der anderen Seite ein übergreifender Schwerpunkt in den Bildungsplänen für Schulen in Baden-Württemberg. Naheliegend also, dass der Naturpark und die Schulen sich zusammentaten und für ihr Konzept weitere Partner aus der Region gewinnen konnten. Konkret heißt das: Die Kinder durchlaufen Lernmodule zu Themen aus den Bereichen Natur und Kultur sowohl im Unterricht als auch in der praktischen Erfahrung. Und Erfahrung bedeutet in diesem Fall Erlebnis. 

"Die Kinder lernen in den Modulen fürs Leben; die Inhalte sind durch die Partner greifbar“
(Petra Isele)

„Die Kinder lernen in den Modulen fürs Leben; die Inhalte sind durch die Partner greifbar“, schwärmt Petra Isele, Schulleiterin der Naturpark-Schule Birkendorf. Die Schüler sollen so ein Gefühl für die Region, in der sie leben – den Schwarzwald – entwickeln und für das, was ihn ausmacht. Ein Gefühl für ihre Heimat.

Holzverarbeitung ist laut

Im Oktober hieß es für die Viertklässler aus Birkendorf, die Regenpause der Woche zu nutzen, um mit dem Förster den Wald zu erkunden, die Rinde der Bäume zu untersuchen, Spuren von Tieren zu erkunden. Nachhaltiger Eindruck! Zwei Wochen später erzählen die Kinder immer noch begeistert von diesem Ausflug, während sie gemeinsam mit ihrer Klassenlehrerin Frau Rothmund vor dem Holzwerk Braun stehen, das von dichtem Wald umgeben am Fuße der Kugelwaldbahn im Schlüchttal liegt. Kurze Wiederholung des Gelernten rund ums Holz – begleitet vom gleichmäßigen „Krrrrrrrr“ der Säge, dem „Brrb-brrb“ des Gabelstaplers, dem „Piep-piep-piep“ des rückwärtsfahrenden Lasters. Die Geräuschkulisse macht neugierig.

Schüler der Naturpark-Schule im Sägewerk

Josef-Hermann Braun ist Sägewerksbesitzer und zeigt den Viertklässlern, wie täglich große Mengen Holz in seinem Betrieb verarbeitet werden. © Manuela Müller

Vom Baumstamm zum Brett

Empfangen wird die Klasse von Familie Braun. Sie betreibt das Sägewerk in vierter Generation. Eineinhalb Stunden lang führen Josef-Hermann und Marius Braun über das Gelände. „Ungefähr 200 Lastwagenladungen Holz haben wir hier“, erklärt Marius Braun, der Juniorchef. 25 bis 30 Lkw verlassen täglich beladen das Holzwerk. Vor den gestapelten Baumstämmen und den hohen Hallen voller Sägen, Laufbänder, voller Rattern, Klackern, Zischen, Kreischen sind wir ganz klein.

Es geht zügig über die geteerte Freifläche, bevor der nächste Laster einfährt, um Holzbretter für Baugerüste in Berlin oder einer anderen Stadt abzuholen; eine Treppe neben einem Förderband für entrindete Baumstämme hoch und dann in eine Art Kommandozentrale. Dort sitzt der Holzbearbeitungsmechaniker Frank Hensler vor zahlreichen Bildschirmen. Von den aufgeregt fragenstellenden Kindern, die gar nicht wissen, aus welcher der raumhohen Fensterscheiben sie zuerst schauen sollen, lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. „Das ist eine tolle Arbeit“, sagt ein Viertklässler anerkennend, „den ganzen Tag fernsehen“. Dabei ist der Fachmann hochkonzentriert, damit der Ablauf vom Baumstamm zum verarbeiteten Holz reibungslos funktioniert.

Schaltzentrale Sägewerk

Die Kinder der Naturparkschule sind begeistert, wie Mitarbeiter Frank in der Kommandozentrale die Verarbeitung des Holzes steuert. © Manuela Müller

Auch wir wissen jetzt, woran man nach dem Anschnitt die Qualität des Holzes erkennt, wie man das Alter eines Baumes herausfinden kann und was aus den Resten gemacht wird, die vom Baumstamm übrigbleiben. Fast schon wie die knapp 40 Profis vom Sägewerk. Die haben richtig Eindruck hinterlassen. „Wenn ich erwachsen bin, will ich auch eine Holzfabrik“, sagt einer der Jungs beim steilen Anstieg zurück zur Grundschule Birkendorf und lächelt zufrieden, bevor er zusammen mit einigen anderen den Weg verlässt und zwischen zwei Fichten einen Fliegenpilz unter die Lupe nimmt.

Mehr Informationen

  • Naturpark-Schulen
    Die Ferienregion Hochschwarzwald ist seit 2023 Kooperationspartner des Naturpark Südschwarzwald. Gemeinsam wurden neben einem neuen Kinderferienprogramm u.a. auch ein Lernmodul zum Thema Tourismus für die Naturpark-Schulen entwickelt. Rund 40 solcher Schulen gibt es aktuell im Gebiet des Naturparks, elf davon liegen im Hochschwarzwald. In der Grundschule Birkendorf zum Beispiel werden von Klasse 1 bis 4 im Rahmen der Lernmodule unter anderem ein Bauernhof, ein Sägewerk, ein Glockengießer und ein Schnitzer von Masken für die Fastnacht besucht.  
  • Kinder auf dem Naturerlebnispfad in Hinterzarten
    Waldprofi werden mit Toni
    Wer auf kindgerechte Weise Wissenswertes über Natur & Kultur erfahren möchte, dem seien die zahlreichen Themenwege und Kinderpfade im Hochschwarzwald ans Herz gelegt – oder die Veranstaltungen des Ferienprogramms mit Toni Wälderfuchs.
  • Ühlingen-Birkendorf für Familien
    Mit dem Naturena Kugelwaldpfad und dem Naturena Badesee ist Ühlingen-Birkendorf ein tolles Ausflugsziel für Familien mit Kindern. Hier gibt es jede Menge Entdeckungen in der Natur!