Wo Genuss entsteht: Die Honigmeisterei in Schonach
Hund, Katze, Vogel, Fisch: Es gibt viele, die sich ein Tier halten. Nicht so der Schonacher Tim Schreiber. Er hat nicht eines, sondern mindestens 165.000, denn seine Leidenschaft sind seine elf Honigbienenvölker. Aus deren Bienenstöcken gewinnt er hauseigenen Honig und vertreibt ihn unter der Marke Honigmeisterei.
Tim Schreiber kam über seinen Garten zum Imkern. Denn als er und seine Frau Claudia ihr Eigenheim mit riesigem Hanggrundstücks kauften, sollte der große, im Stil der 60iger-Jahre gehaltene Garten naturverträglicher werden. So pflanzte Schreiber heimische, blühende Pflanzen, um Insekten eine perfekte Nahrung zu bieten. „Ich tauchte immer tiefer in die Materie ein und so kam der Wunsch auf, Bienen zu halten.“
Doch das Thema stellte sich als komplex heraus, man brauche ein paar Jahre, bis man drin sei – und Unterstützung. Deshalb engagierte sich Schreiber im Imkerverein Triberg, und ein Imkerpate brachte ihm das bestechend schöne Hobby nahe. Parallel machte er Imkerschulungen und legte sich schließlich seine ersten beiden Völker zu.
Wenn der 42-Jährige heute von der Imkerei und seinen Schützlingen erzählt, gerät er ins Schwärmen: „Bienen sind faszinierende Wesen. Sie haben ein Gespür dafür, ob man ruhig ist oder nicht. Deshalb ist für mich die Arbeit an den Bienen ein guter Ausgleich, der mich runterbringt.“ Schreiber liebt es, seine Schützlinge zu beobachten, beim Honigtanz oder beim Ausschwärmen. „Es ist spektakulär, wenn eine Wolke da draußen rumfliegt, man bekommt richtig Respekt vor ihnen.“
Riskante Freizeitbeschäftigung
Ungefährlich ist Schreibers Hobby für ihn aber nicht. Denn es stellte sich heraus, dass er im Laufe der Zeit eine Allergie gegen Bienengift entwickelt hatte. „Da gab es die Überlegung, ob ich aufhören muss.“ Stattdessen ließ er sich sensibilisieren, hat stets ein Notfallset dabei und trägt einen kompletten Schutzanzug. „Wenn man einmal mit der Imkerei angefangen hat, ist es schwierig, wieder aufzuhören. Das lässt einen nicht mehr los.“
"Das Schwierigste am Honigmachen? Gar nichts", sagt Claudia Schreiber, der Imker müsse ja nur den Honig rausholen. Doch ganz so einfach hört es sich nicht an, wenn ihr Mann seine vielen Aufgaben aufzählt: Winterfutter rein- und wieder rausnehmen, den Bienen freie Waben geben, Honigräume aufsetzen, sortenreinen Honig entnehmen nach der jeweiligen Tracht – so nennt man das Angebot an Nektar oder Pollen, das Pflanzen oder Honigtauquellen liefern – und, und, und.
Schreiber achtet darauf, dass es dem Volk gutgeht und gibt ihm bei Krankheiten entsprechende natürliche Mittel. Und fängt ein Volk an, bei anderen Völkern zu räubern, muss Schreiber das Räubervolk mindestens drei Kilometer weit wegtragen, damit es sich wieder auf die ursprüngliche Art des Honigmachens besinnt.
Von der Blüte zum Honig
Denn der Honig selbst stammt vom Nektar, den Bienen aus Blüten saugen. Waldhonig kommt vom Honigtau, den Ausscheidungen von pflanzensaftsaugenden Insekten, die jedoch nicht deren Verdauungssystem durchlaufen: „Die filtern bestimmte Stoffe heraus und spritzen den Rest weg“, so Schreiber. Über den Honigmagen der Biene kommen Nektar oder Honigtau in die Wabe, werden von den Bienen getrocknet und mit Wachsplättchen verdeckelt. „Honig wurde schon als Bienenkotze verunglimpft. Aber der Honigmagen der Biene ist dem Verdauungssystem vorgelagert“, stellt Schreiber klar.
Die Waben werden dann vom Imker bei der Ernte entnommen. Damit das möglichst ruhig vonstattengeht, wird etwas Rauch ins Bienenvolk geblasen. „Da macht man sich die Evolution zunutze und dass Bienen vom Waldbrand betroffen waren“, erklärt Schreiber. Deshalb füllen Bienen dann den Honigmagen auf und machen sich fluchtbereit – vollgetankt und friedlich. Nun kann der Imker die Waben entdeckeln, den Honig entnehmen, schleudern, sieben und abfüllen.
Die Honigmeisterei stellt verschiedene Wald- und Blütenhonigsorten her inklusive einer Winteredition mit Kardamom, Zimt und Ingwer. Auch Wachs für Cremes oder zum Kerzengießen vermarktet Schreiber ebenso wie Propolis-Tinktur. Bekannte holen den Honig direkt vor Ort ab. Manchmal stehen auch Touristen vor der Tür, dank Mund-zu-Mund-Propaganda oder Google-Suche – die Honigmeisterei verkauft ihren Honig auch online.
Doch nicht nur der Imker und die Bienen haben Anteil am Endprodukt, erklärt Schreiber abschließend: „Das Terroir, also das, was in der Umgebung wächst, ist das A und O. Die Tracht hier ist sehr intakt und abwechslungsreich. Und das ist gut für die Bienen und den Honig.“
Genusstipp:
„Mit unserem Honig kann man eine sehr gute Salatsoße machen. Da haben schon gestandene Hauswirtschafterinnen gesagt, dass sie nichts mehr anderes kochen“, sagt Tim Schreiber. In die Salatsoße kommt etwas Brühe, Balsamicoessig, Senf, ein bisschen Honig, Olivenöl und Kräuter wie Thymian und Lavendel hinein, wird vermischt und schmeckt besonderes lecker zu Feldsalat mit Speckstreifen.