Noch bei Nacht starten die rund 500 Teilnehmenden des Rucksacklaufes in Schonach.

Der Rucksacklauf ist kein Zuckerschlecken

Interview mit Heidi Spitz
31.01.2025

von Christian Engel

Der Rucksacklauf auf dem Fernskiwanderweg von Schonach zum Belchen gilt als eines der letzten großen Skiabenteuer in Mitteleuropa. Jährlich, am zweiten Samstag im Februar geht es für die Teilnehmenden auf Langlaufskiern 100 Kilometer weit durch den Hochschwarzwald. Die Schonacherin Heidi Spitz war 33 Jahre für die Organisation des Laufs verantwortlich. Unser Autor hat mit ihr über Teamwork, Streckenrekorde und schlaflose Nächte gesprochen.

Juniorenweltmeisterschaften, Schulsportwettbewerbe, Weltcups, Rucksacklauf: Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Events rund um den Skisport auf die Beine gestellt. Raus mit der Sprache: Wie viele Klone von Heidi Spitz laufen im Hochschwarzwald umher, um all diese vielen Aufgaben zu stemmen?

Heidi Spitz: (lacht) Ich hoffe doch sehr, dass nur eine Heidi Spitz herumläuft! Ich möchte aber hervorheben, dass hinter all diesen Veranstaltungen viele Menschen stehen, die sich engagieren. Allein kann man nichts schaffen – ein gutes Miteinander unter den Vereinen und Gemeinden ist enorm wichtig. Und das funktioniert hier oben im Hochschwarzwald ganz hervorragend.

Ist der Rucksacklauf von Schonach zum Belchen, den es bereits seit 1978 gibt, dafür ein gutes Beispiel?

Spitz: Der Rucksacklauf ist eine wunderbare Gemeinschaftsleistung. Die Skivereine zwischen Schonach und dem Belchen sind alle mit Freude dabei, da ist über die Jahre ein tolles Netzwerk entstanden und gewachsen. Die Vereine wissen ganz genau, was zu tun ist, und machen eine erstklassige Arbeit. Ich muss da eigentlich nur noch koordinieren und das Gesamte im Blick behalten.

… was bei einem Langlauf-Rennen, das sich über 100 Kilometer und knapp 2300 Höhenmeter erstreckt, leichter gesagt als getan sein dürfte.

Spitz: Vier, fünf Personen von der Arbeitsgemeinschaft Skiwanderwege Schwarzwald, die den Lauf veranstaltet, sind in der Tat den ganzen Tag unterwegs – und werden an möglichst vielen Orten entlang der Strecke präsent sein. An den einzelnen Stationen stellen die örtlichen Vereine die Streckenposten und präparieren die Loipe. Das läuft immer reibungslos.

Rucksacklauf

Verpflegung und Ausrüstung immer mit dabei - mindestens vier Kilo muss der Rucksack beim Start in Schonach wiegen. © Arge Skiwanderwege Schwarzwald_Klaus Hansen

Dann sind Sie vor dem Startschuss nicht so nervös wie der Begründer des Rucksacklaufes Wolf Hockenjos, der berichtete, in der Nacht vor der Premiere 1978 kaum ein Auge zugetan zu haben?

Spitz: Ich blicke dem Wettkampf sehr entspannt entgegen. Ich werde an dem Tag aber auch nicht, wie Wolf Hockenjos damals, zusätzlich in die Langlaufskier steigen und mitlaufen.

Hockenjos hatte die Idee für den Rucksacklauf aus Norwegen mitgebracht.

Spitz: Das berühmte Birkebeinerrennet mit Ziel in Lillehammer gibt es bereits seit 1932. Wolf Hockenjos hatte zweimal daran teilgenommen und wollte bald nach der Gründung der Arge Skiwanderwege Schwarzwald im Jahr 1974 solch einen Lauf auch hier im Schwarzwald etablieren.

Würden Sie das bei mittlerweile schon mal knapp 500 Teilnehmenden als gelungen bezeichnen?

Spitz: Ja, über die Jahre ist der Lauf immer bekannter und beliebter geworden. Die Zahlen schwanken, je nachdem, wie der Winter bis dahin verlaufen ist. Liegt genügend Schnee zum Trainieren, steigen auch die Anmeldezahlen. Der Rucksacklauf ist kein Zuckerschlecken. Der Streckenrekord von Olympiasieger Georg Thoma liegt zwar bei 5:51 Stunden, doch häufig benötigen Athletinnen und Athleten acht bis zehn Stunden für die Strecke.

"Da braucht es Kraft, Ausdauer, Durchhaltevermögen. Für Anfänger ist der Lauf nichts."
(Heidi Spitz)

Zu den 100 Kilometern und 2300 Höhenmetern kommt noch ein Rucksack, der beim Start ein Mindestgewicht von vier Kilogramm bei den Männern und drei bei den Frauen haben muss. Wieso darf niemand ohne auf die Strecke?

Spitz: Das ist der besondere Reiz des Rucksacklaufs, alles dabei zu haben, um sich komplett selbst verpflegen zu können: Ersatzkleidung, Wachs, Essen, Trinken.

Sie organisieren den Rucksacklauf seit 1992. Wieso wird der Wettkampf am 8. Februar Ihr letzter als Organisatorin sein?

Spitz: Als ich noch in der Tourist-Information in Schonach gearbeitet habe, hatte ich immer viel Kontakt zu allen möglichen Leuten. Seitdem ich vor drei Jahren in den Ruhestand gegangen bin, hat sich das Netzwerk Stück für Stück verringert. Nicht, dass ich niemanden mehr kennen würde – aber die Schnittstellen werden geringer. Und irgendwann ist es eben auch an der Zeit loszulassen.

Fällt Ihnen das leicht?

Spitz: Ja. Auch, weil ich noch so viele andere Interessen und Hobbys habe. Ich gehe oft Mountainbiken, fahre im Winter viel Ski und Langlauf, unternehme gerne Touren über mehrere Tage.

Dann finden Sie ab nächstem Jahr endlich auch mal Zeit, selbst am Rucksacklauf teilzunehmen?

Spitz: (lacht) Da bin ich raus. Als Jugendliche habe ich Wettkämpfe auf Zeit geliebt. Den Vergleich brauche ich aber heute nicht mehr. Ich werde beim Rucksacklauf künftig aber gerne am Streckenrand stehen. Und mithelfen, wo ich kann.

Nach 33 Jahren beendet Heidi Spitz ihre Tätigkeit als Organisatorin des Rucksacklaufes. An der Strecke wird sie weiterhin stehen.

Nach 33 Jahren beendet Heidi Spitz ihre Tätigkeit als Organisatorin des Rucksacklaufes. An der Strecke wird sie weiterhin stehen. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

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