Stubede - Eine Hochschwarzwälder Tradition

Rein in die gute Stube!
13.09.2022

von Matthias Maier

Sie gehört zum Hochschwarzwald wie die Bäume und die Kuckucksuhr: die Stubede. Die gesellige Tradition wurde einst auf den Bauernhöfen überall in der Region gepflegt. Drei Hochschwarzwälder erzählen, was es damit auf sich hat und was sie persönlich mit der Stubede verbinden.

Martin Wangler, Breitnau:

Meine erste Erinnerung an die Stubede früher bei uns zu Hause ist: Immer wenn es gemütlich geworden wäre, mussten wir Kinder ins Bett! Bei uns ist eigentlich immer Cego gespielt worden, das mache ich heute noch am liebsten, wenn ich mich mit Verwandten und Freunden zu einer Stubede treffe. Allerdings ist es dann so, dass die Kinder im Haus nicht mehr schlafen können, weil es beim Cego meistens sehr lustig wird und ein Geschrei und Gebrülle am Spieltisch entsteht. Stubede, das bedeutet: Man ist gemütlich auf der warmen Ofenbank zusammengesessen, ohne großen Aufwand. Manchmal wurden überlieferte Sagen und alte Gruselgeschichten aus dem Schwarzwald erzählt. Oder man hat miteinander musiziert, manche sind leichten Bastel- oder Handarbeiten wie dem Holzschnefeln nachgegangen. Es war die allabendliche Zusammenkunft der Bewohner eines Schwarzwaldhofes und aus der Nachbarschaft, hauptsächlich in der Zeit zwischen November und Ostern. Denn früher waren die Winter länger und sehr hart. Und damit man nicht ganz vereinsamt auf den abgelegenen Höfen, hat man sich zusammengefunden. Allerdings ist es auch schon vorgekommen, dass man es nach einer Stubede wegen der Schneemassen nicht mehr nach Hause geschafft hat. Vor vielen Jahren bin ich selbst mal in einer Gaststube bis frühmorgens mit dem Wirt am Stammtisch gesessen, weil ich warten musste, bis der Schneepflug die Straßen freigeräumt hat.

Bei der Stubede darf die musikalische Unterhaltung natürlich nicht fehlen

Bei einer Stubede darf die musikalische Unterhaltung (hier mit Martin Wangler am Akkordeon) auf keinen Fall fehlen.

Sabine Amann, Grafenhausen:

Stubede – das kann man fast nicht mit Worten beschreiben. Man muss es erlebt haben. Sie entsteht immer aus der Situation heraus, planen kann man ihren Verlauf nicht. Am liebsten arbeite ich bei einer Stubede an Strohschuhen oder ich mache andere Handarbeiten: stricken, häkeln, spinnen. Es geht nicht darum, möglichst schnell damit fertig zu werden, sondern um die Atmosphäre und das Miteinander. Es ist faszinierend, wie bei einer Stubede eine Gemeinschaft entsteht. Das erlebe ich immer wieder bei meinen Strohschuhkursen, die ich im Heimatmuseum Hüsli in Grafenhausen anbiete. Eine Teilnehmerin, die vor einigen Jahren mal dabei war, schwärmt heute noch davon. Meine Mutter ist um die 80 Jahre und sie lässt heute noch alles stehen und liegen und ist immer dabei, wenn der Landfrauenverein eine Stubede macht. Bei uns in der Gegend kennt diesen Begriff eigentlich jeder, der hier aufgewachsen ist. Früher diente die Stubede unter anderem der Nachbarschaftspflege. Man traf sich bei jemandem in der Bauernstube, dem einzigen Raum außer der Küche, der beheizt war – es gab auf den alten Schwarzwaldhöfen ja nur diesen einen großen Kachelofen. Die meisten haben eine Handarbeit oder ein Handwerk gemacht, vielleicht hat noch jemand ein Musikinstrument dabeigehabt. Oft hat es dann noch etwas zu essen gegeben. Man hat sich ja nicht lumpen lassen auf den alten Bauernhöfen.

Schaffe, schaffe. Sabine Amann (l.) arbeitet auch während einer Stubede

Schaffe, schaffe. Sabine Amann (l.) arbeitet während einer Stubede am liebsten am warmen Kachelofen. 

"Stubede - das kann man fast nicht mit Worten beschreiben. Man muss es erlebt haben."
(Sabine Amann)

Alfred Faller, Hinterzarten:

Als Kind war ich oft bei einer Stubede dabei: Mein Vater und meine älteren Brüder haben dann Karten gespielt, meistens Skat oder Cego. Leider durfte ich damals noch nicht mitspielen, weil ich noch zu klein war. Man ist am warmen Ofen zusammengesessen, manchmal haben die Männer auch Geschichten von früher erzählt oder gesungen. Die Frauen haben meistens Löcher in den Kleidern gestopft, gestrickt, gesponnen oder Strohschuhe gemacht – aber das war eigentlich recht offen, was man da gemacht hat. Das ganze Jahr über haben die Menschen auf den Höfen von früh bis spät gearbeitet, so etwas wie Freizeit gab es nicht. Ausnahme waren die Tage zwischen Weihnachten und Dreikönig. Das war die Jahreszeit, zu der wir bei uns im Dorf Stubede gemacht haben. Da hat man nur am Morgen das Futter für das Vieh gerichtet, und am Nachmittag sind wir dann in der Stube zusammengehockt. Nach dem Dreikönigstag gab es bei uns immer nur am Donnerstag eine Stubede und dann noch an den Fastnachtstagen bis Aschermittwoch. Danach wurde in der Landwirtschaft wieder jeden Tag bis abends gearbeitet.

Die Schwarzwälder spielen auch heute noch das traditionelle Cego

Im Schwarzwald wird auch heute noch das traditionelle Kartenspiel Cego gespielt.

Was ist eine Stubede?

Die „Stubede“ (abgeleitet von der Stube) hat eine lange Tradition im Schwarzwald. Sie bezeichnet die gesellige Zusammenkunft von Familie, Freunden und Nachbarn in der Bauernstube eines Gastgebers, vornehmlich an kalten Winternachmittagen und -abenden. Zu dieser Jahreszeit ruhte die Landwirtschaft. Die Bewohner von umliegenden Höfen kamen zusammen, um im einzigen beheizten Raum des Hauses die Wärme des Kachelofens und das Licht gemeinsam zu nutzen. Daher kommt die alternative Bezeichnung „z’Licht go“ oder „Lichtgang“, die im nördlichen Hochschwarzwald rund um Schonach gebräuchlich ist. Bei einer Stubede wurden einfache Handarbeiten erledigt, es wurde geschnitzt und gewerkelt und (vornehmlich von den Männern) Karten gespielt – vor allem das Schwarzwald-typische Cego. Nebenbei tauschte man Neuigkeiten aus, erzählte sich Geschichten und Sagen. Oder jemand holte ein Instrument hervor und man begann zu musizieren und zu singen, oft bis spät in die Nacht.

Mehr Informationen

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    Im Hochschwarzwald lebt im Winter die Tradition der Stubede wieder auf. Wer mal dabei sein möchte, findet hier eine Vielzahl an Erlebnissen und Angeboten. 
  • Gemütliche Gaststuben
    Wir verraten Dir 5 Top-Tipps für Einkehrmöglichkeiten mit rustikalem Hüttenflair. Entdecke gemütliche Stuben, die Dich nach einer Schneeschuh-Tour oder einem Tag auf der Loipe mit warmer Suppe und mehr willkommen heißen.