Die Käserei ist eindeutig Christins Hoheitsgebiet.

Nicht alles Käse auf der Alp in Äule

Gemeinsam für den guten Geschmack
03.05.2016

von Detlef Mix

Mmh, lecker! Curry-Dattel-Frischkäse mit Schwarzkümmel und Honig, Schnittkäse mit rosa Pfeffer, aber auch weniger exotische, würzige oder milde Bergkäse, insgesamt etwa zwanzig Käsesorten aus Kuh- und Ziegenmilch erhält man auf dem Hof Till. Der Naturpark Südschwarzwald führt die Hofkäserei als eine der Stationen der Käseroute. Und die Käserei ist eindeutig Christins Hoheitsgebiet.

Christin Till stammt nicht aus einer Bauernfamilie. Sie kommt ursprünglich aus Schleswig-Holstein und hat sich nur allmählich in südlichere Gefilde vorgewagt. Zunächst studierte sie drei Semester Germanistik und Geschichte, schlug aber dann den Weg der Heilpädagogik ein, einem ganzheitlichen Ansatz zur therapeutischen Betreuung von Menschen mit körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen. Dabei kennt man tiergestützte Therapien, etwa mit Pferden oder Delfinen, aber auch der Umgang mit Pflanzen kann eine heilsame Wirkung ausüben.

Ich möchte in die Landwirtschaft

Während dieser Ausbildung lernte sie die Arbeit im Garten kennen, was in ihr den Wunsch weckte, sich eingehender mit Landwirtschaft zu beschäftigen. Sie begab sich 1979 auf einen Bauernhof in Bayern, wo man Pflanzenzucht und eine kleine Milchviehwirtschaft betrieb. „Ich durfte dort eine Kuh handmelken“, erinnert sich Christin, „und für mich stand damals fest: ich möchte in die Landwirtschaft. Das hat nichts damit zu tun gehabt, dass ich Heinrich auf diesem Hof kennenlernte.“ Heinrich Till kennenzulernen, der Landwirt auf dem Demeterhof gelernt hat, stand ihrem Wunsch jedenfalls auch nicht im Wege. Er hatte einen Sommer auf einer Alp im Tessin gearbeitet und bald schmiedeten die beiden gemeinsame Pläne und fanden tatsächlich eine Alp im Berner Oberland, die sie zusammen von 1981 an sieben Jahre lang bewirtschafteten.

„Behutsames Eingreifen des Bauern und der sanfte Tritt, sowie der schonende Biss der robusten, kleinen Hinterwälder Rinder" - Tills Erfolgsgeheimnis.
„Behutsames Eingreifen des Bauern und der sanfte Tritt, sowie der schonende Biss der robusten, kleinen Hinterwälder Rinder" - Tills Erfolgsgeheimnis. © Detflef Mix

Frischer Wind und viel Verstärkung

Ab 1985 waren sie zu dritt. Daniel, der älteste Sohn der beiden, war fortan mit von der Partie. Seine frühkindlichen Erinnerungen konnte er wieder auffrischen, als er viele Jahre später selbst auf eben jener Alp Kühe molk und Käse herstellte. Er lernte ebenfalls Landwirt, studiert jedoch heute Mathematik und Informatik in Berlin und betreut die Webseite des Hofs. Tochter Clara ist ausgebildete Hebamme und hilft gern bei der Heuernte, wo sie mit Vorliebe Traktor fährt. Johannes der jüngere Sohn der Tills hat hingegen Koch gelernt und BWL-Hotelfach studiert. Seine Freundin Ann-Kathrin wiederum studierte nach ihrer Floristik-Ausbildung Landwirtschaft, und steht ihm bei seinen Hofaktivitäten mit Rat und Tat zur Seite. Die beiden bringen frische Impulse und einen Enkel in die bäuerliche Gemeinschaft ein. So richten sie beispielsweise Erlebnisfrühstücke auf dem Bauerhof aus und sind mit ihrer mobilen Hofküche auf Wintermärkten anzutreffen. Für private oder Firmenanlässe bieten sie ebenfalls ihre kulinarischen Veranstaltungen auf dem Hof an.

Die Tills richten Erlebnisfrühstücke auf dem Bauerhof aus und sind mit ihrer mobilen Hofküche auf Wintermärkten anzutreffen.
Die Tills richten Erlebnisfrühstücke auf dem Bauerhof aus und sind mit ihrer mobilen Hofküche auf Wintermärkten anzutreffen. © Detlef Mix

Aus Argwohn wird Respekt und Anerkennung

Als die Familie vor annähernd drei Jahrzehnten nach einem Ort suchte, an dem sie ihre eigenen Vorstellungen von naturgemäßer Landwirtschaft ausleben konnte, fand sie diesen in dem kleinen Dorf Äule, das zur Gemeinde Schluchsee gehört. Einen fertigen Hof übernehmen konnten sie dort nicht, wohl aber ein altes Waldarbeiterhaus, in dem die ehemaligen Bewohner auch ein paar Tiere halten konnten. Dem aus Nordrhein-Westfalen stammenden Landwirtschaftsmeister Heinrich Till gelang es in jahrelanger Aufbauarbeit, die kargen und steilen Bergwiesen und auch das Wohlwollen der örtlichen und amtlichen Entscheidungsträger zu kultivieren. Nicht jeder teilte auf Anhieb seine Begeisterung für die biologisch-dynamische Landwirtschaft, und Till reagierte nicht immer ausgesprochen diplomatisch auf schwerverständliche Ablehnung. Im Laufe der Jahre erwuchs jedoch aus anfänglichem Argwohn Respekt und Anerkennung.

Einen fertigen Hof übernehmen konnten die Tills nicht, wohl aber ein altes Waldarbeiterhaus, in dem die ehemaligen Bewohner auch ein paar Tiere halten konnten.
Einen fertigen Hof übernehmen konnten die Tills nicht, wohl aber ein altes Waldarbeiterhaus, in dem die ehemaligen Bewohner auch ein paar Tiere halten konnten. © Detlef Mix

2003 bekamen die Tills eine Auszeichnung für artgerechte Tierhaltung, und 2015 wurde Heinrich zum dritten Mal Wiesenmeister. „Nutzen und Schützen“ ist Tills Devise. Der Pragmatiker Till resümiert aus eigener Erfahrung:

“Die einzigartige Kulturlandschaft unserer Region erhält man weder durch unbedachtes Güllestreuen, noch dadurch, dass man die Natur sich selbst überlässt.“ 
(Heinrich Till)

„Behutsames Eingreifen des Bauern und der sanfte Tritt, sowie der schonende Biss der robusten, kleinen Hinterwälder Rinder tragen ganz wesentlich dazu bei.“

2003 bekamen die Tills eine Auszeichnung für artgerechte Tierhaltung, und 2015 wurde Heinrich zum dritten Mal Wiesenmeister.
2003 bekamen die Tills eine Auszeichnung für artgerechte Tierhaltung, und 2015 wurde Heinrich zum dritten Mal Wiesenmeister. © Detlef Mix

Die ökologische Landwirtschaft nach Demeter-Prinzipien entspricht hierbei am ehesten den Vorstellungen des Biobauern, da sie berücksichtigt, dass alle Umwelteinflüsse ihre Informationen in den landwirtschaftlichen Produkten hinterlassen, und die prächtige Gesundheit seiner Tiere gibt ihm offenkundig Recht. „Ich bin sehr sensibel und fühle mich in die Materie hinein. Mich treibt eine tiefe Sehnsucht nach Echtem“ erklärt Till. 

“Wir haben zwar unheimlich viel Geld, Kraft und Zeit in unsere Arbeit investiert, doch das rechnet man nicht nach, wenn man liebt was man tut und eine tiefe Befriedigung daraus erfährt“
(Familie Till)

Nicht wieder wegzudenken

Der Hof Till ist mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender fester Bestandteil des Hochschwarzwaldes, auch wenn man dort nicht alemannisch schwätzt. Auf der Alp in Äule kann man einiges lernen. Auszubildende Landwirte erfahren alles über Grünland- und Milchviehwirtschaft, Praktikanten können sich einen umfassenden Einblick in sämtliche Hofabläufe verschaffen, und sonstige Interessierte können ihre Ferien auf dem Bauernhof mit einem einwöchigen Älplerkurs verbinden.  Selbst wer „nur“ die geschmackvoll natürlich eingerichtete Ferienwohnung mietet, wird wahrscheinlich eine Fülle interessanter Informationen von einer Hofführung mit Bauer Heinrich mit nachhause nehmen und selbstverständlich nach Herzenslust schlemmen mit Käse-, Wurst- und Fleischköstlichkeiten in bester Demeter-Qualität direkt von den Erzeugern.

Der Hof Till ist mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender fester Bestandteil des Hochschwarzwaldes, auch wenn man dort nicht alemannisch schwätzt.
Der Hof Till ist mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender fester Bestandteil des Hochschwarzwaldes, auch wenn man dort nicht alemannisch schwätzt. © Detlef Mix

Gut zu wissen

Aktuelle Daten der Markttage in Sankt Blasien und Freiburg, der mobilen Hofküche, Termine der kulinarischen Veranstaltungen und vieles mehr finden Sie unter: www.hof-till.de