Wir spüren viel Solidarität und Mitgefühl

Wie Hochschwarzwälder Gastbetriebe durch die Corona-Zeit gekommen sind
17.09.2020

von Matthias Maier

Die Corona-Krise traf auch im Hochschwarzwald die Menschen plötzlich und unvermittelt. Von einem Tag auf den anderen wurde im März 2020 das öffentliche Leben und jegliche touristische Aktivität quasi auf Null heruntergefahren. Genau in jenen Wochen des Stillstands haben uns Hochschwarzwälder Hoteliers und Gastgeber erzählt, was sie bewegt, wie sie die Zeit nutzen und was ihnen Hoffnung gibt. Eine Zusammenfassung der damals geführten Interviews:

Die Gäste sind weg, der Betrieb in Ihrem Hotel ruht. Wie sieht momentan Ihr Alltag aus?

Michael Meßmer: Am Anfang waren wir natürlich geschockt, aber schnell haben wir wieder nach vorne geschaut, die Zeit genutzt und einen Gemüsegarten mit sechs großen Beeten und einer Kräuterspirale gebaut. Ich habe neue vegetarische Wildkräuter-Rezepte ausprobiert und diese über unsere Social-Media-Kanäle geteilt. So konnten wir bis zu 57.000 Videoaufrufe erreichen. Außerdem bieten wir einen Abholservice für unsere Speisen mit wechselnden Tagesgerichten an.

Yvonne Eiche: Bei uns unterstützen mein Mann und ich vormittags unsere Kinder bei ihren Schulaufgaben. Daneben gilt es, Telefonanrufe und E-Mails von Gästen zu beantworten, Stornierungen und Umbuchungen zu bearbeiten, bereits vereinbarte Reservierungen wieder abzusagen. Wichtig ist uns auch, die Verbindung zu unseren Mitarbeitern zu erhalten und ihnen in diesen unsicheren Zeiten zur Verfügung zu stehen. Zudem haben wir uns nach einiger Überlegung dazu entschieden, trotz allem wie geplant mit den Bauarbeiten für die Hotelerweiterung und den neuen Wellnessbereich zu beginnen. Langweilig wird uns nicht.

Linda Baschnagel: Uns auch nicht: Wir machen Verschönerungsarbeiten an den Gebäuden und am Spielplatz, renovieren einige Zimmer. Für dieses Jahr war ein Erweiterungsbau an der Schlüchtmühle geplant, die wir zu einem Hotel eigens für Familien und Kinder umbauen. Nach einigem Hin- und Herüberlegen werden wir nun damit loslegen. Zudem bieten wir unsere Forellen aus eigener Zucht zum Abholen sowie auf den Wochenmärkten in St. Blasien, Bonndorf und Löffingen an. Und wir können die schöne Natur des Hochschwarzwalds mal richtig genießen, laufen viele Genießerpfade in der Region ab und fahren Rad.

Die freie Zeit während des Lockdowns verbrachte Linda Baschnagel mit Verschönerungsarbeiten an der Tannenmühle in Grafenhausen. Außerdem erkundete sie die schöne Natur des Hochschwarzwalds.
Die freie Zeit während des Lockdowns verbrachte Linda Baschnagel mit Verschönerungsarbeiten an der Tannenmühle in Grafenhausen. Außerdem erkundete sie die schöne Natur des Hochschwarzwalds. © Hotel Tannenmühle

Welche Rückmeldungen haben Sie von Ihren Gästen bekommen?

Eiche: Wir spüren viel Solidarität und Mitgefühl. Einige Stammgäste sind auf uns zugekommen, haben sich erkundigt, wie wir mit der Situation zurechtkommen, und uns Mut zugesprochen. Andere haben Gutscheine bestellt, um uns während des Stillstands auch finanziell zu unterstützen.

Baschnagel: Uns als Gastgeber freut das enorm – dieser Zuspruch von Gästen, Einheimischen und unseren Lieferanten, die aufmunternde Worte für uns parat hatten. Viele unserer Gäste, die ihren Urlaub nun nicht antreten konnten, haben stattdessen sofort für den Herbst oder für nächstes Jahr gebucht.

Meßmer: Uns schreiben viele Gäste, wie dankbar sie sind, dass wir den Abholservice anbieten, und wie gerne sie uns unterstützen möchten, damit unser Restaurant erhalten bleibt. Das ist wirklich unglaublich toll!

Michael Meßmer hat in seinem Gasthof Linde in Löffingen einen großen Gemüsegarten und eine Kräuterspirale angelegt. So konnte er viele vegetarische Wildkräuter-Rezepte ausprobieren, die bereits guten Anklang fanden.
Michael Meßmer hat in seinem Gasthof Linde in Löffingen einen großen Gemüsegarten und eine Kräuterspirale angelegt. So konnte er viele vegetarische Wildkräuter-Rezepte ausprobieren, die bereits guten Anklang fanden. © Gasthof Linde

Ihre Gasthäuser sind jeweils seit Generationen in Familienbesitz und haben bereits viele Krisen überdauert. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für sich?

Eiche: Dass es immer weitergeht und man sich nicht entmutigen lassen darf. Wir haben uns anlässlich unserer 150-Jahre-Jubiläums intensiv mit der Geschichte der Sonne-Post befasst. Die Quintessenz daraus lautet für uns, dass man in schweren Zeiten den Blick nach vorne richten muss und nicht in der Schockstarre verharren darf, in die wir alle im ersten Moment versetzt wurden.

Meßmer: Die Linde hat zwei Weltkriege überstanden, die übersteht auch die Corona-Krise. In der Vergangenheit haben uns Hektik, Stress, das „Immer-mehr“ ständig begleitet. Nun lehrt uns Corona, die Einfachheit und Langsamkeit zu schätzen. Wir schauen trotz der Krise positiv in die Zukunft.

Interviews: Hanna Kienzler & Matthias Maier

Das wichtigste ist in Situationen wie diesen nicht in der Schockstarre zu verharren. Stattdessen hat Familie Eiche wie geplant mit den Bauarbeiten für die Hotelerweiterung begonnen.
Das wichtigste ist in Situationen wie diesen nicht in der Schockstarre zu verharren. Stattdessen hat Familie Eiche wie geplant mit den Bauarbeiten für die Hotelerweiterung begonnen. © Hotel Sonne Post

Info

Yvonne Eiche leitet seit Dezember 2019 gemeinsam mit ihrem Mann Thomas das Hotel Sonne-Post in Waldau, einem Ortsteil von Titisee-Neustadt.

Michael Meßmer und seine Frau Christina führen in der sechsten Generation den Gasthof Linde in Löffingen.

Linda Baschnagel ist 2020 gemeinsam mit ihrem Bruder Lorenz in die Leitung des Familienhotels Tannenmühle in Grafenhausen eingetreten.

Auszeit für Alltagshelden

Ob Krankenpfleger, Ärztin, Paketbote oder Polizistin: Sie alle leisten Großes – während der Corona-Krise sogar unter noch höherer Belastung als üblich. Als Zeichen des Dankes wurden 100 dieser Helden des Alltags im vergangenen Sommer zu einer kleinen Auszeit in den Hochschwarzwald eingeladen – stellvertretend für alle Menschen, die in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Supermärkten und vielen weiteren systemrelevanten Bereichen außergewöhnlichen Einsatz zeigten. Mit Unterstützung der Badischen Staatsbrauerei Rothaus, der Gisinger Gruppe und Testo konnten diesen Alltagshelden – die im Vorfeld von einer anderen Person für die Aktion nominiert werden mussten – jeweils zwei kostenlose Hotel-Übernachtungen ermöglicht werden.

Die Gelegenheit zum Durchatmen und Sammeln frischer Kräfte genoss unter anderem die Apothekerin Verena Riedmüller von der Insel Reichenau. Sie verbrachte ihre Auszeit im Hotel Rössle in Todtmoos und schwärmte danach von „zwei unvergesslichen Tagen: Sowohl der Lebküchlerweg als auch die umliegenden Städte waren zum Erholen und Besichtigen ideal. Vielen Dank!“

Verena Riedmüller ist eine glückliche Gewinnerin der Aktion Helden des Alltags. Sie durfte ihre Auszeit in Todtmoos genießen und dort zwei unvergessliche Tage verbringen.
Verena Riedmüller ist eine glückliche Gewinnerin der Aktion Helden des Alltags. Sie durfte ihre Auszeit in Todtmoos genießen und dort zwei unvergessliche Tage verbringen. © Verena Riedmüller

Alltagsheldin Gabriele Würth, die als Stationsleiterin im Hegau-Bodensee-Klinikum in Stühlingen arbeitet, freute sich über ihren Aufenthalt im Gasthaus Zur Schmiede in St. Blasien und die Möglichkeit zur Besichtigung einer der größten Kirchenkuppeln Europas: „Der Dom ist immer einen Besuch wert!“

Und Corina Fauser aus Weizen, die im Einzelhandel beschäftigt ist und während der Krise zusätzlich Familienmitglieder und Freunde versorgte, zog folgendes Fazit: „Wir haben die Auszeit im Schwarzwaldhotel Treschers am Titisee sehr genossen und sogar den Sprung in den See gewagt. Diese Auszeit war wirklich ein Geschenk – danke!“