Der Wald und ich
Viel wird über ihn gesprochen in letzter Zeit – über seinen Zustand, seine Geheimnisse und
seine Zukunft. Er ist Arbeitgeber und Freizeitraum, wirkt vertraut und nah und gleichzeitig
tief und unergründlich: der Wald. Vier Menschen aus dem Hochschwarzwald, die mit ihm
aufgewachsen sind und sich täglich in ihm bewegen, haben uns erzählt, was der Wald für sie
ganz persönlich bedeutet.
Gisela Schreiber
Gästeführerin, Heilpflanzen- sowie Waldbaden-Expertin aus Löffingen
Schon von klein auf war ich ständig im Wald, etwa zum Pilze und Beeren sammeln oder Reisigwellen machen. Meine Mutter hat dabei sogar oft gesungen – ihr ist dort immer richtig das Herz aufgegangen. Wenn ich heute im Wald bin, kann ich alles vergessen, was sonst im Leben oder auf der Welt schiefläuft. Seine positive Wirkung auf das Wohlbefinden ist wissenschaftlich belegt: Die Duftstoffe der Nadelbäume helfen zum Beispiel, den Blutdruck und den Puls zu senken. Diese Effekte sind noch Tage nach einem Waldaufenthalt nachweisbar.
Der Wald ist im Grunde ja das, was den Hochschwarzwald ausmacht. Wer ihn mal ganz intensiv erleben möchte, dem empfehle ich, alle Sinne zu integrieren: fühlen, riechen, schmecken. Oder mal die Augen zumachen und mit den Fingerspitzen das Moos oder eine Baumrinde spüren. Dafür gibt es eine Vielzahl an tollen Plätzen im Hochschwarzwald.
Mein Wald-Tipp:
Meinen persönlichen Lieblingsplatz verrate ich natürlich nicht – aber ich mag lichte Orte besonders, wo Moos wächst und vielleicht noch ein kleines Bächlein fließt. Einen speziellen Tipp habe ich doch: Es ist unglaublich faszinierend, für fünf Minuten mal einfach nur einen Ameisenhaufen zu beobachten.
Stefanie Doll
Physiotherapeutin und Ausdauersportlerin aus Hinterzarten
Unser Wald ist so vielfältig – allein der Geruch: Wenn es regnet, duftet er ganz anders, als wenn es länger trocken war. Dann die Geräusche, das Rauschen der Blätter, die Vogelstimmen. Auch die Farben: Im Frühjahr ist alles saftig und grün, im Herbst leuchten die bunten Farben der Blätter, im Winter ist es meist grau und monoton. Aber auch das hat für mich seinen Reiz.
Da komme ich runter, kann abschalten oder nachdenken und habe oft positive Gedanken. In Städten merke ich, dass ich ziemlich schnell nervös und hibbelig werde. Ich bin Ausdauersportlerin und brauche einfach die Bewegung. Das ist in der Natur deutlich abwechslungsreicher und fällt mir leichter als in der Stadt. Die Landschaft im Hochschwarzwald bietet sich dafür auch an: Die Hochtäler und Plateaus eignen sich bestens zum Fahrradfahren oder Laufen. Im Wald gibt es unzählige urige Pfade, aber auch viele breite Wege, da ist für jeden etwas dabei. Diese Natur zu erhalten, finde ich sehr wichtig.
Mein Wald-Tipp:
Frühmorgens erlebe ich den Wald am intensivsten: wenn noch Nebelschwaden in den Tälern oder über den Wäldern hängen und die Sonne dann über dem Berg hervorblinzelt. Ein schöner Ort zu dieser Tageszeit ist die Gegend um den Hinterwaldkopf bei Hinterzarten. Auch abends vor Sonnenuntergang ist die Stimmung im Wald ganz besonders.
Marisa Schwenninger
Försterin und Waldpädagogin am Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises
Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht im Wald bin. Wenn ich mal nicht beruflich dort bin, zieht es mich privat hin, zum Pilze sammeln oder joggen. Und doch entdecke ich fast immer Neues, er fasziniert mich ständig neu. Gemeinsam mit Jugendlichen und Erwachsenen den Wald zu erleben und seine Vielfalt zu erkennen – das gibt mir sehr viel. Ich sehe meinen Beruf als Privileg an, nicht als „Arbeit“. Wenn ich mal aus einem längeren Urlaub zurückkomme und dann wieder die bewaldeten Höhenrücken sehe, fühle ich mich glücklich – und daheim.
Hin und wieder frage ich Schulkinder: „Was ist Wald?“ Die erste Antwort lautet oft: „Er liefert Baustoff für unsere Häuser.“ Aber er ist noch so viel mehr: Er gibt uns und reinigt unser Trinkwasser, schützt Siedlungen vor Sturm und Hochwasser, ist Lärmschutz und Heimat vieler Tier- und Pflanzenarten, liefert den Rohstoff für Holzprodukte, die wir täglich nutzen. Und er dient uns zur Erholung und lässt uns zur Ruhe kommen. Keinen dieser vielfältigen Aspekte möchte ich missen. Der Wald ist Lebensgrundlage für so viele und prägt die Landschaft im Hochschwarzwald immens. Darum ist es eine wichtige Aufgabe von uns allen, auf diese Vielfalt aufmerksam zu machen und den Erhalt unseres Waldes zu gewährleisten.
Mein Wald-Tipp:
Losziehen, Zeit nehmen und bewusst mit aufmerksamen Augen durch den Wald
gehen, statt mit dem Smartphone Erinnerungsfotos zu schießen.
Sebastian Bolkart
Forstwirt und Waldbesitzer aus Schonach
Für mich hat der Wald mehrere Aspekte. Einerseits ist er mein Arbeitsplatz, liefert mir eine Verdienstmöglichkeit und ist ein Wirtschaftsfaktor. Andererseits hat der Wald aber auch eine Erholungsfunktion, soll schön, gesund und vielfältig sein. Bei meiner Arbeit bin ich mir meiner Verantwortung für die nachfolgenden Generationen bewusst und muss mich immer fragen, welche Konsequenzen mein Tun hat. Denn was ich heute pflanze, daran werde ich selbst höchstwahrscheinlich nichts mehr verdienen.
Wenn ich nicht im Wald arbeite, gehe ich dort gern wandern. Das ist für mich ein gelungener Ausgleich. In der Freizeit gehe ich aber ganz anders in den Wald, nicht mit der Forstwirt-Brille. Da kann ich dann ganz gut abschalten und Erholung finden.
Der Wald ist essenziell für den Hochschwarzwald. Er steckt ja schon im Namen. Ich glaube, dass er in den Menschen irgendetwas auslöst – egal, ob er eher einen lichten und lieblichen Charakter hat oder düster und mystisch ist. Mit diesem Düsteren verbinden viele Leute die alten Schwarzwald-Sagen. Auch das gehört zum Charakter der Region.
Mein Wald-Tipp:
Mir gefällt der Wald in der Gegend zwischen Furtwangen und den Zweribachfällen bei St. Märgen besonders, rund um den ehemaligen Königenhof und den Balzer Herrgott. Es gibt dort große Höhenunterschiede auf kleinem Raum, steile Waldhänge, und die Aussicht ist an vielen Stellen grandios.