Geschichten vom Raimartihof
Der Raimartihof ist eine Wirtschaft, mit besonderer „Laufkundschaft“. Das Gebäude von 1710 liegt weit abseits jeder Straße. Um mit dem Auto vorfahren zu können, braucht man eine Sondergenehmigung. Eigentlich der Supergau für ein Restaurant. Doch lockt der alte Hof am geheimnisumwitterten Feldsee nicht nur mit guter Küche, sondern bietet auch eine ganz ungewöhnliche Unterkunft. Und den Herrn des Hauses kann man ruhig zur alten Sprungschanze befragen.
Der Urgroßvater vom aktuellen Raimartihof-Wirt Bernhard Andris hat 1892 mit einer Ausschankwirtschaft die lange Tradition des Gasthauses ins Leben gerufen. Im Besitz der Andris-Familie ist der Hof sogar schon seit 1825. Der heutige Chef weiß viele Geschichten über seine Vorfahren zu erzählen, von denen die meisten für die Gäste wildromantisch klingen, etwa, dass der Hof erst in den 70er Jahren ans Stromnetz angeschlossen wurde. Bis dahin haben die Andris‘ nur elektrisches Licht mit Wasserkraft betreiben können. Hatte der Feldbach wenig Wasser, glühte die Glühbirne schon mal nur so viel, dass man im Rotlicht saß.
Die Not wird hier zur Tugend
Auch sonst hat man aus vielen Nöten Tugenden gemacht. Selbstversorgung wird hier großgeschrieben, etwa mit der eigenen Kläranlage. Wild jagt man selbst, so dass auch Gams, Reh und Hirsch den Weg auf die Speisekarte finden. Andris besitzt zudem rund 20 Galloway-Rinder. Die schottischen Hochlandrindviecher kommen mit dem rauen Klima am Feldsee gut zurecht und bleiben den ganzen Sommer draußen. In deren Winterunterkunft ziehen dann Gäste ein. Das Heulager – natürlich sorgfältig gereinigt – kann fast so viele Menschen wie Rinder aufnehmen. Lassen Sie sich gesagt sein: Im Heu zu liegen ist wirklich gemütlich! Und macht nicht nur Kindern Spaß. Nur Allergiker lassen es besser sein.
Öfter mal im Heu liegen Wanderreiter, die hier Station machen, wobei Andris noch viel öfter Esel-Tracking-Touren beherbergt. Als EU-Präsident Javier Solana während seiner Amtszeit ganz spontan beschloss, sich zum Raimartihof bringen zu lassen, hat der aber nicht im Heu übernachtet. Aber nett sei er gewesen, betont Andris. Eigenartig fand er nur die Bodyguards in seiner Wirtsstube.
Der Spaziergang vom Hof bis zum Feldsee dauert nur ein paar Minuten und belohnt den Wanderer mit einem wahren Kleinod von See. Das Betreten oder Beschwimmen ist aber streng verboten, weil das extrem seltene „Stachelsporige Brachsenkraut“, ein Unterwasserfarn, nicht gestört werden soll. Der angelegte Rundgang bietet aber eine echte Alternative, den See umweltbewusst genießen zu können.
Übrigens: Zu einem ganz besonderen Punkt am Feldberg kann man sich vom Feldsee in Richtung Feldberggipfel aufmachen. Wer es gemütlicher mag, startet oben an der Dr.-Pilet-Spur. Im Wald lässt sich eine alte Sprungschanze finden. Die 40 Meter lange Max-Egon-Schanze gehörte nie zu den sichersten. Lange Zeit galt der am weitesten gestürzte Springer als Sieger. Und wenn man nicht rechtzeitig zum Halten kam, stürzte man nach dem Auslauf gleich weiter runter in den Wald. Die Schanze ist mittlerweile abgerissen, man erkennt nur noch ein altes Mäuerchen, das den Absprungpunkt markierte. Bernhard Andris vom Raimartihof hatte sich als Jugendlicher auch einmal für einen Wettbewerb angemeldet, ist aber im letzten Moment doch nicht gesprungen - und nicht gestürzt. Er ist bis heute froh über diese Entscheidung. Um die Schanze zu sehen, geht man am besten vom Hotel Feldbergerhof in Richtung Feldsee und wählt den „rauen Weg“. Kurz bevor der bis dahin sehr angenehme Weg wirklich rau wird, geht es links. Allerdings gibt es nicht viel zu sehen, weshalb Sie besser der schriftlichen Warnung des Feldberg-Rangers nachkommen sollten, den Weg zur Schanze nicht weiterzugehen.
Gut zu wissen
Anfahrt: Eine Anfahrt bis direkt zum Raimartihof kann man vergessen. Nur in Ausnahmefällen kann man bis zum Hof fahren. Vom Feldberg fährt man auf der B317 in Richtung Titisee-Neustadt bis Bärental und biegt am Hotel Adler in Richtung Bruderhalde/Rotwasser ab. Nach etwa einem Kilometer geht es links in den Seebachweg, nach weiteren zwei Kilometern erreicht man den Wanderparkplatz Kunzenmoos. Ab hier geht es zu Fuß weiter. Etwa vier Kilometer durch Wald und Flur sind es auf relativ ebener Strecke bis zum Raimartihof. Vom Feldberg (Dr.-Pilet-Spur) kommt man über den Feldsee zum Raimartihof. Hier sind es nur knapp zweieinhalb Kilometer, aber bedenken Sie, dass nach dem Besuch unten ein ziemlich steiler, langer Aufstieg auf Sie wartet.
Adresse und Öffnungszeiten: Raimartihofweg 12, 79868 Feldberg/Schwarzwald, Telefon: 07676 226
Öffnungszeiten: 9 bis 19 Uhr, bis Anfang November gibt es keine Ruhetage, dafür durchgehend warme Küche.