Außenansicht Gasthof Ochsen Saig.

Mit Liebe zum alten Haus

Iris und Jochen Stehle haben den "Gasthof Ochsen" in Lenzkirch-Saig behutsam modernisiert
12.11.2020

von Daniela Frahm

Die Besitzer haben im Laufe der Jahrhunderte zwar immer wieder gewechselt, und auch moderne Technik hat im „Ochsen“ in Lenzkirch-Saig Einzug gehalten, trotzdem gehört er noch immer zu den ältesten im Originalstil erhaltenen Gasthöfe im Hochschwarzwald. Mit viel Liebe zum alten Gemäuer haben Iris und Jochen Stehle den Gasthof erweitert und auf einen neuen Stand gebracht, das historische Flair hat darunter aber nicht gelitten.

Ein so altes Gebäude wie der „Ochsen“ hält für seine Besitzer immer wieder Überraschungen bereit, die meistens bei Renovierungsarbeiten zum Vorschein kommen. Das haben Iris und Jochen Stehle, die das Gasthaus in dritter Generation betreiben, jetzt schon mehrfach erlebt – zuletzt 2012, als die gesamte Küche entkernt wurde. Mehrere Schichten wurden da freigelegt, dazu Fliesen und ein Teil eines gemauerten Backofens. Auch im Boden des Frühstücksraums, der früher mal der Stall war, schlummerten Überraschungen. Als er erneuert wurde, fanden sich darunter nicht nur mit Stoff ummantelte Stromleitungen, sondern auch ein mit Balken unterteilter Unterboden, aus dem die Familie eimerweise Kohleschlacke schöpfen musste.

Obwohl das viel Mehrarbeit bedeutete, betont Iris Stehle: „Wir sind Fans von alten Häusern und haben auch privat eins, das so alt ist.“ Ganz genau lässt sich allerdings nicht sagen, wann der „Ochsen“ entstanden ist, weil die Kirche in Lenzkirch-Saig mal abgebrannt ist, und die Kirchenbücher dadurch verloren gegangen sind. Der Grundstein für den Hof soll jedenfalls schon 1412 gelegt worden sein, ein Wirtshaus dürfte es im 18. Jahrhundert geworden sein, der erste bekannte Wirt hieß 1730 Lorenz Zipfel. Es war ein riesiger Bauernhof, der durch Erbteilung immer kleiner geworden ist. Anfang der 1950er Jahre wurde die Landwirtschaft aufgegeben. Der „Ochsen“ war zudem eine Post- und Pferdewechselstation, weil er auf dem höchsten Punkt der Haupthandelsstraße von Freiburg nach Schaffhausen lag. Da waren die Tiere erschöpft und brauchten eine Pause.

Gasthaus Ochsen vor der Modernisierung.
Gasthaus Ochsen vor der Modernisierung. © historische-gasthaeuser.de

Auf dem Speicher steht unter anderem eine Segeljolle

Über eine Rampe an der Bergseite konnte man mit Pferd und Wagen auf den Dachboden im ersten Stock fahren. Und dieser Zugang wird weiterhin genutzt. Auf dem großen Speicher hat sich im Laufe der Jahre Allerlei angesammelt, nicht nur aus den eigenen Beständen der Familie. Neben einer Kinderwiege und ausrangierten Töpfen steht dort unter anderem eine Segeljolle. Wem sie gehört, ist nicht klar. „Jeder, der keinen Platz hat, stellt bei uns etwas unter“, erzählt Iris Stehle lachend.

1983 ist sie vom Bodensee in den „Ochsen“ gekommen und hat dort ihre Ausbildung als Hotelfachfrau gemacht. Danach wollte sie eigentlich weiterziehen und in andere Betriebe reinschnuppern, ist aber in Saig hängen geblieben. Das Gastgeber-Gen lag in ihrer Familie. Ihre Oma und ihre Tante haben bedient, und in der Verwandtschaft gab es ein Hotel, in dem sie als Kind oft war, „weil es dort einen Fernseher gab, dazu auch noch Pommes und Eis“. Zu der Zeit hat sie schon beschlossen, dass sie später auch in der Gastronomie arbeiten möchte.

Iris Stehle ist die zweite Frau von Jochen Stehle, der im „Ochsen“ zunächst als Koch angefangen hat, das Haus dann mit seiner ersten Frau führte und später von seinem Schwiegervater übernahm. Die Töchter Petra und Carina arbeiten seit vielen Jahren mit, er selbst hat sich mittlerweile etwas zurückgezogen. Für das Essen sind jetzt drei Köche verantwortlich, von denen Stehle zwei noch selbst ausgebildet hat. Die Spezialität auf der Karte sind Forellen aus der Wutach, die ganz frisch auf den Tisch kommen. Sie stammen aus einer Zucht in Lauchringen und werden in einem Bassin im Keller gehalten. Die Wildgerichte stammen aus Saiger Jagd.

Gastgeberin Iris Stehle.
Gastgeberin Iris Stehle. © Daniela Frahm

Bäder und eine Türkisch-Hamam-Liege sind selbst gefliest

Wer Glück hat, darf zum essen am Stammtisch vor dem grünen Kamin sitzen, denn mittlerweile ist die Bar zum Treffpunkt des Hauses geworden, und der Stammtisch keine feste Größe im Dorfleben mehr. Früher traf man sich hier nach dem Kirchgang, nach der Musikprobe, zum Skat spielen und freitags die Handwerker nach der Arbeitswoche. Noch bis in die 1990er Jahre wurden diese Traditionen gepflegt, mit der Folge, dass der Gastraum teilweise jährlich neu gestrichen werden musste, weil Kettenraucher die Gaststube regelmäßig eingenebelt haben.

Familie Stehle hat in den vergangenen 20 Jahren das gesamte Haus schrittweise renoviert, erweitert und modernisiert. Auf der Sonnenterrasse wurde mehr Platz geschaffen, die in den 70er Jahren entstandene Schwimmhalle und Saunalandschaft wurde neu gestaltet und der Wellnessbereich erweitert - unter anderem mit einer Türkisch-Hamam-Liege, die Iris und Jochen Stehle selbst gefliest haben. Beide sind handwerklich begabt und haben „zusammen schon 20 Bäder gefliest“, wie sie erzählen. Nachdem die Küche in einem Anbau untergebracht wurde, haben sie die alte entkernt und die Hotelbar eingebaut.

Insgesamt gibt es im „Ochsen“ 35 Zimmer, zehn im alten Gebäudeteil und 25 im Anbau, und die beherbergen häufig Stammgäste. „Wir waren schon immer kinderfreundlich, das hilft uns“, erklärt Iris Stehle. Denn inzwischen kommen auch Kinder von früheren Stammgästen mit ihren Kindern, die sich dann im Schwimmbad und auf dem hauseigenen Tennisplatz austoben können. Als Ausgangspunkt für Wanderungen ist der „Ochsen“ ebenfalls ideal. Er hat das Qualitätssiegel „Wanderbares Deutschland“ erhalten, weil auch Einzelübernachtungen möglich sind. Tipps für schöne Touren gibt es gratis bei der Chefin des Hauses, die selbst sehr gerne wandern geht und sich in der Region bestens auskennt.

Kontakt:

Gasthof Ochsen Saig
Dorfplatz 1
79853 Lenzkirch - Saig
Tel: +49 7653 90010
ochsen-saig.de

Weitere historische Gasthäuser im Hochschwarzwald unter: historische-gasthaeuser.de