Nur echt mit Sahne, Kirschen und Schokoraspeln
Für Touristen im Hochschwarzwald gehört mindestens ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte zum perfekten Urlaub dazu. Der Kuchenklassiker ist aber auch in vielen anderen Ländern längst ein Verkaufsschlager. Das Rezept wird allerdings manchmal abgewandelt und es gibt Desserts, Eissorten und Getränke à la Schwarzwälder Kirsch. Alfred Boch aus Todtnauberg plädiert jedoch für den Klassiker, kein Wunder als Jurymitglied des Schwarzwälder Kirschtorten-Festivals.
Biskuitboden, Sahne, Sauerkirschen, Schwarzwälder Kirschwasser und Schokoladenraspeln – diese Zutaten gehören in eine klassische Schwarzwälder Kirschtorte. So schmeckt sie am besten und so sieht sie auch am besten aus, findet Alfred Boch. Der Küchenchef und Betreiber des Hotel Engel in Todtnauberg muss es wissen, schließlich ist er seit 30 Jahren in Sachen Kirschtorte unterwegs, war von 2016 bis 2018 ihr Botschafter und sitzt in der Jury des alle zwei Jahre stattfindenden Kirschtorten-Festivals in Todtnauberg, bei dem am 26. April 2020 wieder die perfekte Torte gesucht wird.
Auch bei diesem Wettbewerb haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab und zu versucht, den Tortenklassiker zu variieren und kreativ zu gestalten. „Eine Japanerin hat mal grüne Teeblätter zum verzieren genommen - das war nichts“, urteilt Boch. Ein anderer Hobbybäcker versuchte es mit Tannenzweigen, was aus hygienischen Gründen von der Jury ganz abgelehnt wird. „Den Klassiker sollte man bewahren“, meint Boch. Dementsprechend finden von den verschiedenen Variationen der Schwarzwälder Kirschtorte, die inzwischen fast auf der ganzen Welt verkauft wird, nur wenige Zustimmung beim Küchenchef.
Eine Black Forest Torte, die mit Schokotannenbäumen verziert ist, gefällt ihm zwar, „aber die Bäumchen müssen selbst hergestellt und ein bisschen kleiner sein“, fügt er hinzu. Die gehackten Pistazien hätten hingegen nichts auf der Kirschtorte zu suchen. Auch eine Variante in Pink, die Fernsehmoderatorin Enie van de Meiklokjes in ihrer TV-Backsendung „Sweet & Easy“ hergestellt hat, gefällt ihm nicht besonders, weil sie nicht mehr viel mit dem Klassiker zu tun hat.
„Schwarzwälder to go“ - die Torte im Glas
Die „Kirschtorte im Glas“, die auf verschiedenen Rezept-Seiten im Internet als Dessert-Vorschlag zu finden ist, beurteilt er hingegen als gelungen, da alle klassischen Zutaten aufeinander geschichtet werden und das Ganze auch noch sehr dekorativ aussieht - sozusagen eine „Schwarzwälder to go“. Diese Idee steckt auch hinter dem Schwarzwälder Kirschkuchen in der Dose, den ein Bäcker aus St. Peter erfunden hat. Allerdings handelt es sich dabei nur um einen Sandkuchen. „Das ist ein guter Gag, weil man den bis nach Japan verschicken kann“, sagt Boch, „auch unsere Gäste wollen gerne Schwarzwälder Kirschtorte mitnehmen, wenn sie sie bei uns gegessen haben.“ Verschicken sei jedoch nicht möglich, da sie gekühlt werden muss und durch den Transport zerstört werden würde.
Die fehlende Kühlmöglichkeit ist auch in südlichen Ländern teilweise ein Problem. Der Kuchenklassiker ist beispielsweise auch in Asien gefragt. „In Thailand wurde mir mal eine angeboten, die sah allerdings eher aus wie eine Linzer Torte“, erzählt Boch. In warmen Ländern mit hoher Luftfeuchte werde zudem häufiger Buttercreme verwendet, weil sie dadurch haltbarer ist. Die wiederum gehörte auch zur ursprünglichen Schwarzwälder Kirschtorte in Kuppelform, die Konditor Josef Keller 1915 in Bonn erfunden haben will. „Allerdings war das nur eine Schicht und ansonsten wurde sie auch mit Sahne gemacht“, weiß Boch.
Der indische Foodblogger Yaman Agarwal zeigt außerdem in einem Youtube-Video, wie man ohne Ofen auf dem Herd eine Schwarzwälder Kirschtorte herstellen kann. Dass das funktioniert, hat auch schon Fernsehkoch Johann Lafer bewiesen, der Torten auf dem Grill gemacht hat. „Das geht aber nur in kleiner Form“, erklärt Boch. Als Eisparfait oder als Eissorte findet er Schwarzwälder Kirsch übrigens auch sehr passend. „Es muss die Cremigkeit von Vanille haben, durchzogen von Kirschen und Kirschwasser, dazu noch Schokoraspeln.“ Auf Biskuitstückchen würde er hingegen im Eis verzichten. „Im Sommer ist Schwarzwälder Kirscheis eine schöne Variante, obwohl wir auch dann Torten verkaufen.“
Salzige Variante mit Frischkäse und Radieschen
Eine ganz andere Variante, die nur weit entfernt und optisch mit dem Markenzeichen des Schwarzwaldes zu tun hat, bringt der Engel-Küchenchef selbst noch ins Spiel: Eine salzige Vorspeise, aus Pumpernickel, bestrichen mit Frischkäse und garniert mit Radieschen statt Kirschen. „Das kann man dann noch mit Schinken kombinieren, was sehr gut zum Schwarzwald passt“, sagt Boch, der selbst aber immer noch nicht genug hat von dem süßen Klassiker. In seinem eigenen Betrieb plant er eine Art Kinderrestaurant, in dem auch vermehrt Backkurse für die kleinen Gäste angeboten werden sollen. Auf eine Zutat muss er dabei allerdings verzichten: Der Alkohol wird durch Kirschsaft ersetzt.
Beim Kirschtorten-Festival in Todtnauberg ist die genaue Dosierung des Kirschwassers hingegen ein Qualitätskriterium. „Es darf nicht herausstechen, aber auch nicht zu wenig sein“, erklärt Boch, „aber letztlich zählt der Gesamtgeschmack.“ Und obwohl der ein sehr subjektives Kriterium ist, zu dem noch das handwerkliche Geschick hinzukommt, seien sich die Juroren meistens erstaunlich einig. Trotzdem haben sie Probleme, die Sieger in den Kategorien Amateure und Profis zu küren, da die meisten sehr gut sind. Und auch da hat die Faszination im Laufe der Jahre keinesfalls abgenommen. Das Kurhaus ist jedes Mal voll und Kirschtorten-Liebhaber nehmen für das Festival auch längere Anreisen in Kauf.
Gut zu wissen
Der Hochschwarzwald bietet auch Veranstaltungen rund um die berühmte Schwarzwälder Kirschtorte an. Neben dem Kirschtorten Seminar bei dem Konditoren ihr Wissen und können weitergeben, stellen Hobbykonditoren ihre eigenen Kreationen beim Schwarzwälder Kirschtortenfestival einem großen Publikum vor.