Urlaub mit Oma auf dem Bauernhof
Drei Kinder, zwei Eltern, eine Omi: Gar nicht so leicht, im Urlaub immer alle Wünsche unter einen Hut zu kriegen. Wie das auf einem Bauernhof im Hochschwarzwald aber ganz wunderbar gelingt, hat die Familie Engel erlebt. Ein Reisebericht.
Noch bevor es richtig losgeht, ist der Urlaub schon gerettet. Unser 5-jähriger Jonathan hat direkt nach der Ankunft eine flotte Erkundungstour durch die Ferienwohnung unternommen – und ein entscheidendes Etwas entdeckt: „Es gibt eine Kaffeemaschine!“, ruft er aus der Küche: „Zum Glück, sonst wäre die Omi ganz schön genervt.“
Denn seine Omi ist auch mit dabei, also meine Schwiegermutter Bea. Und die liebt Kaffee. Braucht ihn auch, weil die Enkelkinder sie in den kommenden Urlaubstagen ganz schön auf Trab halten werden: Emilia (7), die von einem Stall zum anderen flitzen wird, Kätzchen sucht und abends doch noch mal zum süßen Kälbchen in die Box möchte („Nur ganz kurz, Omi!“); Jonathan (5), der sowieso Hummeln im Hintern hat, ständig runter zum Spielplatz sausen will, die Omi zum kleinen Torschusstraining bittet und die Kettcars, Mini-Traktoren und Dreirädchen stundenlang ausfährt, bis die Reifen qualmen („Eine Runde noch, Omi!“). Und dann ist da noch Clara (frisch geschlüpft), die natürlich auch ihre Bedürfnisse befriedigt haben will. Eines heißt: in der Trage rumgetragen werden. Und das kann Omi mit ihrer Ruhe und Geduld ganz wunderbar.
Weit weg von To-Dos und lästigen Verpflichtungen
Womit sich die Frage stellt: Wird Omi alias Schwiegermutter Bea den Spagat zwischen Einspannung und Entspannung im Urlaub hinbekommen? Schließlich möchte man im Urlaub ja die Seele baumeln lassen, trotzdem aber etwas erleben. Man will die Gemeinschaft genießen und dennoch auch mal etwas für sich allein machen. Gar nicht so leicht, all diese Wünsche unter einen Hut zu kriegen, im Alltag daheim schon gar nicht – gelingt’s also wenigstens in den Ferien, weit weg von allen To-Dos und lästigen Verpflichtungen?
Unsere Urlaubswahl fiel auf einen Ferienhof im Hochschwarzwald: den Altvogtshof in Linach, einem Ortsteil von Furtwangen. Schön (ab)gelegen, an einem Südhang, wo die Sonne den historischen Hof und die umliegenden Wiesen und Wälder in warmes Licht taucht. Ruhig ist’s hier oben, die Luft auf 1000 Metern sowieso glasklar – und in heißen Sommern auch angenehm frischer als in niederen Gefilden. Ein paar Ausflugsziele in der Nähe haben wir uns vorher schon ausgeguckt: den Linacher Stausee, kombiniert mit einer kleinen Wanderung; das Badeparadies in Titisee für etwaige Schmuddelwettertage; den Zoo und Freitzeitpark Tatzmania in Löffingen, der mit dem Auto vom Hof aus gut zu erreichen ist. Langeweile wird definitiv nicht aufkommen. Und falls doch, ist das doch auch schön: einfach mal nur am Badeteich hocken, den Vögeln lauschen, den Kühen auf der Weide beim Grasen zusehen – fühlt sich an wie Nichtstun. Ist manchmal aber alles, was wir gerade zur Erholung brauchen.
Gestärkt in den Stall – die Heugabel ruft
Und doch wollen wir erst mal den Hof erkunden, dort gibt’s ja so einiges zu entdecken und zu tun. Nach einem ausgiebigen Frühstück in der urigen Bauernstube gehen wir erst einmal geschlossen rüber in den Laufstall. Die erste Melkrunde war schon am frühen Morgen, als alle noch schliefen. Aber ein bisschen frisches Heu und Silage könnten die Kühe und Kälbchen gut vertragen, also: ran an die Heugabeln! Auch die Omi, kaffeegestärkt, packt kräftig mit an. Die Kinder sind nach einer Weile aber doch schnell bei Kälbchen Olaf an der Box gelandet, geben ihm Fläschchen und lachen über die Tapsigkeit des zehn Tage alten Hofnachwuchses.
Auch der Bulle Stefan im Nachbarstall ist spannend, aber lieber mit Sicherheitsabstand zu genießen – Streicheleinheiten braucht der Kerl nicht zwingend, außerdem hütet er gerade eine trächtige Kuh. Im Hühnergehege holen wir morgen früh wieder Eier fürs Frühstück. Jetzt geht’s lieber mal rüber auf den Spielplatz, der in einer sanften Senke liegt. Das Töchterlein mag das Trampolin einspringen, der Papa hüpft mit – bis es ihm, dem alten Bürohengst, in den Rücken fährt. Sohnemann und Omi jubeln beim Kicken vor der Torwand. Und Mama Madeleine schaut dem Treiben von einer Sonnenliege aus zu: mit Clara auf dem Arm und Sonne im Gesicht.
Kuscheln, kicken, Kaffee trinken
Vielleicht sind das die allerschönsten Vorzüge eines Bauernhofurlaubs mit der Familie: dass jeder immer genau das findet, auf was er gerade am meisten Lust hat. Will die Tochter mit dem Hofhund kuscheln, sucht sie Barry auf und krault sein flauschiges Berner-Sennen-Fell. Will der Sohn Kettcar fahren, steigt er auf und brettert los. Wollen Omi und Gattin Madi mal Mama-Tochter-Zeit bei Kaffee und Tee auf einer Bank, nehmen sie sie sich. Dann geht der Familienvater eben vom Hof aus mit dem Baby in der Trage eine Runde durch den angrenzenden Wald, wo er mal seine Ruhe hat. Zumindest bis die Kleine nach Muttermilch schreit.
Immer schön, wenn die Familie – wir aus Freiburg, die Omi vom Bodensee – mal für mehrere Tage zusammenkommt. Gemeinsam spielen, lesen, kochen kann. Und ungestört dann zu Abend essen, ohne dass Papa – wie daheim immer – noch geschwind aufspringt, um eine Wäsche aufzuhängen, ohne dass Omi noch schnell zu den Nachbarn muss, um Blumen zu gießen, ohne dass Mama mit dem Terminplan für den nächsten Tag um die Ecke kommt.
Zusammen sein – und doch jeder auch mal für sich
Und das Miteinander wird schnell auch erweitert. Parallel zu unserem Aufenthalt macht noch eine andere Familie Urlaub auf dem Altvogtshof. Im Spielesaal oder draußen auf dem Hof finden sich alle Kinder immer mal wieder zusammen, schließen Urlaubsfreundschaft. Auch mit den Gastgebern kommt man in Kontakt: mit Hofbesitzer Robert abends im Melkstand, mit dem Familienjüngsten Elias beim Zusammenrechen von Holzspänen, mit Gastgeberin Carola abends beim Feierabendgetränk in der Bauernstube, wo man plaudert, lacht, sich austauscht. Und wo man erfährt, wie der Urlaub auf den Altvogtshof kam: wie Carola und Robert Müller wenige Jahre nach der Hochzeit und den Geburten der Kinder Julia und Sebastian, im Jahr 2004 also, zunächst eine Wohnung im Altenteil in eine Ferienwohnung verwandelten. Wie die ersten Feriengäste vorbeikamen. Und wie die Müllers, weil der Urlaub dort oben im Hochschwarzwald bei so vielen so gut ankam, vor zehn Jahren im großen Stil investierten: das fast 150 Jahre alte Hauptgebäude kernsanierten, weitere Ferienwohnungen und Apartments schufen.
Auf dem Ferien-Bauernhof gibt es viel Platz
Von den vielen tollen Ideen, die die Müllers damals hatten, war eine besonders toll: die Aufteilung der Wohnungen und Apartments. So gibt es eben nicht nur drei Ferienwohnungen, in denen größere Familien Platz finden, sondern auch Doppelzimmer, in denen, wie in unserem Fall, die Omi unterkommen kann. Denn so hat man als erweiterte Familie im Urlaub viel Gemeinsames, zugleich jeder aber auch sein Eigenes. Und so kriegt die Omi letztlich den Spagat zwischen Einspannung und Entspannung ganz wunderbar hin.
Der Anwesenheit der Omi sei Dank, hat man als Paar sogar mal Zeit zu zweit! Und doch ist sicherlich einer der schönsten von vielen schönen Momenten jener Urlaubstage ein Abend, als alle Familienmitglieder beschließen, auf die Kettcars, Mini-Traktoren und Dreirädchen zu steigen, um geschlossen die kleine Hofeinfahrt runterzubrettern. Immer und immer wieder. Bis es dunkel wird. Und selbst dann noch. Weil man Zeit hat. Weil alle plötzlich wieder wie Kinder sind.