Langlauf Wissen 2

Die richtigen Langlaufski, Stöcke und Skiwachs
03.02.2024

von Patrick Kunkel

Was man als Skilanglauf-Anfänger bei der Wahl des Langlaufskis und der Stöcke beachten sollte erklären Gerd Süßbier, der am Feldberg Langlaufkurse gibt und Alfred Faller vom Skimuseum Hinterzarten. Außerdem erfährst du hier mehr über die richtige Wachstechnick für Langlaufskier.

Der Langlaufski

Die Ski schaben mal wieder kratzend in der Spur, auch bergab geht es nur langsam voran. Alle anderen gleiten vorbei. Warum bloß sind die so schnell? Vielleicht liegt's am Schuppenski? Alte Schwarzwälder Loipenhasen bevorzugen klassische Wachsski. Mit gutem Grund. Langlauf-Experte Gerd Süssbier erklärt mir die Unterschiede zwischen Schuppe- und Wachsski und meint: „Mehr Mut zum Wachs!“

Langlaufskis

Alte Schwarzwälder Loipenhasen bevorzugen klassische Wachsski © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Stirbt der Wachsski aus?

Nein, definitiv nicht. In den letzten fünf Jahren ist sogar ein Revival der klassischen Technik und des Wachskis zu beobachten. Auch junge Athleten haben den Reiz des Klassischlaufens wieder entdeckt.

Dennoch hat's der Wachsski schwer... Wieso?

Wer heute als Langlaufneuling ein Sportgeschäft betritt, kommt zu 99 Prozent mit einem Schuppenski wieder heraus. Und mit der Gewissheit, ein Rundumsorglos-Paket erworben zu haben.  Nach den ersten Langlauftagen wird er zunächst die Aussagen des Fachverkäufers bestätigt finden: Der Schuppenski verhält sich gutmütig in der Spur und greift im Anstieg perfekt. Aber bei dem ersten kalten Wintertag mit Neuschnee werden bei den etwas ambitionierten Läufern und Läuferinnen Fragezeichen aufkommen. Wie machen das andere Langläufer, dass sie in leichten Abfahrten nicht mit den Stöcken schieben müssen und sogar auf Flachstrecken leicht dahingleiten, während man selbst aus dem Stapfen nicht rauskommt? Einfache Antwort: Sie nutzen Wachsski. Der Schuppenski läuft in aller Regel deutlich schlechter und ein echtes Langlaufgefühl kommt nicht auf. Das gibt es nur mit Wachsski.

Schuppenski oder Wachsski - das ist hier die Frage!
Schuppenski oder Wachsski - das ist hier die Frage! © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Aber Wachsen soll ja eine Kunst sein, die nur schwer erlernbar ist?

Das hängt von den Schneeverhältnissen ab. Sind die eindeutig, also gibt es zum Beispiel durchgehend Pulverschnee bei Minusgraden, ist es ganz einfach. Den passenden unter fünf oder sechs verschiedenen Sorten Steigwachs auftragen und in wenigen Minuten ist der Ski präpariert.  Damit ist man jedem Schuppenski deutlich überlegen. Anders ist es, wenn unterwegs trockener Pulverschnee und Nassschnee wechseln oder bei Neuschnee um Null Grad. Dann ist die Wachserei tatsächlich schwierig und auch Profis greifen dann zur Schuppe.

Was also tun?

Vor allem mehr Mut zum Wachs haben! Mit der Zeit wird man auch schwierigere Schneeverhältnisse meistern. Und wer es sich leisten kann, sollte tatsächlich zwei paar Ski haben: ein paar Wachsski für einfache Verhältnisse und unbeschwertes Laufen und ein paar Schuppenski oder auch Skatingski für Wechselschneetage. Damit "fahre" ich schon seit vielen Jahren prima.

Langlauf Herzogenhorn

Ein Tag mit perfekten Schneebedingungen. Mit der Zeit wird man auch schwierigere Schneeverhältnisse meistern. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Die Stöcke

Langlaufen ohne Stock: Geht gar nicht. Doch welcher Stock ist der richtige? Die Auswahl ist riesig. Skatingstock? Klassischer Stock? Ein Stock aus Alu? Oder Carbon? Früher war alles viel einfacher, weiß man im Schwarzwälder Skimuseum in Hinterzarten.

„Sie waren aus Holz gefertigt und ursprünglich benutzten die Skifahrer in Norwegen wie auch im Schwarzwald nur einen Stock, der nicht nur für den Stockeinsatz, sondern gleichzeitig auch als Waffe zur Abwehr gegen wilde Tiere verwendet wurde.“
(Alfred Faller, Skimuseum Hinterzarten)
Langlaufkurs

Carbonstöcke, jedenfalls die guten, sind deutlich leichter, haben viel bessere Dämpfungseigenschaften und sind sehr flexibel. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Der Vater der Stöcke hat eine bewegte Vergangenheit 

Im Wintersport ist der Langlaufstock quasi der Vater aller Stöcke. Und einer mit einer bewegten Vergangenheit. Nach der Ein-Stock-Methode gingen Wintersportler zu Beginn des 20. Jahrhunderts dazu über, zwei Stöcke zu benutzen, die überwiegend aus Haselnussholz gefertigt waren, wie Alfred Faller erklärt. „Später kamen dann Stöcke aus Bambusholz hinzu, etwa bis in die 50er Jahre. Später stellte man dann Stöcke aus Metall her oder aus Kunststoffen, die bedeutend leichter waren. Wichtig wurde auch die Schlaufe und der Griff am Stock, die der Hand angepasst wurden. Heute sind fast alle leichten Stöcke aus Carbon.“

Seit ein paar Jahren hat der Stock eine ungeahnte Diversifizierung hingelegt, um es mal beschönigend auszudrücken. Es gibt Walking-, Running-, Geh-, Wander-, Alpin-, Langlauf- und wer weiß welche Stöcke. Sie bestehen aus Carbon, Aluminium oder Fiberglas. Trigger Shark Systeme sorgen für „optimalen Vortrieb und höchsten Komfort“, Griffe sind ergonomisch und anstatt ganz normaler Schlaufen heißen die Teile heute manchmal: Rabbit-Carbon-Schlaufe. Wer soll da noch durchblicken?

Verena Möst erklärt die Doppelstocktechnik den Kursteilnehmern auf dem Thurner.

Verena Möst erklärt die Doppelstocktechnik. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Ein modernes Gurtsystem lohnt sich

Wesentlich beim Langlauf sind zwei Dinge: Die Stöcke sollten bei Klassik-Langlaufstöcken von der Länge her bis unter die Achselhöhle reichen, sagt Alfred Faller. Skatingstöcken sollten bis unters Kinn langen – mehr oder weniger. Die simplen Schlaufen von einst sind heute etwas ausgefeilter und da lohnt es sich tatsächlich, ein modernes Gurtsystem anzuschaffen, aus dem die Hand nicht mehr hinausrutschen kann. So bringt man die Kraft optimal in den Stock und kann den Stock auch leichter und exakter wieder zurückführen. Alles andere ist vor allem eine Frage des Geldbeutels und der persönlichen Vorlieben. 

"Alustöcke sind günstiger, aber auch weniger flexibel. Carbonstöcke, jedenfalls die guten, sind deutlich leichter, haben viel bessere Dämpfungseigenschaften und sind sehr flexibel."
(Alfred Faller, Skimuseum Hinterzarten)
Mit einem modernen Gurtsystem bringt man die Kraft optimal in den Stock und kann den Stock auch leichter und exakter wieder zurückführen.
Mit einem modernen Gurtsystem bringt man die Kraft optimal in den Stock und kann den Stock auch leichter und exakter wieder zurückführen. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Skiwachs

Öffnet der Profi seinen Skiwachskoffer, staunt der Laie nicht schlecht. Wie in einer Alchemistenküche geben sich da Tübchen, Flaschen, Schaber, Tücher und Pülverchen ein Stelldichein. Wer bitte soll da durchblicken? Aber die geheimnisvolle Aura der Wachstechniker darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Skiwachsen im Prinzip ganz einfach ist. Langlauf-Experte Gerd erklärt mir, wie es funktioniert.

“Legt man Skier mit den Unterseiten aufeinander, zeigt sich, dass Skier keine einfachen Bretter sind, sondern dass sie eine Wölbung mit einer gewissen Spannung aufweisen"
(Gerd Süßbier, Langlauflehrer)

Gerd Süßbier, der am Naturfreundehaus Feldberg Langlaufkurse gibt, unterweist uns blutige Wachsski-Novizen auch in der richtigen Wachstechnik: „Steht der Langläufer auf beiden Skiern, ruht das Gewicht mehr oder weniger nur auf den Skienden, die Zone unter den Füßen schwebt über dem Schnee. Verlagert er dann sein ganzes Gewicht auf einen Ski, drückt er auch den mittleren Skibereich, die Steigzone, in den Schnee. Dann können sich die dortigen Schuppen im Schnee verhaken und geben den nötigen Halt für den Abdruck.“ Das gleiche, meint Gerd, passiere beim Wachsski, nur sorge das Steigwachs statt der Schuppen für den nötigen Griff: „Schneekristalle graben sich beim Abstoß in die Wachsschicht und lösen sich beim Vorwärtsgleiten wieder heraus. Der Ski gleitet und hält!“ Für gute Gleiteigenschaften empfehle es sich außerdem, die Gleitzonen regelmäßig mit Gleitwachs zu präparieren.

Langlauf im Hochschwarzwald

Schneekristalle graben sich beim Abstoß in die Wachsschicht und lösen sich beim Vorwärtsgleiten wieder heraus. Der Ski gleitet und hält! © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Das richtige Wachs machts

Angeblich haben die Eskimos ein paar Dutzend Ausdrücke für die verschiedenen Schneearten und das ist auch angemessen. Das ist für den Skifahrer deshalb bedeutsam, weil das Steigwachs zum Schnee passen muss.

„Ist das Wachs zu hart, können sich die Schneekristalle nicht in die Wachsschicht eingraben: Der Ski findet keinen Halt. Ist das Wachs zu weich, bleiben die Schneekristalle hängen: Es gibt Stollen. Um beides zu verhindern, gilt es das richtige Steigwachs zu wählen.“
(Gerd Süßbier, Langlauflehrer)

Hartwachs und Klister

Ein genauer Blick auf die weiße Pracht zeigt, dass es kristallinen Schnee mit den schönen Sternen gibt (Neuschnee) und Schnee, der aus kleinen Eiskörnchen besteht (Altschnee) und der schon Auftau- und Gefriervorgänge hinter sich hat. Das macht die Sache etwas komlizierter: „Weil diese beiden Grundarten ganz andere Eigenschaften haben, gibt es auch zwei ganz verschiedenen Arten Steigwachs: Hartwachs für kristallinen Neuschnee und Klister für Altschnee“, sagt Gerd. „Weil die Schnee- oder Eisarten mit sinkender Temperatur immer härter werden, gibt es dann je für Klister und für Hartwachs rund ein halbes Dutzend unterschiedlicher Sorten von eiskalt bis warm. Mit rund 10 bis 15 Wachsen ist man also ausreichend gerüstet.“ Man müsse nur ermitteln ob der Schnee noch aus Kristallen besteht oder nicht und außerdem die Temperatur messen oder schätzen, meint Gerd. „Genauigkeit ist aber nur im Nullgradbereich und bei Neuschnee angesagt, weil sich dann die Schneebeschaffenheit schnell ändert und der Griff in die Wachskiste zu einem Lotteriespiel werden kann. Ob aber der Neuschnee minus 10 oder minus 15 Grad hat, ist ziemlich egal und ob es im März 5 oder 10 Grad plus hat, kümmert den Klister wenig.“

Hilfestellungen findet man im Internet oder in den Wachsfibeln verschiedener Wachshersteller. Und es ist keine Schande, Langlaufprofis um Rat zu fragen. Vielleicht ergeben sich wertvolle Einsichten oder einfach ein nettes Gespräch.