Ein schönes Missgeschick: Mockemalör

Mockemalör im Schwarzwald

Die Berliner Band Mockemalör bringt den Schwarzwald zum klingen.
11.03.2014

von Barbara Bollwahn

Hätte der Schwarzwald einen Klang, er würde sich dunkel anhören und schwer, verwunschen und geheimnisvoll, aber auch verführerisch und sanft. Seine Klänge können betörend hoch sein wie die höchsten Tannenwipfel und abgründig tief wie die tiefsten Taleinschnitte.

Die Band Mockemalör bringt Deutschlands größtes Mittelgebirge zum Klingen. Das tut sie nicht mit Volksmusik, wie sie vielerorts im Schwarzwald zu hören ist, sondern mit Elektropop und Indie-Elementen – und in Alemannisch, dem Dialekt, der dort gesprochen wird.

Der Bandname allerdings ist nicht alemannisch, sondern eine Eigenkreation, und setzt sich zusammen aus malör, alemannisch für das französische malheur, und Mocke, einem Stück, etwas, e weng. Ein schönes Missgeschick ist Mockemalör also.

Die Stimme der Heimat

Ihre erste CD mit dem Titel „Schwarzer Wald“ ist vor wenigen Monaten erschienen und eine Hommage an, genau, den Schwarzwald. Die Record Release Tour führte die Band, die gerne Honigschnaps im Publikum verschenkt, in den Süden und endete im ausverkauften Grünen Salon der Volksbühne in Berlin, auch wenn viele Hauptstädter vom Schwarzwald nur das Tannenzäpfle Bier der Rothaus-Brauerei kennen, das auch in Berlin gern getrunken wird.

Bei den Konzerten wird gerne mal ein guter Honigschnaps verteilt.
Bei den Konzerten wird gerne mal ein guter Honigschnaps verteilt. © Felix Groteloh

Es ist die Sängerin Magdalena Ganter, die dem Schwarzwald eine Stimme gibt: Die 27Jährige ist in Hinterzarten aufgewachsen und lebt seit 2006 in Berlin, wo sie Tanz, Gesang und Schauspiel studiert hat. Sie schreibt auch die Texte der Lieder, die vom Abschiednehmen, Erwachsenwerden, der Zeit und der Liebe erzählen, vom Dasein, „vom Läbe ebbe“.

Gehen, um die Heimat zu finden

Begleitet wird sie von drei Musikern, die keine Schwarzwälder sind und ebenfalls in Berlin wohnen, kennengelernt haben sie sich bei einem gemeinsamen Theaterprojekt. Simon Steger spielt Synthesizer und stammt aus Coburg. Martin Bach ist Schlagzeuger und Percussionist, und kommt aus München. Und dann gibt es noch Charis Karantzas, der Gitarre spielt, und in Athen aufgewachsen ist. Er ist aber nur dabei, wenn er nicht gerade mit anderen Projekten unterwegs ist.

Der Proberaum von Mockemalör befindet sich in einem Industriegebiet in Berlin-Tempelhof. Statt Wälder, Wiesen und Kühen gibt es Autobahnen, Güterbahnhöfe, alte Fabrikanlagen, viel Asphalt, Autos, Lärm. Das ist nicht unbedingt schön, passt aber irgendwie zu der Beziehung, die Magdalena Ganter zum Schwarzwald hat. Sie musste ihn erst verlassen, um sich bewusst zu werden, was für einen Schatz sie hat mit ihm. Für sie ist der Schwarzwald ohnehin mehr als Heimat.

“Er ist meine stärkste Kraft“,
(Magdalena Ganter)

sagt sie, ein Geschenk. Das Besinnen auf ihre Wurzeln befreit sie von der Last des Alltags. „Der Dialekt liegt so schön im Mund, ganz rund und weich.“ Der bayerische Schlagzeuger spricht von der „sehr schönen Klangfarbe“ des Alemannischen, der Coburger Simon Steger schätzt „die schönen Worte“.

Hier herrsche' andere Mächte

Es ist nicht schlimm, nicht jedes Wort von Mockemalör zu verstehen. Die Stimme von Magdalena Ganter nimmt auch Nichtalemannen mit in die Höhen und Tiefen des schwarzen Waldes. „Selig liegt die Nacht über mir, deckt mich zua mit ihrer Kälte“, singt sie in dem Lied „Schwarzwald“. Und: „Ewig - hier drusse git’s it viel zum dua. Hier herrsche andere Mächte. Schwarzwald - dunkel un kalt. Oh wie lang isch es her. Un wie viele Welte liege zwische dem was war und isch. Erkenn dich kaum no- Wald - Dunkel un kalt.“

Der Proberaum von Mockemalör befindet sich in einem Industriegebiet in Berlin-Tempelhof.
Der Proberaum von Mockemalör befindet sich in einem Industriegebiet in Berlin-Tempelhof. © Barbara Bollwahn

Seit einem halben Jahr lernt und spielt Magdalena Ganter Akkordeon, auch das kann als Hommage an den Schwarzwald gesehen werden. Sie ist mit den Klängen des Instruments groß geworden, ihr Vater spielt es mit Leidenschaft. Aber erst fern der Heimat hat sie sich eins zugelegt.

Anfang Juni nahm Mockemalör an einem Gesangswettbewerb in Bregenz teil, für den sich die Band nicht hätten qualifizieren können, wenn Magdalena Ganter nicht Dialekt singen würde. Neben sieben weiteren Finalisten hatten sie sich für das Finale des Mundart-Pop-Rock-Wettbewerbs „Singa wia dr Schnabl gwachsa isch“ qualifiziert, der vom österreichischen ORF Vorarlberg zum 13. Mal organisiert wurde. Mockemalör gewann den Wettbewerb mit dem Lied „Wona“, einer Trennungsgeschichte. „Das ist so cool!“, kommentierte Magdalena Ganter den Sieg. Neben 1.500 Euro Preisgeld und der Siegertrophäe „Schnabl“ hat Mockemalör die Möglichkeit gewonnen, ihr Siegerlied unter professioneller Begleitung im ORF-Landesfunkhaus aufzunehmen.