Fanny Mayer: Feldbergs erste Tourismusmanagerin
Im Winter hinauf auf den Feldberg? Das galt Ende des 19. Jahrhunderts als lebensmüde. Doch der Waldhüter konnte die junge Frau nicht umstimmen. Wenn Fanny Mayer sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie es durch.
Also blieb dem Waldhüter Valentin Maier nichts anderes übrig, als an jenem bitterkalten 25. Februar 1881 die Frau von Menzenschwand hinauf auf den Feldberg zu bringen. Damals führte noch keine befestigte Straße auf den 1.493 Meter hohen Berg. Der Waldhüter zog die Frau durch Tiefschnee, band ihr sogar einen Strick um die Hüfte, damit er sie das "Mareieloch” hinaufziehen konnte.
Die erste Tourismusmanagerin
Man stelle sich das einmal vor: In einem Schneesturm, ohne Schneeschuhe und Gore-Tex-Jacken, aber in Rock und leichten Stiefeln. Ja, die Fanny Mayer war eine, die nicht so schnell aufgegeben hat. Der Feldberg sollte ihr Schicksalsberg werden. Und wer weiß, was ohne Fanny Mayer aus dem Feldberg geworden wäre. Die resolute Dame wurde zur ersten Hotel- und Tourismusmanagerin und ihr sind die entscheidenden Impulse zu verdanken, dass es mit dem Tourismus auf dem Feldberg aufwärts ging.
„Versteht ihr denn nicht?“, sagt die fremde Frau bittend. „Ich muss zum Feldberg hinauf! Meinem Bruder will die Frau sterben.“ Mit diesen Worten beginnt der Roman „Winteräpfel“ in dem die Autorin Heidi Knoblich die Lebensgeschichte der Fanny Mayer beschreibt.
Wer heute zur Hotelanlage mit Einkaufspassage Feldberger Hof am Fuße des 1.493 Meter gelegenen Feldbergs kommt, mag sich kaum vorstellen können, wie es hier wohl vor über 130 Jahren ausgesehen hat, als sich nur das kleine Hotel „Feldberger Hof“ in dieser abgelegenen Einöde befunden hat.
30 Jahre ist sie alt, die Fanny Mayer, als sie an jenem Wintertag im Februar 1881 auf den Feldberg kommt. Ihr Bruder Carl ist Pächter des Feldberger Hofes. Vor einer Woche wurde sein Sohn Oskar geboren. Doch um seine Frau steht es sehr schlecht. Sie hat die Geburt nicht gut verwunden und ist vom Fieber geschwächt. Nur wenige Tage später stirbt sie. Fanny kümmert sich um das Baby. Einige Wochen will sie noch bleiben, um danach nach Basel zurückzukehren, wo sie seit ihrem 18. Lebensjahr als Gesellschaftsdame und Haushälterin in vornehmen Basler Familien arbeitete. Doch es sollte ganz anders kommen.
Unermüdlich, kreativ und liebevoll
Was muss es für ein Schock gewesen sein, von der vornehmen Stadt Basel, in der sie Konzerte, Literaturveranstaltungen und Theateraufführungen genießen konnte, sich nun in der heruntergekommenen Gaststube ihres Bruders zurechtzufinden? Doch Fanny fügt sich ihrem Schicksal. Gemäß ihrem Motto: „Mer cha alles, wemmer will!“ – Man kann alles, wenn man will – macht sie sich an die Arbeit. Mit unermüdlicher Energie, kreativen Ideen und ihrer liebevollen Art verwandelt sie den Feldberger Hof von einem gottverlassenen Gasthaus zu einem bedeutenden Berghotel, das viele illustre Gäste und bekannte Persönlichkeiten anzog. Der Großherzog mit seiner Frau, Reichskanzler Fehrenbach und der Freiburger Erzbischof Fritz zählten zu ihren Besuchern. Bald sprach man von Fanny Mayer als der „Feldbergmutter“.
Ihr Neffe Oskar wurde als zehnjähriger Bub Zeuge des ersten Skifahrers auf dem Feldberg – und das entfachte in dem Jungen, die Leidenschaft, sich ebenfalls auf diesen Holzbrettern fortzubewegen. Oskar Mayer wurde Skispringer und gewann in der Schweiz Preise für den weitesten und schönsten Sprung. Auch führte er das Erbe der Feldbergmutter Fanny Mayer weiter, wurde ebenfalls Gastronom und setzte sich für die Entwicklung des Fremdenverkehrs im Schwarzwald ein. Unter anderem brachte er die ersten Rentiere auf den Feldberg, legte Tennisplätze und ein Familienbad an. Im Engadin und anderen Wintersportorten holte er sich weitere Impulse, die er in den Neubau des Feldberger Hofes im Jahre 1936 einfließen ließ. Zu der damaligen Zeit galt der Feldberger Hof als eines der größten Berghotels in Deutschland.
Mütter und Väter von Legenden
Fanny Mayer erlebte die Anfänge des Skisports im Schwarzwald. 1891 gründeten die Todtnauer Skisportler im Feldberger Hof den ältesten und heute noch bestehenden Skiclub, aus dem später der Deutsche Skiverband hervorging. Sie entwickelten das erste Skiclub-Abzeichnen und entwarfen die erste einheitliche Skibekleidung. Ein eigener Depeschendienst versorgte Zeitungen in ganz Deutschland mit Nachrichten aus dem Wintersportgebiet Feldberg. In den Jahren 1920 bis 1930 fand am Feldberger Hof Skiunterricht statt, den unter anderem Albert Thoma, Vater der Schwarzwälder Skilegende Georg Thoma, abhielt.
Fanny Mayer starb am 9. Juni 1934 mit 83 Jahren – auf ihrem geliebten Feldberg. Begraben wurde sie an der Seite ihres Bruders Carl auf dem Friedhof in Freiburg. Noch heute erinnert eine Gedenktafel an der Kapelle hinter dem Hotel Feldbergerhof an das Wirken der Fanny Mayer.