Langlauf Wissen 2
Was man als Skilanglauf-Anfänger bei der Wahl des Langlaufskis und der Stöcke beachten sollte erklären Gerd Süßbier, der am Feldberg Langlaufkurse gibt und Alfred Faller vom Skimuseum Hinterzarten. Außerdem erfährst du hier mehr über die richtige Wachstechnick für Langlaufskier.
Der Langlaufski
Die Ski schaben mal wieder kratzend in der Spur, auch bergab geht es nur langsam voran. Alle anderen gleiten vorbei. Warum bloß sind die so schnell? Vielleicht liegt's am Schuppenski? Alte Schwarzwälder Loipenhasen bevorzugen klassische Wachsski. Mit gutem Grund. Langlauf-Experte Gerd Süssbier erklärt mir die Unterschiede zwischen Schuppe- und Wachsski und meint: „Mehr Mut zum Wachs!“
Stirbt der Wachsski aus?
Nein, definitiv nicht. In den letzten fünf Jahren ist sogar ein Revival der klassischen Technik und des Wachskis zu beobachten. Auch junge Athleten haben den Reiz des Klassischlaufens wieder entdeckt.
Dennoch hat's der Wachsski schwer... Wieso?
Wer heute als Langlaufneuling ein Sportgeschäft betritt, kommt zu 99 Prozent mit einem Schuppenski wieder heraus. Und mit der Gewissheit, ein Rundumsorglos-Paket erworben zu haben. Nach den ersten Langlauftagen wird er zunächst die Aussagen des Fachverkäufers bestätigt finden: Der Schuppenski verhält sich gutmütig in der Spur und greift im Anstieg perfekt. Aber bei dem ersten kalten Wintertag mit Neuschnee werden bei den etwas ambitionierten Läufern und Läuferinnen Fragezeichen aufkommen. Wie machen das andere Langläufer, dass sie in leichten Abfahrten nicht mit den Stöcken schieben müssen und sogar auf Flachstrecken leicht dahingleiten, während man selbst aus dem Stapfen nicht rauskommt? Einfache Antwort: Sie nutzen Wachsski. Der Schuppenski läuft in aller Regel deutlich schlechter und ein echtes Langlaufgefühl kommt nicht auf. Das gibt es nur mit Wachsski.
Aber Wachsen soll ja eine Kunst sein, die nur schwer erlernbar ist?
Das hängt von den Schneeverhältnissen ab. Sind die eindeutig, also gibt es zum Beispiel durchgehend Pulverschnee bei Minusgraden, ist es ganz einfach. Den passenden unter fünf oder sechs verschiedenen Sorten Steigwachs auftragen und in wenigen Minuten ist der Ski präpariert. Damit ist man jedem Schuppenski deutlich überlegen. Anders ist es, wenn unterwegs trockener Pulverschnee und Nassschnee wechseln oder bei Neuschnee um Null Grad. Dann ist die Wachserei tatsächlich schwierig und auch Profis greifen dann zur Schuppe.
Was also tun?
Vor allem mehr Mut zum Wachs haben! Mit der Zeit wird man auch schwierigere Schneeverhältnisse meistern. Und wer es sich leisten kann, sollte tatsächlich zwei paar Ski haben: ein paar Wachsski für einfache Verhältnisse und unbeschwertes Laufen und ein paar Schuppenski oder auch Skatingski für Wechselschneetage. Damit "fahre" ich schon seit vielen Jahren prima.
Die Stöcke
Langlaufen ohne Stock: Geht gar nicht. Doch welcher Stock ist der richtige? Die Auswahl ist riesig. Skatingstock? Klassischer Stock? Ein Stock aus Alu? Oder Carbon? Früher war alles viel einfacher, weiß man im Schwarzwälder Skimuseum in Hinterzarten.
Der Vater der Stöcke hat eine bewegte Vergangenheit
Im Wintersport ist der Langlaufstock quasi der Vater aller Stöcke. Und einer mit einer bewegten Vergangenheit. Nach der Ein-Stock-Methode gingen Wintersportler zu Beginn des 20. Jahrhunderts dazu über, zwei Stöcke zu benutzen, die überwiegend aus Haselnussholz gefertigt waren, wie Alfred Faller erklärt. „Später kamen dann Stöcke aus Bambusholz hinzu, etwa bis in die 50er Jahre. Später stellte man dann Stöcke aus Metall her oder aus Kunststoffen, die bedeutend leichter waren. Wichtig wurde auch die Schlaufe und der Griff am Stock, die der Hand angepasst wurden. Heute sind fast alle leichten Stöcke aus Carbon.“
Seit ein paar Jahren hat der Stock eine ungeahnte Diversifizierung hingelegt, um es mal beschönigend auszudrücken. Es gibt Walking-, Running-, Geh-, Wander-, Alpin-, Langlauf- und wer weiß welche Stöcke. Sie bestehen aus Carbon, Aluminium oder Fiberglas. Trigger Shark Systeme sorgen für „optimalen Vortrieb und höchsten Komfort“, Griffe sind ergonomisch und anstatt ganz normaler Schlaufen heißen die Teile heute manchmal: Rabbit-Carbon-Schlaufe. Wer soll da noch durchblicken?
Ein modernes Gurtsystem lohnt sich
Wesentlich beim Langlauf sind zwei Dinge: Die Stöcke sollten bei Klassik-Langlaufstöcken von der Länge her bis unter die Achselhöhle reichen, sagt Alfred Faller. Skatingstöcken sollten bis unters Kinn langen – mehr oder weniger. Die simplen Schlaufen von einst sind heute etwas ausgefeilter und da lohnt es sich tatsächlich, ein modernes Gurtsystem anzuschaffen, aus dem die Hand nicht mehr hinausrutschen kann. So bringt man die Kraft optimal in den Stock und kann den Stock auch leichter und exakter wieder zurückführen. Alles andere ist vor allem eine Frage des Geldbeutels und der persönlichen Vorlieben.
Skiwachs
Öffnet der Profi seinen Skiwachskoffer, staunt der Laie nicht schlecht. Wie in einer Alchemistenküche geben sich da Tübchen, Flaschen, Schaber, Tücher und Pülverchen ein Stelldichein. Wer bitte soll da durchblicken? Aber die geheimnisvolle Aura der Wachstechniker darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Skiwachsen im Prinzip ganz einfach ist. Langlauf-Experte Gerd erklärt mir, wie es funktioniert.
Gerd Süßbier, der am Naturfreundehaus Feldberg Langlaufkurse gibt, unterweist uns blutige Wachsski-Novizen auch in der richtigen Wachstechnik: „Steht der Langläufer auf beiden Skiern, ruht das Gewicht mehr oder weniger nur auf den Skienden, die Zone unter den Füßen schwebt über dem Schnee. Verlagert er dann sein ganzes Gewicht auf einen Ski, drückt er auch den mittleren Skibereich, die Steigzone, in den Schnee. Dann können sich die dortigen Schuppen im Schnee verhaken und geben den nötigen Halt für den Abdruck.“ Das gleiche, meint Gerd, passiere beim Wachsski, nur sorge das Steigwachs statt der Schuppen für den nötigen Griff: „Schneekristalle graben sich beim Abstoß in die Wachsschicht und lösen sich beim Vorwärtsgleiten wieder heraus. Der Ski gleitet und hält!“ Für gute Gleiteigenschaften empfehle es sich außerdem, die Gleitzonen regelmäßig mit Gleitwachs zu präparieren.
Das richtige Wachs machts
Angeblich haben die Eskimos ein paar Dutzend Ausdrücke für die verschiedenen Schneearten und das ist auch angemessen. Das ist für den Skifahrer deshalb bedeutsam, weil das Steigwachs zum Schnee passen muss.
Hartwachs und Klister
Ein genauer Blick auf die weiße Pracht zeigt, dass es kristallinen Schnee mit den schönen Sternen gibt (Neuschnee) und Schnee, der aus kleinen Eiskörnchen besteht (Altschnee) und der schon Auftau- und Gefriervorgänge hinter sich hat. Das macht die Sache etwas komlizierter: „Weil diese beiden Grundarten ganz andere Eigenschaften haben, gibt es auch zwei ganz verschiedenen Arten Steigwachs: Hartwachs für kristallinen Neuschnee und Klister für Altschnee“, sagt Gerd. „Weil die Schnee- oder Eisarten mit sinkender Temperatur immer härter werden, gibt es dann je für Klister und für Hartwachs rund ein halbes Dutzend unterschiedlicher Sorten von eiskalt bis warm. Mit rund 10 bis 15 Wachsen ist man also ausreichend gerüstet.“ Man müsse nur ermitteln ob der Schnee noch aus Kristallen besteht oder nicht und außerdem die Temperatur messen oder schätzen, meint Gerd. „Genauigkeit ist aber nur im Nullgradbereich und bei Neuschnee angesagt, weil sich dann die Schneebeschaffenheit schnell ändert und der Griff in die Wachskiste zu einem Lotteriespiel werden kann. Ob aber der Neuschnee minus 10 oder minus 15 Grad hat, ist ziemlich egal und ob es im März 5 oder 10 Grad plus hat, kümmert den Klister wenig.“
Hilfestellungen findet man im Internet oder in den Wachsfibeln verschiedener Wachshersteller. Und es ist keine Schande, Langlaufprofis um Rat zu fragen. Vielleicht ergeben sich wertvolle Einsichten oder einfach ein nettes Gespräch.