Viel mehr als nur geführte Wanderungen

Maximilian Melch, wandern wie Gott in Todtnau
14.04.2025

von Matthias Maier

Kurz bevor Gott das Wandern erfunden hat, muss er mal in Todtnau gewesen sein, sagen manche: auf dem Stübenwasen mit seiner famosen Aussicht, im Naturschutzgebiet des Präger Gletscherkessels oder am Wasserfall, der zu den höchsten in Deutschland zählt. Mehr als 200 Kilometer an Wanderwegen gibt es rund um die Stadt, darunter Höhenwege, alpin anmutende Pfade, zertifizierte Premiumtouren – und ausgerechnet hier sollte es künftig keinen Schwarzwaldverein mehr geben? Ein Gedanke, mit dem Maximilian Melch sich so gar nicht anfreunden konnte.

Ein spontaner Entschluss mit großer Wirkung

Also ging der junge Todtnauer einfach mal zum Infoabend des örtlichen Schwarzwaldvereins, der damals, im Jahr 2019, kurz vor der Auflösung stand. Die Vorstandsmitglieder wollten altersbedingt nicht mehr, und Nachfolger waren nicht in Sicht. Obwohl Maximilian bis zu jenem Abend keinen großen Bezug zum Verein hatte, nicht mal Mitglied war, folgte er seinem Bauchgefühl – und meldete sich spontan für den Posten des ersten Vorsitzenden. Bammel vor der großen Aufgabe? Eher nicht: „Denn schiefgehen kann’s ja eigentlich nicht“, dachte er sich, „oder besser gesagt: nicht noch schiefer werden.“

Die Obere Rotenbachhütte ein Ort, an dem ehrenamtliches Engagement und Naturverbundenheit im Hochschwarzwald aufeinandertreffen.
Die Obere Rotenbachhütte ein Ort, an dem ehrenamtliches Engagement und Naturverbundenheit im Hochschwarzwald aufeinandertreffen. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Jüngster Vorsitzender im ganzen Schwarzwald

So wurde er 2019 mit 23 Jahren zum jüngsten Vorsitzenden eines Ortsvereins im ganzen Schwarzwald. Und brachte mit Unterstützung von Freunden und Familienmitgliedern schnell neuen Schwung rein. Die Mitgliederverwaltung wurde digitalisiert, die veraltete Website modernisiert. Vor allem aber wollten sie in Todtnau mehr Sichtbarkeit für den Verein und das, was er leistet, erreichen. Beim Städtlifest, beim Naturparkmarkt und weiteren Veranstaltungen mieteten sie einen Stand und erklärten den Leuten immer wieder: „Wir machen noch viel mehr als nur geführte Wanderungen für Senioren.“ Zum Beispiel das gesamte Wegenetz pflegen, Hindernisse aus dem Weg räumen, Wegweiser anbringen und instand halten. „Bevor ich hier angefangen habe, waren mir diese ganzen Zusammenhänge selbst nicht klar“, gesteht Maximilian: dass es der Schwarzwaldverein ist, der überall diese Schilder mit den gelben, blauen, roten Rauten anbringt, die ihm immer Orientierung gaben, wenn er im Wald unterwegs war – auch während seines Studiums in Karlsruhe oder, als er drei Jahre lang in Bühl arbeitete.

Maximilian Melch vor der Rotenbachhütte, welcher er selbst saniert hat
Maximilian Melch vor der Rotenbachhütte, welcher er selbst saniert hat © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Erfolgsstory: Mitgliederzuwachs und frischer Wind

Die Imagepflege zeigte Wirkung, der Schwarzwaldverein war in Todtnau auf einmal präsent und angesagt. Die Mitgliederzahl ist seit Maximilians Antritt von 200 auf gut 290 gestiegen. In manchen Jahren hatten sie in Todtnau den stärksten Zuwachs unter allen 201 Ortsvereinen. Gleichzeitig haben sich das Vorstandsteam und mit ihm der ganze Verein stark verjüngt. Mittlerweile wird auch mal eine anspruchsvollere Tour von bis zu 20 km angeboten – oder bei Wandermarathons mitgelaufen. Für die Wegepflege wurde modernes Werkzeug angeschafft. „Das ist für mich das Mindeste, dass wir den freiwilligen Helfern vernünftige Geräte zur Verfügung stellen“, findet Maximilian. Ihre Wanderhütte in der Nähe des Fahler Wasserfalls sanieren die Mitglieder derzeit in Eigenregie. Ein weiteres Großprojekt war 2023 das Wegekonzept rund um die spektakuläre Hängebrücke Blackforestline. Und zum Stadtjubiläum „1.000 Jahre Todtnau“ richtet der Verein am 1. Mai einen Volkswandertag aus.

Maximilian Melch auf der Hängebrücke Blackforestline in Todtnau
Maximilian Melch auf der Hängebrücke Blackforestline in Todtnau © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Viel Arbeit – und noch mehr Freude

Jede Menge Arbeit, besonders für den Vorsitzenden. „Aber es macht mir total Spaß“, sagt Maximilian. Auch wenn es noch offene Wünsche gibt. Ein eigenes Vereinsheim in der Stadt wäre ihm wichtig. Daneben bleibt es eine Herausforderung, engagierte Wanderführer zu finden, die auch mal sonntags eine Tour anbieten. Und noch mehr Helfer für die Wegepflege, bei Veranstaltungen oder für kleinere Bauprojekte wären ebenfalls sehr willkommen.

Ein Herzensprojekt des Schwarzwaldvereins Todtnau: Rund um die Hängebrücke Blackforestline entstand 2023 ein neues Wegekonzept – geplant, umgesetzt und gepflegt mit viel ehrenamtlichem Einsatz.
Ein Herzensprojekt des Schwarzwaldvereins Todtnau: Rund um die Hängebrücke Blackforestline entstand 2023 ein neues Wegekonzept – geplant, umgesetzt und gepflegt mit viel ehrenamtlichem Einsatz. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Freizeit in der Natur – eine echte Wohltat

Wenn Maximilian mal komplett abschalten will, dann – große Überraschung – geht er wandern. „Einfach mal die Stille genießen, klare Gedanken fassen. Besonders, wenn ich viel am PC gearbeitet habe, ist das wie eine Befreiung.“ Im Winter ist er oft auf Langlaufskiern unterwegs, im Sommer auch gern mit dem Mountainbike. „Todtnau ist für mich wie ein großes Freizeitcenter mit unendlich vielen Möglichkeiten, sich draußen in der Natur zu bewegen“, sagt er mit einem Leuchten in den Augen. Wichtig ist ihm dabei ein respektvoller Umgang: „Rücksicht nehmen, gut aneinander vorbeikommen und sich grüßen! Ob zu Fuß, auf Skiern oder auf dem Rad: Jeder hat seine Daseinsberechtigung.“

„Rücksicht nehmen, gut aneinander vorbeikommen und sich grüßen! Ob zu Fuß, auf Skiern oder auf dem Rad: Jeder hat seine Daseinsberechtigung.“
(Maximilian Melch)
Tradition trifft Naturschutz: Das geschnitzte Holzschild erinnert daran, wie lange der Erhalt der einzigartigen Feldberg-Natur bereits fest in der Region verankert ist.
Tradition trifft Naturschutz: Das geschnitzte Holzschild erinnert daran, wie lange der Erhalt der einzigartigen Feldberg-Natur bereits fest in der Region verankert ist. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Wurzeln, Verantwortung und Heimatliebe

Manchmal hat er dieses vielfältige Outdoor-Angebot ein wenig vermisst, in den Zeiten, als er wegen des Studiums oder seines Jobs woanders wohnte. Und vor allem auch die klare, kühle Todtnauer Luft: „Wenn es in Karlsruhe im Sommer manchmal nachts noch an die 30 Grad hatte, konnte ich kaum schlafen“, erinnert er sich. „Da freut man sich dann schon auf das Wochenende in der Heimat.“ Mal richtig tief und lange schlafen…

„Da freut man sich dann schon auf das Wochenende in der Heimat.“
(Maximilian Melch)
Versteckt im dichten Tann – die Obere Rotenbachhütte bei Todtnau, umgeben von mystischem Nebel und unberührter Natur. Ein Ort der Ruhe
Versteckt im dichten Tann – die Obere Rotenbachhütte bei Todtnau, umgeben von mystischem Nebel und unberührter Natur. Ein Ort der Ruhe © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Beruflich für die Region unterwegs

Dort oben, im Ortsteil Muggenbrunn, wo er inzwischen wieder zu Hause ist, engagiert Maximilian sich in einem weiteren Verein, der Freiwilligen Feuerwehr. Rund um Todtnau unterwegs ist er nicht nur in seiner Freizeit, sondern oft auch beruflich – etwa, wenn er eine der rund 40 Trinkwasserquellen prüft, die teilweise mitten im Wald versteckt sind. Als Technischer Betriebsleiter bei den Energieversorgung Oberes Wiesental trägt er Verantwortung für die Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung der Todtnauer. Wie es im Hochschwarzwald bereits seit Jahrhunderten praktiziert wird, setzt das Unternehmen auf Wasserkraft als erneuerbare Energiequelle.

Technik, die im Verborgenen wirkt: Maximilian Melch bei der Kontrolle der Wasserversorgung
Technik, die im Verborgenen wirkt: Maximilian Melch bei der Kontrolle der Wasserversorgung © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Für eine lebenswerte Zukunft

„Eine möglichst intakte Naturlandschaft an die nächsten Generationen weiterzugeben, wäre mir sehr wichtig“, sagt Maximilian – nicht nur, weil der Schwarzwaldverein ein eingetragener Naturschutzverein ist. „Man möchte ja nicht, dass die eigenen Kinder mal in einer Welt zurechtkommen müssen, die kaum mehr tragbar ist, weil wir über unseren Verhältnissen gelebt haben.“ Nein – auch sie sollen sich beim Wandern noch fühlen können wie Gott in Todtnau …

„Eine möglichst intakte Naturlandschaft an die nächsten Generationen weiterzugeben, wäre mir sehr wichtig“
(Maximilian Melch)