Die Vielfalt der Farben – gelb, orange, rot, blau, violett oder weiß – ist fast genau so groß wie die Vielfalt der Pilzformen.

Barbara geht in die Pilze

Wer sucht, der findet wirklich!
22.10.2013

von Barbara Bollwahn

Sie ducken sich mit ihren dunklen Kappen unter Ästen und tarnen sich mit Gräsern und Blättern oder sie zeigen sich ganz offen in ihrer Pracht. Derzeit wachsen so viele Maronen und Steinpilze im Hochschwarzwald, dass es eine wahre Freude ist.

Mit etwas Glück ist in einer Stunde der Korb so voll, dass es für eine anständige Mahlzeit für mehrere Personen reicht und noch Pilze zum Trocknen für Soßen oder für Risotto im Winter übrigbleiben.

Der Grund für das Wachstum ist das Wetter. Bis in den Juli hinein gab es dieses Jahr kein richtiges Sommerwetter und auch in den Frühjahrsmonaten war es zu kalt, so dass Sammler schon das magerste Pilzvorkommen seit zehn Jahren befürchteten. Doch jetzt sorgen milde Herbsttemperaturen und gute Bodenfeuchtigkeit dafür, dass sich diese Befürchtung nicht bewahrheitet. Und auch wer sich nicht mit Pilzen auskennt, langweilt sich nicht im Wald. Denn die Vielfalt der Farben - gelb, orange, rot, blau, violett oder weiß – ist fast genau so groß wie die Vielfalt der Pilzformen.

Pilzkurse an Volkshochschulen und Führungen mit Pilzexperten im Wald – Angesichts bis zu 200 giftigen Pilzarten in Deutschland macht das durchaus Sinn.
Pilzkurse an Volkshochschulen und Führungen mit Pilzexperten im Wald – Angesichts bis zu 200 giftigen Pilzarten in Deutschland macht das durchaus Sinn. © Barbara Bollwahn

Steinpilze, die gut an der Netzzeichnung am Stiel zu erkennen sind, lassen das Herz jedes Pilzsammlers höher schlagen. Ihr Name rührt nicht daher, dass er neben Steinen wächst, sondern dass sein Fleisch härter ist als das der meisten anderen Pilze. Ganz wunderbar lässt sich aus dem ausgezeichneten Speisepilz auch eine Art Carpaccio machen – roh in dünne Scheiben geschnitten, mit Olivenöl beträufelt, Meersalz und Pfeffer drauf, und schon hat man eine wunderbare Vorspeise. Weitaus häufiger als Steinpilze sind Maronen anzutreffen, auch Braunkappen oder Maronenröhrlinge genannt, die dem Steinpilz durchaus ebenbürtig im Geschmack sind und noch bis in den November hinein wachsen. Einfach in Butter gebraten, etwas Salz und Petersilie dazu, schmecken sie wunderbar mit Rührei oder in einem Omelette.

Schonzeit für den Pfifflerling?

Mit ein wenig Glück finden sich noch junge Flaschenstäublinge, die im Volksmund aufgrund ihrer Form auch Flaschenbovist genannt werden. Für die Pfanne kommen nur die jungen, weißen Exemplare in Frage, die, in Scheiben geschnitten und in Butter gebraten, einen milden Geschmack haben, der etwas an Anis erinnert. Mit zunehmender Reife verfärben sich die Flaschenboviste, auf deren Oberfläche kleine Warzen und Stacheln wachsen, gelblich bis graubraun, die Fruchtmasse im Inneren des Kopfes zerfällt zu olivbräunlichem Sporenpulver, das der Wind dann verbreitet.

Ein junger Flaschenbovist
Ein junger Flaschenbovist © Barbara Bollwahn

Bedeutend leichter für den Laien ist der gelbe Pfifferling zu erkennen, der sich jetzt noch in kleinen Mengen finden lässt. In Baden-Württemberg, so rät der Naturschutzbund Deutschland, sollten Pfifferlinge aber möglichst nicht gesammelt werden, weil sie hier stark rückläufig sind. Ob dieser Appell fruchtet, ist fraglich. Denn viele Schwarzwälder kennen nur den Pfifferling und nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“, lassen sie Maronen und Steinpilze stehen. Nicht zu vergessen ist das Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl, das dafür sorgte, dass eine ganze Generation mit Pilzerfahrung fehlte. Dass sich das jetzt ändert, zeigen gut besuchte Pilzkurse an Volkshochschulen und Führungen mit Pilzexperten im Wald. Angesichts bis zu 200 giftigen Pilzarten in Deutschland macht das durchaus Sinn.

Sammelverbot 1976: Der Wald war wie geplündert.

Auch wenn die Pilze derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen, dieser Kalauer sei erlaubt, darf man längst nicht so viele sammeln, wie man will. Die Mengen regelt das Waldgesetz für Baden-Württemberg. Dieses erlaubt, „pflanzliche Erzeugnisse des Waldes“, zu denen Pilze gehören, in ortsüblicher Menge zu sammeln. Gemeint ist etwa ein Kilogramm pro Person.

Maronen: Einfach in Butter gebraten, etwas Salz und Petersilie dazu, schmecken sie wunderbar mit Rührei oder in einem Omelette.
Maronen: Einfach in Butter gebraten, etwas Salz und Petersilie dazu, schmecken sie wunderbar mit Rührei oder in einem Omelette. © Barbara Bollwahn

Immer wieder schnappt die Polizei professionelle Pilzsammler, die dem gewerblichen Sammeln nachgehen, das nicht erlaubt ist. Einmal trieben sie es so arg, dass zum ersten Mal in der Bundesrepublik ein totales Sammelverbot erlassen wurde. Das war 1976. Sammler plünderten im Auftrag von Konservenfabriken die Wälder, rissen Pilze mit Stumpf und Stiel heraus und beschädigten das Mycel, das unterirdische Pilzgeflecht, so dass eine Rechtsverordnung des Freiburger Regierungspräsidiums in drei Landkreisen erlassen wurde, die ein totales Sammelverbot vorschrieb. Die Pilzflora sollte sich regenerieren. Das auf ein Jahr befristete Totalverbot sollte dafür sorgen, dass im Schwarzwald auch in den kommenden Jahrzehnten möglichst viele Pilze wachsen.