Schneeschuhwandern mit Guide im Hochschwarzwald

Winter hoch drei
27.10.2021

von Pascal Cames

Wie lernen Kinder gehen? Indem sie gehen. So ähnlich funktioniert es auch mit Schneeschuhen unter dem Stiefel. Mit Unterstützung von Thomas Hilpert von der Schneeschuh Akademie in Hinterzarten geht das kinderleicht – und schon werden die ersten Gipfel erobert und die schönsten Stellen entdeckt.

Seine Gesichtsfarbe verrät ihn. Thomas aus Hinterzarten ist viel draußen. Vor 20 Jahren hat es ihn in den Hochschwarzwald verschlagen. Als Hamburger Nordlicht mit einschlägiger Bergerfahrung kennt er sich hier mittlerweile aus wie in seiner Westentasche. Wandern, Radfahren, Ski – und Schneeschuhlaufen – das macht er alles gerne. Warum Schneeschuhe? „Weil's Spaß macht!“ Vor über 20 Jahren hat es klein angefangen. Heute beschäftigt er in seiner Schneeschuh Akademie rund 20 Leute, die geführte Schneeschuhwanderungen anbieten. Wir sind gleich per du, so wie sich das gehört, wenn man auf über 1000 Metern ist.

„Wohin geht's, Thomas?“, frage ich, „auf den Feldberg?“ Der Feldberg ist der Berg der Berge im winterlichen Schwarzwald. 1493 Meter hoch, ein Wintersportparadies, ein Ort mit sensationeller Aussicht, ein Platz, an dem man dem Himmel ein bisschen näher ist. Doch heute weht ein kalter Ostwind. „Da oben wird es bitterkalt“, weiß Thomas. Die Alternative liegt ein paar Höhenmeter tiefer: der Hinterwaldkopf. Wir starten nahe Alpersbach, einem auf einer sonnigen Lichtung gelegenen Ortsteil von Hinterzarten. Wie Schneeschuhlaufen geht? „Ganz einfach, selbsterklärend“, sagt Thomas. „Wir stellen uns mit unseren Wanderstiefeln auf die Schneeschuhe, schlupfen in die Schlaufe bis zum Anschlag und zurren vorne und hinten die Gurte zu. Sitzt? Sitzt super! Bekanntlich beginnt auch der längste Weg mit dem ersten Schritt und so ist es auch mit den Schneeschuhen. Einfach gehen und die Stöcke wie beim Nordic Walking benutzen. Der Rest kommt schon. „Da gibt's kein Hokuspokus“, lacht Thomas während wir den Schnee aufwirbeln.

"Ein Schritt. Und noch ein Schritt. Und schon haben wir beinahe vergessen, dass wir ein bisschen anders unterwegs sind als sonst."
(Pascal Cames)
Thomas Hilpert

Thomas Hilpert ist seit 20 Jahren Schneeschuh-Guide im Hochschwarzwald.  © Jigal Fichtner

Ein Schritt. Und noch ein Schritt. Und schon haben wir beinahe vergessen, dass wir ein bisschen anders unterwegs sind als sonst. Würden wir jetzt aber nur unsere Bergstiefel tragen, liefe es nicht ganz so smart. Wir würden wegrutschen oder tief einsinken und hätten bald Schnee im Stiefel. Jeder Schritt würde uns Kraft kosten. So aber wandern wir ganz unbeschwert und haben Zeit, in den Wald zu lugen: Der Schnee rieselt von den Zweigen, Eiskristalle wirbeln durch die Luft und glitzern in der Sonne.

Dann biegen wir links ab und müssen bergauf. Auch das geht prima. An den Füßen wird es langsam kalt. „Es ist Winter hoch drei“, sagt Thomas schmunzelnd. Er meint den Schnee, die klirrende Kälte und den eisigen Wind. Tapfer laufen wir weiter und kommen an eine Lichtung. Könnten wir hier nicht links quer durch den Wald? Auch wenn wir nicht im Naturschutzgebiet sind, schüttelt Thomas den Kopf. „Um das Erlebnis Natur und Schneeschuhwanderung zu vermitteln, müssen wir nicht in den Wald gehen.“ Dann erklärt er uns, wie wichtig es ist, dass Tiere im Winter ihre Ruhe haben und in dieser Zeit des stark eingeschränkten Futterangebots nicht zu viel Energie verbrauchen müssen – etwa für die Flucht vor uns Menschen.

Auf dem Bankgalli-Weg gehen wir an einem dunklen Tannenwald entlang, wie man ihn aus Grimms Märchen kennt. Wir hören nichts außer dem Knirschen der Schneeschuhe und dem Knacken der angefrorenen Schneeschicht. Am Hinterwaldkopfsattel treten wir aus dem Wald, stehen in der Sonne und genießen die Aussicht. Linker Hand erhebt sich mächtig der Feldberg, wie ein gigantischer Bär im Winterschlaf mit Schnee auf dem Fell. Rechts geht der Blick ins Höllental hinab und zum Hirschsprung, am Horizont ist der Kandel nicht zu übersehen.

"Für eine herrliche Schneeschuhwanderung genügen bereits einige Zentimeter auf dem Waldweg, dafür braucht es keinen Meter Schnee."
(Thomas Hilpert)
Pascal Cames

Pascal Cames genießt die Tour im Schnee. Wenn nur der Wind nicht wäre... © Jigal Fichtner

„Wollen wir auf den Hinterwaldkopf?“, fragt Thomas. Natürlich! So stapfen wir mit Rückenwind den Buckel hinauf. Der Rucksack hält die Kälte ab. Der Boden wird härter, die Schneedecke dünner. Der Wind hat ihn von dieser ungeschützten Kuppe weggeblasen. Unser Ziel ist das Denkmal im Steinkreis auf dem Gipfel. Von dort können wir auf Freiburg, weit ins Rheintal und bis zu den Vogesen sehen. Eine wunderbare Aussicht. Die Augen sagen „Bleib!“, der Rest des Körpers „Geh!“ Denn der Wind bläst so hart und ohne Pause, dass es kaum zum Aushalten ist. Zwei, drei Fotos später kämpfen wir uns gegen den Wind zurück. Die Kälte kriecht unter die Stirn, aber jeder Schritt abwärts bringt uns ein bisschen mehr ins Warme. Dann sind wir an einer sonnigen Stelle mit absoluter Windstille. Dass es so etwas gibt! Bei einer Tasse Tee tauen wir auf.

„Die Kälte saugt dich aus“, sagt Thomas. „Wenn du bei diesem Wetter unterwegs bist, dann brauchst du Strategie und Taktik. Du musst wissen, wo es windstill ist.“ Er weiß es. Der dampfende Tee schmeckt köstlich und Landjäger und Nussecken werden zu Delikatessen. „Manche Leute denken, dass es im Hochschwarzwald nicht immer Schnee hat. Das stimmt nicht, hier hat es jeden Winter Schnee“, sagt Thomas. Und für eine herrliche Schneeschuhwanderung genügen bereits einige Zentimeter auf dem Waldweg, dafür braucht es keinen Meter Schnee. Mit diesen Worten im Ohr laufen wir zur Hinterwaldkopfhütte hinunter. Kaffee und Kuchen rufen!

Schneeschuhtour

© Jigal Fichtner

Mehr Informationen

  • Schneeschuhakademie
    Von der Sonnenaufgang-Tour bis zur Mondschein-Tour, von der Glühpunschtour bis zur Hütteneinkehr mit Käsefondue – die Schneeschuh Akademie Hinterzarten bietet in den Wintermonaten ein vielfältiges Programm an geführten Touren.
  • Touren
    Tipps und alle Infos zu den ausgeschilderten Schneeschuhtrails im Hochschwarzwald gibt 
    es auch in den Tourist-Informationen der 
    Ferienregion.  
  • Zum Einkehren Den Schnee von den Stiefeln klopfen, die Kälte abschütteln und am Kachelofen spüren, wie sich die wohlige Wärme im Körper ausbreitet: Das geht nirgendwo besser als in einer der vielen urigen Berggasthäusern, die man im ganzen Hochschwarzwald findet.