Wie der Wächtenspringer vom Feldberg vor fast 100 Jahren das Freestyle-Skiing erfand
So etwas hatte man im Schwarzwald noch nie gesehen: Der Sprung über die haushohe Wächte am Seebuck in den Steilabhang des Feldsees. Dieses Kunststück beherrschte nur einer: Ernst Baader, seinerzeit der beste Ski- und Geländefahrer Deutschlands. Mit der Skiakrobatik schrieb Baader 1920 Filmgeschichte: Die atemberaubenden Flugsequenzen im Tiefschnee auf dem Feldberggipfel machten „Das Wunder des Schneeschuhs“ zu einem internationalen Kassenschlager.
Wer war der bemerkenswerte Freestyle-Skifahrer?
Noch bevor Ernst Baader das Licht der Welt erblickte, pulsierte Skiblut in seinen Adern. Sein Vater, Ernst Baader senior, zählte zu den ersten Anhängern, die begeistert die neue Wintersportart ausübten, die ab 1891 den Schwarzwald im Sturm eroberte. Der aus Todtnau stammende Arzt kam 1895 nach St. Blasien. Dr. Baader war beruflich sehr eingespannt. Als Bezirksarzt war er für 17 Gemeinden zuständig – und das neben seiner Tätigkeit als Chefarzt des Bezirkskrankenhauses in St. Blasien. Jede freie Minute widmete er seinem geliebten Skisport. Die Gründung des Skiclub St. Blasien 1896 ist wesentlich seiner Initiative zuzuschreiben. Baader lag viel daran, das Skifahren vom elitären Image zu befreien. Sein Ziel war es, das Skifahren zum Breitensport zu etablieren. Er mischte bei der Gründung des Skiclubs Schwarzwald mit und war in anderen europäischen Skigremien als Funktionär tätig. Unermüdlich setzte er sich für die Förderung der Jugend ein und unterstütze sie finanziell bei der Anschaffung von Skiausrüstungen.
Dr. Baader senior war einer der ersten, die das Après-Ski zelebrierten. Nach dem Skifahren ging der als trinkfest bekannte Doktor stets ins Gasthaus Krone. Dort richteten sich die Skisportler ein eigenes Zimmer ein. In geselliger Runde sangen sie Lieder und waren Bier und Wein nicht abgeneigt. Baader textete mehrere Ski-Lieder, die im „Deutschen Ski-Liederbuch“ veröffentlicht wurden.
Skispringer und Stuntman
Vermutlich trug Ernst junior noch Windeln, als ihn sein skiverrückter Vater auf die Bretter stellte. Der Funke sprang über. Ernst junior, der in St. Blasien das Skifahren lernte, wurde einer der besten Skiläufer seiner Generation. Seine Leidenschaft gehörte dem Skisprung. Baader erzielte erst spät und vereinzelt Erfolge bei Skispringen. 1912 und 1914 nahm er bei den Winterspielen am Holmenkollen teil. 1922 errang er in Garmisch einen Preis für seine Leistung.
Baader war mehr Ästhet denn Athlet. Erfolge waren ihm weniger wichtig als Geländesprünge, bei denen er die Grenzen des Möglichen austesten konnte. Er übte, bis er sie perfekt beherrschte. Baader legte den Grundstein zu einer Kunstform des Skispringens, die heute als Freestyle bezeichnet wird. Als Arnold Fanck mit seiner Freiburger Filmfirma einen Skifahrer für die Aufnahmen am Feldberg suchte, fand er in Ernst Baader den perfekten Stuntman.
In Anerkennung seiner Leistungen für den Skisport und seine atemberaubenden Sprünge, mit denen er Filmgeschichte schrieb, wurde die Sprungschanze in St. Blasien 1925 nach ihm benannt. Seine Leidenschaft gehörte neben dem Skifahren dem Tennissport. 1951 wurde er zum 2. Vorsitzenden des TC Freiburg gewählt. 1953 kam Dr. Baader auf dem Weg zum Tennisgelände bei einem Autounfall ums Leben.
Als draufgängerischer Wächtenspringer zählt Dr. Ernst Baader zu den Pionieren, die auf dem Feldberg Skigeschichte schrieben. Sein einzigartiger Sprung bleibt unvergessen im Gedächtnis haften und prägt heute das Jubiläumslogo „125 Skilaufen im Schwarzwald“.