Das Höllental war früher eine der wichtigsten Handels- und Postrouten im Schwarzwald. Dies bescherte dem Hofgut Sternen viele berühmte Gäste.
Beim Hofgut Sternen stehen Regionalität und Authentizität im Mittelpunkt.

Das Hofgut Sternen im Höllental

Berühmte und weit gereiste Gäste: Portrait eines der ältesten Wirtshäuser im Schwarzwald
03.08.2020

von Daniela Frahm

Wer das Höllental durchquert, kommt dabei am Hofgut Sternen in der Ravennaschlucht vorbei, das unterhalb der Bundesstraße 31 liegt. Schon vor mehreren hundert Jahren war das eine wichtige Verbindung durch den Schwarzwald und die Handels- und Postroute hat dem „Wirtshaus unter der Steig“, wie das Hofgut früher hieß, berühmte Gäste wie Goethe und Marie-Antoinette beschert.

Auf einem Hügel, der in der Schlucht am längsten Sonne abbekommt, liegt die im Jahr 1148 geweihte St. Oswald-Kapelle. Sie ist die älteste noch erhaltene Pfarrkirche im Schwarzwald und wird unter anderem noch für Weihnachtsgottesdienste und Trauungen genutzt. Die Kapelle ist das älteste Gebäude auf dem Gelände des Hofgut Sternen, das in einer Hinterzartener Pfarrchronik 1446 erstmals als Schänke erwähnt wurde. Auf dem Weg unterhalb der Kapelle weist ein gut erhaltener Stundenstein darauf hin, dass es von hier aus früher noch etwa drei Stunden dauerte, bis man mit der Kutsche in Freiburg war. Heute sind es mit dem Auto gerade mal 20 Minuten.

Halt gemacht wurde im „Wirtshaus unter der Steig“, wie es früher hieß, aber nicht nur auf dem Weg ins Tal, sondern auch auf dem Weg in den Schwarzwald. Obwohl es selbst schon auf 700 Höhenmetern liegt, geht es von dort aus steil bergauf Richtung Hinterzarten und die Kutscher konnten sich im Gasthaus zusätzliche Pferde für den Weg ausleihen, die sie im „Wirtshaus Ob der Steig“ wieder abgegeben haben, von wo aus die Tiere dann zurückgebracht wurden. In anderer Form wird manchmal heute noch Hilfe geleistet für moderne Karosserien. „Zehn Liter Benzin haben wir immer da, falls mal jemand liegen bleibt“, erzählt Thomas Drubba, dessen Familie das Hofgut 1985 gekauft, renoviert und ausgebaut hat. „Und wenn mal wieder plötzlich und überraschend Schnee fällt, haben wir auch schon den einen oder anderen Motorradfahrer bei uns aufgenommen.“

Das Hofgut Sternen ist von seiner langen Geschichte stark geprägt.
Das Hofgut Sternen ist von seiner langen Geschichte stark geprägt. © Hofgut Sternen

Das Goethe-Haus steht unter Denkmalschutz

Einen Zwischenstopp für die Geschichtsbücher legte 1770 Marie-Antoinette ein. Die Tochter von Kaiserin Maria Theresia war mit über 50 Kutschen, Hunderten Pferden und großem Gefolge auf dem Weg nach Frankreich, um in Versailles den späteren französischen König Ludwig XVI. zu heiraten. Im Gegensatz zu ihr blieb ein anderer namhafter Gast sogar über Nacht und das gleich zweimal. Nach dem Dichter und Forscher Johann Wolfgang von Goethe ist eines der Häuser des Hofguts benannt. Dieses Haus war auch das Motiv des ersten Bildes, das Felix Mendelssohn Bartholdy in Farbe gemalt hat. Mit dem über 500 Jahre alten Kellergewölbe steht es unter Denkmalschutz, hat heute 18 Zimmer für Übernachtungsgäste und Räume für Seminare und Veranstaltungen.

Über dem Eingang des Goethe-Hauses hängt ein Schild mit einem Stern, der sich in ähnlicher Form auch im Fußboden der Lobby im benachbarten Schwarzwaldhaus findet. „Die Gasthäuser haben als Zeichen einen achteckigen Stern bekommen, die Krüge weisen darauf hin, dass Gäste aus allen Himmelsrichtungen mit einem Glas willkommen geheißen wurden und die kleinen Kreise stehen für die Kutschen“ erklärt Thomas Drubba die Symbolik. Manchmal ging es an dem Ort aber auch unwirtlich zu, denn auf dem Galgenbühl, einem Hügel vor der Ravennabrücke, wurde früher Gericht gehalten. Drubba hat sich erzählen lassen, dass dort mancher Verurteilte zur Abschreckung aufgehängt und den Raben überlassen wurde. 

Familie Drubba begann mit einem Kiosk und Bootsverleih am Titisee

In dem benachbarten kleinen Zollhaus, das vor rund 20 Jahren vom Heimatpfad Hochschwarzwald nach alten Plänen neu gebaut wurde, ist früher Wegemaut für die Steig kassiert worden. Es wurden auch mal Strafzettel verteilt, wenn Kutscher durch verbotene Bremstechniken den Weg beschädigt haben. Heute wird das Häuschen für kleinere Gesellschaften genutzt oder auch mal für einen romantischen Heiratsantrag, wie Drubba erzählt. Der 51-Jährige ist stolz darauf, was das Unternehmen seiner Familie aus dem Hofgut gemacht hat. Als Ursula und Klaus Drubba, die in den 60er Jahren mit einem Kiosk und einem Bootsverleih am Titisee gestartet waren, das Areal mit acht Hektar Land kauften, war das Goethe-Haus verfallen, die Scheune kaputt und das Bauernhaus bereits in den 70er Jahren abgebrannt. Mit Handwerkern aus der Region wurde das Ensemble neu aufgebaut und 1986 eröffnet. Vier Söhne setzen die Tradition der Eltern seit 1996 fort. Als einziger gelernter Koch und Gastronom ist Thomas Drubba für die Gastronomie und Hotellerie im Hofgut zuständig, seine Brüder sind Händler und für andere Bereiche des touristischen Unternehmens zuständig, „da haben wir eine klare Aufgabenteilung“. 

Thomas Drubba ist als Gastronom für die Gastronomie und Hotellerie im Hofgut zuständig.
Thomas Drubba ist als Gastronom für die Gastronomie und Hotellerie im Hofgut zuständig. © Daniela Frahm

Leitspruch: „Das liegt in der Natur des Schwarzwalds“

Rund 300.000 Besucher kommen jedes Jahr ins Hofgut, darunter bis zu 100.000 Amerikaner und circa 40.000 Inder und es hat 365 Tage im Jahr geöffnet – bis zur Corona-Krise, die dazu führte, dass es erstmals für ein paar Wochen geschlossen war. „Hier ist immer ein Taubenschlag“, sagt Drubba. Und trotzdem könne man auch zur Ruhe kommen. „Unser Leitspruch lautet: Hofgut Sternen – das liegt in der Natur des Schwarzwalds.“ Das beinhalte gleich mehrere Aspekte: Dass es im Grünen liegt, dass ausschließlich heimische Handwerker beschäftigt und regionale Produkte verwendet werden. Dafür stehen die Naturparkküche mit den zwei Löwen und auch das regional bestückte Frühstücksbuffet. Dazu gehört für Drubba allerdings auch, dass jeder authentisch bleiben soll, „auch unser portugiesischer Kellner soll nicht zum Schwarzwälder werden“.

Die Naturverbundenheit zeigt sich auch in der eigenen Energiezentrale mit Abwasserkraftwerk, Hackschnitzelblockheizkraftwerk und Abluftgewinnung. Seit vier Jahren werden Wärme und Strom selbst produziert, und rechnerisch könnte sogar das gesamte Areal beheizt werden. Zudem wird im Hofgut eine jahrhundertealte handwerkliche Tradition mit der GlasManufaktur fortgesetzt, die seit über 20 Jahren von der Familie Drubba alleine betrieben wird. Die beiden Glaskünstler gehören zu den wenigen, die dieses Handwerk heute noch beherrschen. Sie stellen unter anderem eine eigene Schmucklinie, Lampen und Vasen unter dem Namen „STERNEN GLAS“ her, sodass bei einem Besuch im Hofgut auch gleich die Mitbringsel für die Daheimgebliebenen gekauft werden können.