Sie sind überall zu finden im Schwarzwald, an Wegkreuzungen, am Wegesrand, unter Bäumen im Wald, an Höfen, in Ortschaften: Weg- oder Wegekreuze, auch Flurkreuze genannt.

Die Geschichte der Wegkreuze im Hochschwarzwald

Stumme Zeugen am Wegesrand
15.08.2013

von Barbara Bollwahn

Sie sind überall zu finden im Schwarzwald, an Wegkreuzungen, am Wegesrand, unter Bäumen im Wald, an Höfen, in Ortschaften: Weg- oder Wegekreuze, auch Flurkreuze genannt, gefertigt und aufgestellt vor mehreren Jahrzehnten oder mehreren Jahrhunderten.

Früher führten Flurprozessionen an ihnen vorbei, um Gott um Gnade zu bitten, um Fruchtbarkeit für Feld und Flur, um Verhütung von Hagel und anderen Unwettern. Menschen, die des Weges kamen, haben kurz angehalten, sich bekreuzigt oder vor dem Kreuz gebetet.

Wegmarkierung, Mahnmal und Schutz

Die Kreuze, die aus Stein, Holz oder Metall gefertigt sind, sind Kleindenkmale und gehören zu den charakteristischen Elementen einer Landschaft. In katholischen Gegenden wurden sie als Ausdruck des Glaubens aufgestellt und erzählen meist Geschichten aus längst vergangenen Zeiten. So vielfältig wie die Materialien, Formen und Inschriften sind, so vielfältig sind ihre Hintergründe. Manche Kreuze dienten der Wegmarkierung, andere zeigten gefährliche Stellen an, erinnerten an einen Unfall, ein Verbrechen, eine Katastrophe oder Krankheit oder sollten böse Geister verjagen oder Tiere vor Seuchen schützen.

Bei so gut wie jeder Wanderung trifft man auf die stummen Zeugen der Vergangenheit. Fachwarten für Heimatpflege und Ortsgruppen von Schwarzwaldvereinen ist es zu verdanken, dass immer mehr Kreuze erfasst und katalogisiert werden. In einigen Büchern werden zudem die Geschichten zu den Kreuzen erzählt. So erinnert ein Steinkreuz bei Breitnau an einen Schwarzwälder namens Otto Wursthorn, der im Zweiten Weltkrieg als Soldat an der Front in Russland ein Pferd retten wollte, aus dem Schützengraben sprang und von einer Granate getroffen wurde. Ein Gedenkstein, ebenfalls in Breitnau, hält die Erinnerung wach an den Winter 1543, als sich zwei Kinder auf dem Heimweg von der Schule befanden, in einen schlimmen Schneesturm gerieten und nur wenige Meter vor ihrem Zuhause erfroren sind. Ein Kreuz in Hinterhäuser am Schluchsee aus dem Jahr 1932 wurde von dem Holzhauer Xaver Morath errichtet, nachdem er einen schweren Unfall überlebt hatte und Gott dafür danken wollte. Sieben Jahre später verunglückte der Holzhauer dann tödlich in Ausübung seines Berufes.

Viele Wegkreuze zieren Inschriften wie „Ich ging in den Wald, eine bessere Welt“ oder „Gelobt sei Jesus Christus“.
Viele Wegkreuze zieren Inschriften wie „Ich ging in den Wald, eine bessere Welt“ oder „Gelobt sei Jesus Christus“. © Barbara Bollwahn

"So du hier gehst vorbey..."

Viele Wegkreuze zieren Inschriften wie „Wo immer meines Lebens Straße geht, du bist bei mir“, „Ich ging in den Wald, eine bessere Welt“, „Gelobt sei Jesus Christus“ oder „So du hier gehst vorbey, dein Grueß ein Ave Maria“. Zudem ist nicht selten der Name des Stifters genannt. Oftmals sind die Kreuze von Flechten oder Moos bewachsen und machen das Entziffern schwer. Wie viele Wegekreuze es insgesamt im Hochschwarzwald gibt, ist schwer zu sagen. Seit 2001 erstellen auf Initiative des Schwäbischen Heimatbundes und unterstützt vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart Heimat- und Wandervereine, darunter auch der Schwarzwaldverein, einen Gesamtüberblick über den Bestand an Kleindenkmalen in Baden-Württemberg. Weil nicht nur die Zeit, sondern auch Diebe und Randalierer ihre Spuren an den Denkmalen hinterlassen, sammeln Fachwarte für Heimatpflege oder Vereine zudem immer wieder Geld, um die Kreuze zu reparieren.

Die Kreuze, die aus Stein, Holz oder Metall gefertigt sind, sind Kleindenkmale und gehören zu den charakteristischen Elementen einer Landschaft.
Die Kreuze, die aus Stein, Holz oder Metall gefertigt sind, sind Kleindenkmale und gehören zu den charakteristischen Elementen einer Landschaft. © Barbara Bollwahn

Die landesweite Erfassung von Kleindenkmalen stößt auf solch großes Echo, dass bisher von mehr als 1.000 ehrenamtlichen Wander- und Heimatfreunden über 45.000 Kleindenkmale erfasst und beschrieben sind. Auch Urlauber können sich an dieser Spurensuche beteiligen. Sie müssen nur den erforderlichen Erfassungsbogen ausdrucken und schon können sie mit helfen, den geschichtsträchtigen Kreuzen aus der Vergangenheit ein Denkmal in der Gegenwart zu setzen.