Fitnessstudio

Heimwerker im Wald

Vom schönsten aller Klänge – ein Männertraum
01.01.1970

Ein jeder weiß, was ein Mann im Leben zu tun hat: Ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen. Doch bevor dies gelingt, gibt es manchmal die heimlichen Männerträume, die sich vor allem am Stammtisch, bei einem kühlen Rothaus-Bier, besonders gut erzählen lassen. So auch in meinem Falle: Was Jahrzehnte braucht um zu wachsen, braucht nur Minuten um zu fallen – klingt brutal, ist aber von Nöten, um unsere Wälder zu pflegen.  

Um meinen Traum des Baumfällens zu verwirklichen, war nichts weiter zu tun, als ein Anruf beim Staatlichen Forstamt Baden-Württemberg. Hier klärte man mich zunächst darüber auf, dass es auch beim Fällen von Bäumen einer fachkundigen Einweisung bedarf, sodass ich mich für den nächstmöglichen Workshop anmeldete.

Timo Jehle in Baumfälleruniform
Timo Jehle in Baumfälleruniform © Timo Jehle

An einem wunderschönen sonnigen Freitagnachmittag machte ich mich auf zum Kurs. In freudiger Erwartung, mir alsbald mit meinem Kettenschwert meinen Weg durch den Hochschwarzwald zu bahnen, landete ich unsanft in der Realität und der damit verbundenen Theoriestunden. Ich war angekommen. In den folgenden Stunden beschäftigten wir uns mit dem wohl essenziellsten Teil der Ausbildung bei der Arbeit mit einer Kettensäge: Dem Arbeits- und Naturschutz sowie der Unfallverhütung. Meinen 17 Mitlauscher und mir juckte es unter den Fingern. Wir wollen sägen und das bestenfalls auch noch in dieser Nacht. Dies wurde uns jedoch verwehrt, sodass uns nichts anderes übrigblieb, als in gespannter Erwartung den Ausführungen unseres Ausbilders zu folgen. Schon am nächsten Tag sollte sich aber herausstellen, dass diese Theorieeinheit sowohl hilfreich als auch notwendig ist.

Workshop Teilnehmer in Baumfälleruniform
Workshop Teilnehmer in Baumfälleruniform © Timo Jehle

Im morgentlichen Tau des Hochschwarzwaldes, nichts ahnend, dass die Ruhe dem schönsten aller Geräusche weichen sollte, dem lautstarken Aufheulen einer kalt gestarteten Husqvarna, fand ich mich voller Tatendrang im Mischwald. Dass Sägen auch Macht bedeutet, wurde sofort ersichtlich, denn zunächst wählten wir die Bäume, denen es an die Rinde gehen sollte, aus. Dabei wurde gehandelt, wie im wahren Leben auch – die Stärksten und Schönsten dürfen leben, die Alten und Schwachen müssen weichen. Doch Spaß beiseite, denn tatsächlich ist das Fällen von Bäumen von Nöten, um das Ökosystem Wald zu erhalten. Gefällte Bäume bedeuten mehr Licht aber auch mehr Sicherheit, denn meist werden die Bäume gefällt, die beim nächsten Sturm so oder so gefallen wären. Bevor es ans Fällen ging, stand die Taufe am bereits liegenden Stamm auf dem Programm. Mit einer überraschenden Leichtigkeit - eines heißen Messers durch Butter gleich - glitt das Schwert der schweren Husqvarna durch das Geäst.

Kettensäge
Kettensäge © Timo Jehle

Nun waren die Kettensäge und ich endlich eins. Wir verstanden uns blind, ich spürte die Vibration, die Macht war mit mir. Mein erster Baum war ein schwachhölziger Stamm mit einem Durchmesser von 20 cm auf Brusthöhe. Ohne zu zögern setzte ich die Kette für den Fällkerb an, den Schnitt, der die Fallrichtung des Baumes bestimmt. Danach folgte, was folgen muss: Die feinsäuberliche Abtrennung des Stammes vom Stumpf – mit Hilfe des Fällschnittes. Einen schmalen Steg vom Stamm in der Mitte ließ ich hierbei stehen, damit der Baum im Anschluss über das Scharnier abknicken konnte. Da lag er nun – mein erster gefällter Baum. Denn obschon eine Kettensäge für diesen Akt verwendet wurde, spricht der Kenner - der ich nunmehr bin - vom Fällen eines Baumes.