Einige der schönsten Exemplare Schwarzwälder Ofenbaukunst findet man zum Beispiel im Heimatmuseum Hüsli in Grafenhausen.

Die schönsten Kachelöfen des Hochschwarzwaldes

Auf der warmen Ofenbank
18.02.2014

von Patrick Kunkel

Ob im Rothauser Land, im Hochschwarzwald oder im Kinzigtal: Der Kachelofen zierte nicht nur die Schwarzwaldhäuser von einst – sondern ist in vielen Schwarzwälder Stuben auch heute noch die wärmste und gemütlichste Ecke. Besonders schöne Öfen sind auch öffentlich zugänglich. Sie stehen in Gasthäusern oder Museen. Patrick hat sich ein paar angeschaut.

Es schneit in dicken, weichen Flocken. Schön ist es draußen, aber schneidend kalt. Die Handschuhe sind schon eingefroren. Nichts wie rein.
Drinnen in der Stube ist eine warme Insel – der Kachelofen: Kaum liegen die nassen Handschuhe auf dem Ofensims, hängt die Jacke über der Stange und reibt der kalte Rücken an den heißen Ofenkacheln, schon ist die Welt in Ordnung.
Die schönste und gemütlichste Ofenbank im Schwarzwald steht natürlich im Haus meiner Schwägerin: Der Ofen stammt noch aus dem alten Tagelöhnerhaus, das einst an der Stelle des heutigen Wohnhauses steht, eine anmutig geschwungene Holzbank führt um den ganzen Ofen herum, darauf ruht ein dickes Polster – was hatten wir schon für gemütliche Abende dort.
Bloß eignen sich weder Ofen noch Bank für einen Ausgehtipp, meine Schwägerin hätte wohl ein Problem, stapften regelmäßig wildfremde Leute durch die Stube, um sich mal einen echten Schwarzwälder Kachelofen anzuschauen.

In jedem Zimmer des Hüsli steht ein Ofen

Man muss dazu auch keine Privathäuser stürmen. Einige der schönsten Exemplare Schwarzwälder Ofenbaukunst findet man zum Beispiel im Heimatmuseum Hüsli in Grafenhausen. In dem einem Schwarzwälder Bauernhaus nachempfundenen Museum stehen gleich fünf wirklich außergewöhnliche Kachelöfen. Das Hüsli wurde 1911 von der in Lörrach geborenen, später in Berlin lebenden Konzertsängerin Helene Siegfried als Sommersitz erbaut. Möbel, dörfliche Kunst, Treppen, Türen, Geländer – all dies trug sie aus den Höfen der Umgebung zusammen. So etwa die opulente Kachelchuscht in der Stube. Der Ofen mit seinen grün-glasierten Kacheln und den Bilderfriesen stammt aus dem Jahr 1822 und wurde in der Kutterau, einem Weiler in St. Blasien, 1911 abgetragen und im Hüsli wieder aufgesetzt. Er wurde bereits mehrfach in Privathäusern nachgebaut.

Das Hüsli wurde 1911 von der in Lörrach geborenen, später in Berlin lebenden Konzertsängerin Helene Siegfried als Sommersitz erbaut.
Das Hüsli wurde 1911 von der in Lörrach geborenen, später in Berlin lebenden Konzertsängerin Helene Siegfried als Sommersitz erbaut. © Patrick Kunkel

In jedem Zimmer des Hüsli steht ein Ofen – unüblich für Schwarzwälder Bauernhäuser, in denen der Stubenofen ja oft das ganze Haus mit Wärme versorgen musste. Aber das Hüsli ist als Ferienhaus gebaut worden und dank seiner leidenschaftlich sammelnden Besitzerin kann man heute unten im Flur einen schönen Ofen sehen und in der Küche einen prächtigen Kachelbäder. In der Bücherstube steht ein Ofen aus dem 18. Jahrhundert mit manganmarmorierten Aargauer Kacheln, der aus Mühlingen stammt und in der Wiegenstube ein Kachelofen aus Stühlingen mit blau-weißen Kacheln, die mit Schwarzwaldmotiven verziert sind.

In der Bücherstube steht ein Ofen aus dem 18. Jahrhundert mit manganmarmorierten Aargauer Kacheln.
In der Bücherstube steht ein Ofen aus dem 18. Jahrhundert mit manganmarmorierten Aargauer Kacheln. © Patrick Kunkel

Direkt von der Loipe auf die Ofenbank im Gasthaus

Offen für Besucher stehen die Türen auch in den vielen Schwarzwälder Gasthäusern. Zum Beispiel im Gasthaus Zum Ahorn in Schwärzenbach. Praktisch gelegen ist das Haus mit seinem wuchtigen, tief herunter gezogenen Walmdach auch, nämlich unweit der „Panoramaspur Hochebene“. Langläufer können mehr oder weniger direkt von der Loipe auf die Ofenbank fallen. Und die ist, samt zugehörigem Kachelofen, ein besonders schönes Stück.

Kachelofen im Gasthaus „Zum Ahorn“ in Schwärzenbach.
Kachelofen im Gasthaus „Zum Ahorn“ in Schwärzenbach. © Patrick Kunkel

„Das Besondere am diesem Ofen ist die relativ hohe Ofenbank“, sagt Ahornwirt Frank Benz: „Normalerweise ist die Chunst ein bisschen niedriger.“ Früher war sie wohl ein idealer Ort, um sich drauf zu fläzen – heute dient die alte Chuscht als Ablage, sieht aber immer noch toll aus. Der Ofen ist eine Wucht: mit den schwarzwaldtypischen grünen Kacheln steht er im Eck und kommt vor allem dank der schön niedrigen Decke im Gasthaus so richtig zur Geltung. Natürlich steht der Stammtisch direkt am Kachelofen: Hier wärmen sich die älteren Semester aus Schwärzenbach die kalten Knochen. 

“Das ist unsere heimelige Ecke und das Zentrum unseres Gasthauses“
(Frank Benz)

Auch Für Max Schwab, den Seniorwirt des Oberen Wirtshauses Zum Hirschen in Langenordnach, ist der große grüne Kachelofen im Eck der wichtigste Ort in der Gaststube, die wegen ihrer niedrigen Decke und dem schönen alten Holzboden besonders heimelig und einladend wirkt: Der Schwarzwaldhof ist 380 Jahre alt, der Ofen hat etwas weniger auf dem Buckel, aber er sei wenigstens über 100 Jahre alt, sagt Max Schwab. Auch hier ist der Stammtisch direkt am Ofen. Früher hat sich die ganze Familie um den Ofen versammelt. Heute gibt es zwar Zentralheizung:

“Da ischs jetzt auch an de Fenster schön warm. Aber mir heize jeden Tag noch ein und wenn jetzt Leute komme, die wolle nur um de Kachelofe sitze, weil's warm isch! Eine schöne Wärme.“ 
(Max Schwab)

Vor zwanzig Jahren sei die Tür ersetzt worden: Bis dahin kroch ein Ofensetzer noch regelmäßig ins innere des Ofengewölbes, um die Fugen mit Ofenlehm von Innen zu verschmieren. Jetzt ist die Tür zu klein, da passt keiner mehr durch. Was der Gemütlichkeit auf der Ofenbank aber keinen Abbruch tut.

Der Ofen im Oberen Wirtshaus "Zum Hirschen" hat über 100 Jahre alt"
Der Ofen im Oberen Wirtshaus "Zum Hirschen" hat über 100 Jahre alt" © Patrick Kunkel

Im Naturfreundehaus geht es schlicht und modern zu

Weniger an einen traditionellen Schwarzwälder Kachelofen erinnert der gemauerte Ofen im Naturfreundehaus am Feldberg – ein paar braune Kacheln sind an den Seitenwänden eingelassen, ansonsten ist der Ofen verputzt und weiß gestrichen. Dass der schlichte Grundofen mit seiner einfachen Holzbank dennoch zu den schönsten im Schwarzwald gehört, hat ganz einfach mit dem sonstigen Ambiente des Hauses unterhalb des Baldenweger Bucks zu tun: Im Naturfreundehaus geht’s viel und wohltuend weniger kommerziell zu als in den meisten Gasthäusern im Schwarzwald, aber dennoch gemütlich – bei vollständiger Abwesenheit von Bollenhüten und anderem Schwarzwaldbarock. Großgruppen und paarweise Naturfreunde sitzen an den Tischen. Im Regalbrett unter der Decke stapeln sich die Gesellschaftsspiele. Es gibt einfache Bioküche: Eintöpfe oder Vesperplatten, die noch besser schmecken, wenn man gerade von einer Schneeschuhtour kommt. Coca Cola hat man vor ein paar Jahren von der Karte geworfen und man muss noch nicht mal Naturfreund sein um das alles erstens gut zu finden und zweitens nach einem netten Abend im Haus übernachten zu dürfen (besser mit Anmeldung). 

“Die Kachelofenwärme ist die schönste Wärme, die es gibt“
(Hüttenwirt Heinz Blodek)

Eine einfache Wahrheit, die im Naturfreundehaus besonders zum Tragen kommt.

Weniger an einen traditionellen Schwarzwälder Kachelofen erinnert der gemauerte Ofen im Naturfreundehaus am Feldberg.
Weniger an einen traditionellen Schwarzwälder Kachelofen erinnert der gemauerte Ofen im Naturfreundehaus am Feldberg. © Patrick Kunkel

Ein Warmer Ofen und das Essen schmeckt 

Wenn man schon am Feldberg unterwegs ist, dann schadet es nicht, im Raimartihof vorbeizuschauen: Das komplett schindelverkleidete Schwarzwaldgasthaus in privilegierter Lage unweit des Feldsees hat nämlich nicht nur eine solide Speisekarte – auch der gemütliche Ofen in der Stube ist an kalten Wintertagen gut dazu angetan, auf dessen Holzbank zu verweilen und dabei heißen Tee zu genießen.

Stube im Raimatihof unweit des Feldsees.
Stube im Raimatihof unweit des Feldsees. © Patrick Kunkel

Nicht verpassen sollten Ofenliebhaber das Eckershäusle an der Thurnerspur. Es kostet zwar einige Körner, im Winter dorthin zu gelangen, schließlich ist das kleine abgelegene Schwarzwaldhaus lediglich per Langlaufski zu erreichen: Aber das lohnt sich. An Wochenenden – und nur an Wochenenden mit ausreichend Schnee und bei Loipenbetrieb – heizt Eckersbauer Ernst Hug ein. Vor der Tür stecken dann Ski und Stöcke im Schnee, drinnen sind die Decken niedrig, die Sitzbänke voll belegt und im Eck bollert der wuchtige grüne Kachelofen. Kein besonders ausgefallenes Exemplar, sondern einfach nur eine schlichte, traditionelle Wärmebox – aber kaum zu schlagen. Der heiße Tee tut dort besonders gut und an den Tischen sitzen eng an eng die Langläufer mit roten Gesichtern und sprechen über das richtige Skiwachs und die Beschaffenheit des Schnees.

In der Tannenmühle in Grafenhausen dagegen verkehrt eine andere Klientel: Viele Tagesgäste, die wegen der guten Küche und vor allem der Forellen aus eigener Zucht kommen. Der Ofen in der der großen Stube ist ein echter Hingucker mit handgefertigten Kacheln auf denen die Wappen Badens und Grafenhausens eingelassen sind. Über allem thronen Lampen und Trachtenstatuen aus Keramik – dieser Ofen sieht zwar sehr traditionell aus, verkörpert aber eher den hypermodernen Typus Kachelofen: „Nein, einheizen tun wir schon lange nicht mehr“, lacht der Wirt der Tannenmühle, Guido Baschnagel. „Kachelöfen sind Teil unserer Tradition und dieser hier ganz bestimmt auch ein Blickfang. Geheizt wird auch noch mit Holz, allerdings von der Hackschnitzelheizung im Keller aus. Innen im Ofen sind Wärmeschlangen, die an der Zentralheizung angeschlossen sind.“ Die Romantik geht da zwar ein bisschen flöten – warm ist der Ofen aber und die Suppe schmeckt. „Früher, wenn man von draußen reingekommen ist, da hat man sich aufgewärmt, hat seine Socken, Kleidung, alles was kalt und nass war, über das Gestänge am Ofen gehängt, selbst das Mittagessen hat man im Ofenloch warm gestellt.“ 

Aber das dürfte heute in der Tannenmühle selbst beim besten Willen nicht mehr möglich sein.

Der Ofen in der der großen Stube der Tannenmühle ist ein echter Hingucker mit handgefertigten Kacheln auf denen die Wappen Badens und Grafenhausens eingelassen sind.
Der Ofen in der der großen Stube der Tannenmühle ist ein echter Hingucker mit handgefertigten Kacheln auf denen die Wappen Badens und Grafenhausens eingelassen sind. © Patrick Kunkel