Irgendwo dort hinten im großen weißen Nichts muss er sein, der Feldberg.

Schneeschuhtour durch den Nebel

Warum eine Schneeschuhtour auf dem Feldberg auch bei Nebel spannend ist
17.05.2022

von Birgit-Cathrin Duval

Im Sommer ist der Feldberg ein harmloses Mittelgebirge. Der Gipfel liegt brav im Sonnenschein, auf den Hochweiden grasen Kühe. Fastforward to Winter: Sturm, Schneetreiben, Nebel, Lawinenabgänge. Der Berg zeigt sich von seiner hochalpinen Seite. Hart aber herzlich.

Wenn das Wetter nicht so ist, wie man es sich wünscht (wolkenlos, kristallblau, Fernsicht bis zum Mont Blanc), wird gerne dieser Satz zitiert: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung.“ So ist es. Dem Wetter sei Dank. Es macht aus dem braven Sommer-Feldberg einen gigantischen Klotz aus Eis und Schnee. Und das finde ich sehr spannend. Deshalb bin ich früh morgens aus dem warmen Bett gestiegen und zum Wanderparkplatz auf den Rinken gefahren. Elemente spüren. Auf zum höchsten Schwarzwald-Gipfel.

Der Winter kommt über Nacht

Dort, wo sich sonst der Baldenweger Buck mit seiner Wächte wie eine gigantische Tsunamiwelle aus Schnee in den Himmel türmt, sehe ich an diesem Morgen nur eins: Nämlich nichts. Irgendwo dort hinten im großen weißen Nichts muss er sein, der Feldberg.

Über Nacht ist der Winter gekommen. Einen Tag zuvor regnete es – und das auf über 1000 Metern Höhe. Über Nacht fielen die Temperaturen und bescherten das ersehnte Weiß. An die 30 Zentimeter Neuschnee sind bis zum frühen Morgen vom Himmel geflockt. Frischer, pulvriger Schnee. Wir – eine Gruppe der Schneeschuhakademie Hinterzarten – sind die ersten, die sich an diesem Morgen auf den Weg zum Berg machen. Wir, das sind 18 Leute, die sich für die Feldberg-Schneeschuhtour angemeldet haben. Alle haben festes Schuhwerk, manche sogar Gamaschen dabei und sind in bunte Goretex-Jacken gehüllt. Die Gruppe ist gut ausgerüstet, stellt Thomas Hilpert von der Schneeschuhakademie fest. Gute Ausrüstung werden wir heute brauchen. „Oben auf dem Gipfel ist es sehr kalt“, gibt Thomas zu bedenken. Und: „Wir haben heute stürmischen Wind.“

Wir sind die ersten, die sich an diesem Morgen auf den Weg zum Berg machen.
Wir sind die ersten, die sich an diesem Morgen auf den Weg zum Berg machen. © Birgit-Cathrin Duval

Nach einer kurzen Einweisung hat jeder seine Schneeschuhe unter die Füße geschnallt und wir marschieren los, hinein in die neblige Wand.

Mit Abstand zum Wald - dem Wild zuliebe!

Beim Abzweig, der uns zur Baldenweger Hütte führt, steht ein grünes Schild. „Naturschutzgebiet Feldberg“. Hilpert erklärt, dass wir Schneeschuhwanderer uns auch im Naturschutzgebiet abseits der befestigten Wege auf freien Flächen bewegen dürfen. Allerdings nur, wenn wir einen Abstand von mindestens 50 Meter zum Wald einhalten. Der Wald ist eine wertvolle Ruhezone und Rückzugsgebiet für Wildtiere und darf nicht betreten werden. Leider sieht man sehr viele Spuren – von Skifahrern und Schneeschuhwanderern, die sich nicht daran halten und dadurch das Auerwild und andere Tiere aufscheuchen. Der Energieverlust, der durch die plötzliche Flucht entsteht, kann durchaus zum Tod der Tiere führen.

Unterhalb der Baldenweger Hütte verlassen wir die gewalzte Straße und den festgetretenen Schnee. Unsere Schneeschuhe sind in ihrem Element: Frischer, unberührter Pulverschnee! Wir befinden uns jetzt unterhalb der Wächte am Baldenweger Buck. Durch den Nebel ist sie nicht auszumachen. Erst in den vergangenen Tagen gab es hier Schneeabbrüche. Reste davon erkennen wir schemenhaft rechterhand am Hang. Tief verschneite Tannenbäume säumen unseren Weg. Stetig bergauf geht es, Schritt für Schritt unterhalb der Ostwand des Baldenweger Bucks. Bis wir endlich den Grat erreichen. Der Wind bläst uns heftig ins Gesicht. Wir kommen uns vor wie Polarforscher auf einer Expedition im hohen Norden. Wie gut, dass wir der Spur unseres Tourguides Thomas folgen. In diesem dichten Nebel hätte ich längst die Orientierung verloren.

Brrr, kalt! Ab in die Hütte!

Von der Wetterwarte ist nichts zu sehen. Dann taucht etwas vor uns auf. Es ist die Plattform des Feldberg-Gipfels. Wir sind angekommen am höchsten Punkt, auf 1493 Metern. Bei guter Sicht hätten wir ein atemberaubendes Alpenpanorama zu bewundern. Atemberaubend ist es – allerdings nicht wegen der Sicht, die gleich null ist. Es ist der eisige Wind, der uns gnadenlos um die Ohren pfeift. Lange halten wir es hier oben nicht aus. Warum auch. Auf der St. Wilhelmer Hütte wartet eine heiße Suppe auf uns. Steil geht es nun abwärts und manch einer beißt in den Schnee, weil er über die Schneeschuhe stolpert.

Unsere Schneeschuhe sind in ihrem Element: Frischer, unberührter Pulverschnee!
Unsere Schneeschuhe sind in ihrem Element: Frischer, unberührter Pulverschnee! © Birgit-Cathrin Duval

Nach der Kälte und dem anstrengenden Bergmarsch kommt eine wärmende Mahlzeit wie gerufen. Die Hüttenwirte Gabi und Baldur Hornig servieren einen leckeren Gemüseeintopf und selbst gebackenes Brot. Gestärkt treten wir nach einer Stunde Rast den Rückweg an.

Versiert führt uns Thomas über den Feldberg zurück Richtung Baldenweger Hütte. Beim Abstieg durch den tiefen Pulverschnee sind unsere Schneeschuhe im Element. „Am besten, ihr lauft gerade den Berg herunter“, erklärt Thomas. Das Schneeschuhwandern wird zum Workout. Denn neben den Beinen sind die Arme mit den Skistöcken permanent im Einsatz – auch jetzt beim Bergabgehen. Sie helfen, das Gleichgewicht zu halten. Dass wir auf dem Gipfel keine Sicht hatten, tut der guten Laune der Gruppe keinen Abbruch. „Lieber habe ich schönen Pulverschnee als vereisten Untergrund und eine schöne Aussicht.“

“Einfach toll, den Schwarzwald mal aus einer anderen Perspektive zu erleben“

Eines wird dennoch bedauert: Dass die Zeit viel zu schnell vergangen ist. Deshalb steht fest: Wir kommen wieder. Um die weiße Weite zu erleben. Beim nächsten Mal aber mit Aussicht.

Mehr Informationen

  • Kurzinterview mit dem Feldberg-Förster Achim Schlosser                                                      Herr Schlosser, was müssen Schneeschuhwanderer im Winter besonders beachten?                                                                      „Auf dem Feldberg kann es immer sehr schnell zu plötzlichen Wetterumstürzen kommen. Der Nebel kann schnell aufziehen und die Sicht reicht vielleicht grade mal noch zehn oder zwanzig Meter weit. Im Schnee verschwimmt der Himmel mit dem Boden und es kommt immer wieder vor, dass Leute umherirren.“        Es ist demnach keine gute Idee, alleine auf eine Gipfeltour zu gehen?                                                 „Wir empfehlen den Besuchern nicht alleine zu gehen. Nebel kann zu jeder Tageszeit auftreten – und das sehr plötzlich. Oben auf dem Gipfel herrscht oft sehr starker Wind und da ist die Gefahr des Auskühlens recht groß.“            Können Lawinen für Schneeschuhwanderer gefährlich sein?                                                             „Es gibt ein paar Stellen, die man meiden sollte. Dort können jederzeit abbrechen. Das hängt von den Witterungsverhältnissen ab. Schneeschuhwanderer sollten sich die Winterkarte im Haus der Natur besorgen auf der die Gebiete eingezeichnet sind, die man meiden sollte.“                                                                              Was muss man in Sachen Naturschutz beachten?                                                                      „Das Betreten der Waldflächen ist verboten. Das gilt für alle Wintersportler. Auf den Freiflächen darf man sich mit einem Abstand von 50 Metern zum Wald frei bewegen. Viele Wege sind im Winter gesperrt, weil die durch Ruhezonen von Auerwild führen.“