Schluchsee: Kirche St. Nikolaus
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Besucher des Hochschwarzwalds den bis zu acht Kilometer langen Schluchsee besucht, dürfte im hohen zweistelligen Prozentbereich liegen. Kein Wunder: Hier lässt sich Urlaub machen. Ob Wandern, Schlemmen, Ski- oder Snowboardfahren, Schwimmen oder Segeln, Schluchsee ist extrem vielseitig. Dabei gibt es auch das ein oder andere Geheimnis zu entdecken...
Den Fluten geopfert
Der Schluchsee auf 930 Metern über dem Meeresspiegel ist der höchstgelegene Talsperrensee Deutschlands, das größte Gewässer des Schwarzwaldes und ein Touristenmagnet. Das ist bekannt. Weniger Leute wissen, dass durch die Stauung im Jahr 1932 mehrere Häuser und eine Kapelle den Fluten geopfert wurden. Wagemutige können einige Gebäude und auch die alte Staumauer heute noch unter Wasser bestaunen - samt einer von Tauchern angebrachten Schaufensterpuppe namens Karl. Damit er Kälte und Dunkelheit im See besser übersteht, haben die Taucher ihm vor Kurzem noch eine Dame namens „Karla“ zur Seite gestellt.
Soviel zum See, auf dem man auch wunderbar segeln kann. Seefahrer gelten gemeinhin als abergläubische Gesellen. Als Schutzpatron wird der Heilige Nikolaus verehrt, der in Schluchsee gleichzeitig Namensgeber der dortigen katholischen Kirche ist. Deren aktueller Form sieht man ihre Bauzeit in den 1980er-Jahren an. Der denkmalgeschützte Turm ist im Gegensatz dazu uralt und wurde 1275 errichtet.
Der bartlose Nikolaus
Anziehungspunkt in der Kirche ist der reich verzierte, holzgeschnitzte Flügelaltar aus dem Jahr 1896. Auf dem Relief im rechten Seitenflügel des Hochaltars entdeckt man den Bischof von Myra in ungewohnter Darstellung: Das Werk zeigt den Nikolaus bartlos. Dabei ist Bart tragen gern gesehen in Schluchsee, wo ein Vollbartverein residiert. Die Hürden für eine Mitgliedschaft sind nicht allzu hoch: Drei Zentimeter sind das Mindestmaß. Zur Überprüfung gibt es eigens eine Bartmessmaschine. Die meisten Mitglieder können über diese Anforderung nur lachen. Ambitionierte Bartträger benötigen ganz andere Längen, um ihre furiosen und gewagten Bartgebilde herzustellen. Schon bei der letzten Deutschen Bartmeisterschaft in Schluchsee, konnte man so manch haarige Kreation bestaunen, vom Schnäuzer über den Kinn- oder Backenbart bis zum Vollbart. Die werden mit Zwirbeltechnik und Bartwichse zu besonderen Kunstwerken gerichtet. 2014 steht in Schluchsee die Europameisterschaft der Bärte an, auf die die Herren (naturgemäß sind keine Damen im Verein) bereits kräftig hinarbeiten. Bei einem Spaziergang werden Sie sicherlich heute schon den einen oder anderen Teilnehmer ausmachen können.
Übrigens: In der Kirche in Schluchsee gibt es neben der Figur ganz rechts am Hochaltar noch eine zweite Statue des Namenspatrons, ebenfalls ohne Bart. Im nahen Lenzkirch hingegen ist der Nikolaus in der Kirche - wie zumeist - mit langem Wallebart dargestellt.
Zwar gilt der Schluchsee als eines der reinsten Gewässer Deutschlands. Weiter unten ist allerdings schnell zappeduster, denn auf dem Boden des Sees liegt eine dicke Torfschicht. Oft heißt es, die Nationalsozialisten hätten den See zu Kriegszeiten damit getarnt. Einheimische führen den Torf aber auf ein großes Moor zurück, das bei der Flutung 1932 nicht, wie normalerweise üblich, ausgebaggert wurde. Auf beiden Seiten der Staumauer waren Bunker angelegt worden. Der Schwarzwaldverein hatte in friedlichen Zeiten eine schöne Umnutzungsidee: die Bunker bieten heute Fledermäusen ein Zuhause.