Die Alpen zum greifen nah.

Die Schwarzwald-Fotografen

Wie sich vier Freunde für eine saubere Umwelt einsetzen
27.10.2021

von Freya Pietsch

Michael, Milan, Johannes und Philip lieben die Fotografie und die Natur. Als „Schwarzwälder Jungs“ engagieren sie sich für den Erhalt der regionalen Kulturlandschaft und krempeln bei Müllsammel-Aktionen selbst die Ärmel hoch. 

Michael Corona hält den Atem an. Ein eisiger Wind bläst ihm ins Gesicht, als er aus dem Parkhaus am Feldberg tritt. Er zieht den Zipper seines Anoraks hoch. Die Stirnlampe wirft einen hellen Lichtkegel auf den Weg. Corona muss sich sputen – er möchte bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel sein. Schnee knirscht unter den Schuhen. Noch liegen die Täler und Wälder im Dunkeln, am Himmel aber kündigt sich bereits der Morgen an: ein helles zartrosa Band am Horizont. Eine Dreiviertelstunde später erreicht der Fotograf den Gipfel. Das Licht der aufgehenden Sonne bricht gerade durch die Tannen und taucht die Landschaft in ein warm-gelbes Licht. Nebel liegt wie ein Weichzeichner über der winterlichen Szenerie. Schnell greift Corona nach der Kamera und drückt den Auslöser. Und noch einmal. Und immer wieder. Seine Hände zittern – nicht nur vor Kälte. So einen perfekten Augenblick hat man nicht alle Tage. Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt.   

Für den perfekten Sonnenaufgang am Feldberggipfel lohnt sich das frühe Aufstehen.
Für den perfekten Sonnenaufgang am Feldberggipfel lohnt sich das frühe Aufstehen. © Johannes Nickel

Michael Corona stammt aus Todtnau und ist als Fotograf regelmäßig am Feldberg unterwegs. Sein Name ist kein Künstlername, wie man vermuten möchte, sondern er heißt tatsächlich so. Wenn er „ich“ sagt, kommt das „ch“ von weit hinten im Gaumen. In seiner Stimme schwingt Gelassenheit mit. Der 29-Jährige liebt die Fotografie und die Natur. Und er ist damit nicht allein: 2020 hat er sich mit drei weiteren Fotografen im Alter zwischen 25 und 37 Jahren zusammengetan und mit ihnen die „Schwarzwälder Jungs“ gegründet. Die Gruppe möchte auf die Schönheit des Schwarzwalds aufmerksam machen und sich mit Umweltschutz-Aktionen für deren Erhalt einsetzen. Regelmäßig laden die drei Freunde – neben Michael Corona sind das Johannes Nickel, Philip Carneiro und Milan Janik Öhler – ihre Bilder auf Instagram hoch: der Feldsee bei Sonnenuntergang, schneebedeckte Wälder, Nebelschwaden, die über Tälern hängen …

Von den vier Jungs lebt nur Michael Corona selbst im Hochschwarzwald. Die anderen sind in Achern, Freiburg oder Schopfheim zu Hause. Und doch fühlen sie sich alle magisch von der Region angezogen. „Ich kriege einfach nicht genug vom Schwarzwald und bin hier so oft wie möglich mit der Kamera unterwegs“, schwärmt Philip Carneiro. Während eines Praxissemesters in Brasilien hat der Deutsch-Portugiese das Fotografieren für sich entdeckt. Frühmorgens oder abends sind die Fotografen am liebsten im Schwarzwald unterwegs. „Die blaue Stunde hat etwas Magisches und macht die Landschaft nochmal mystischer“, sagt Milan Öhler.

"Ich kriege einfach nicht genug vom Schwarzwald "
(Philip Carneiro)
Alle vier auf einem Haufen: Die Schwarzwälder Jungs

Fotografen mit großem Herz für die Natur (v. l.): Michael Corona, Milan Öhler, Phillip Carneiro und Johannes Nickel © Schwarzwälder Jungs

Kennengelernt haben sich die vier Männer im Herbst 2018 bei einem Treffen von Fotografen aus dem Hochschwarzwald. Über Instagram hatten sie sich bereits beschnuppert, jetzt merkten sie auch im persönlichen Kontakt, dass die Chemie stimmt. „Wir haben uns auf Anhieb mega gut verstanden“, sagt Corona. Es kam zu weiteren Treffen, Freundschaften entwickelten sich. 2020 legten sie dann als „Schwarzwälder Jungs“ so richtig los: mit einer ersten gemeinsamen Müllsammel-Aktion.

Die Idee dazu hatte sich während der Pandemie entwickelt. Durch Lockdown und Kontaktbeschränkungen waren 2020 deutlich mehr Menschen im Schwarzwald unterwegs, der Tages-Tourismus hatte extrem zugenommen. Auch viele Wildcamper schlugen ihre Zelte auf. Zurück blieben Zigarettenkippen, Windeln, Plastikflaschen ... „Am Feldberg war es ganz extrem“, erzählt Michael Corona, „und an den Parkplätzen entlang der Passstraße. Da hätten wir tonnenweise Müll sammeln können. Zu viert wären wir tagelang beschäftigt gewesen.“

"Wir haben uns auf Anhieb mega gut verstanden"
(Michael Corona)
Das Zusammenspiel zwischen Sonne und Nebel. Einzigartig.
Das Zusammenspiel zwischen Sonne und Nebel. Einzigartig. © Michael Corona

Bewusst suchen die Freunde für ihre Umwelt-Aktivitäten (weitere Müllsammel-Aktionen folgten) touristisch stark frequentierte Orte und Plätze aus. „Wir möchten gesehen werden, ins Gespräch kommen. Nur so schafft man Bewusstsein und ändert etwas.“ Wenn sie beobachten, wie Wanderer über geschützte Wiesen stapfen oder mitten in einem Naturschutzgebiet parken, sprechen sie diese schon auch mal direkt an. „Die meisten Menschen handeln aus Unwissenheit, nicht aus bösem Willen“, sind sie überzeugt. Tolle Ausblicke oder schöne Fotomotive findet man aber auch, wenn man sich an die Regeln hält und auf den Wegen bleibt. Bester Beweis dafür sind die Bilder, die sie selbst auf Instagram hochladen. In Foto-Workshops geben sie ihr Wissen weiter. Zudem halten die „Schwarzwälder Jungs“ Kontakt zu Umwelt-Engagierten wie dem Feldberg-Ranger Achim Laber, unterstützen Initiativen für Artenschutz und suchen die Zusammenarbeit mit Gemeinden, Tierschutzvereinen und Verbänden.

Fast jeden Tag sind die vier Fotografen draußen anzutreffen. „Und wenn es nur ein kurzer Spaziergang durch das nahegelegene Waldstück ist“, sagt Johannes Nickel. „Schon als Kind bin ich nach der Schule immer mit Freunden in den Wald gegangen und habe Hütten gebaut“, erinnert sich Michael Corona, der bei der Bergwacht aktiv ist. „Im jugendlichen Leichtsinn haben wir auch Fehler gemacht“, gibt er zu. „Einmal musste Achim Laber uns ermahnen, weil wir mit Skiern im Wald unterwegs waren.“ Das störe die Winterruhe der Tiere. Damals wusste Corona das nicht. Heute möchte er selbst aufklären und Vorbild sein. „Der Schwarzwald ist einfach eine tolle Region. Wir müssen sie schützen, damit das auch in Zukunft so bleibt.“

Eisiger Wind und intensive Sonnenstrahlen auf dem Gipfel.
Eisiger Wind und intensive Sonnenstrahlen auf dem Gipfel. © Johannes Nickel

So gelingen Winterbilder – 
5 Tipps von den Schwarzwälder Jungs

1. Frühaufsteher werden: Die besten Motive ergeben sich meist bei Sonnenaufgang.

2. Das Wetter über einen längeren Zeitraum beobachten. Ausdrucksstarke Bilder bekommt man bei Inversionswetterlage, wenn unten in den Tälern der Nebel hängt und oben auf den Gipfeln die Sonne scheint.

3. Gut vorbereitet sein: Ist die Fotoausrüstung vollständig? Sind die Akkus geladen? Schützt mein Outfit vor Nässe und Kälte? Am besten noch am Vorabend prüfen.

4. Vorsicht statt Leichtsinn: Gefahren im Gelände sollte man einschätzen können und sich Wissen über Wetter, Schnee und alpine Gefahren aneignen. Auch über Naturschutz sollte man Bescheid wissen.

5. Das fotografische Auge schulen: Tolle Motive gibt es zuhauf im Hochschwarzwald. Um sie einzufangen, muss man einen Blick für das Besondere entwickeln – und dann im richtigen Moment am richtigen Ort sein.

Schneebedeckte Tannen auf dem Gipfel.
Schneebedeckte Tannen auf dem Gipfel. © Michael Corona

BeWild – Bewusst unterwegs in der Natur 

„Verläuft durch dein Schlafzimmer auch ein Winterwanderweg? Ein Geocaching unter deinem Sofa? Inwiefern stören wir Wildtiere während unserer Freizeitaktivitäten? “ Mit Fragen wie diesen möchte die Initiative „bewusstWild“ auf ihrer Webseite, mit Flyern, Broschüren und Infostände für Reh, Hase und Co. sensibilisieren und sich für den Schutz einsetzen. Träger des Projekts sind die Vereine Naturpark Südschwarzwald und Auerhuhn im Schwarzwald, unterstützt werden sie von zahlreichen weiteren Institutionen. Die Überzeugung der Macher: Meist ist es Unwissenheit und kein böser Wille, die in der Freizeit zu falschem Verhalten in der Natur führt. Mit kurzweiligen Texten und praktikablen Anregungen informiert „bewusstWild“ über das Leben der Tiere und warum es – gerade im Winter – wichtig ist, beim Wandern, Skifahren oder Schneeschuhlaufen Rücksicht zu nehmen.

Mehr Informationen

  • Jede Menge tolle Bilder sowie Infos zu aktuellen Umwelt-Aktionen und Foto-Workshops der Schwarzwälder Jungs gibt es auf Instagram: @schwarzwaelderjungs
  • BeWild – Bewusst unterwegs in der Natur 
    „Verläuft durch dein Schlafzimmer auch ein Winterwanderweg? Ein Geocaching unter deinem Sofa? Inwiefern stören wir Wildtiere während unserer Freizeitaktivitäten? “ Mit Fragen wie diesen möchte die Initiative „bewusstWild“ auf ihrer Webseite, mit Flyern, Broschüren und Infostände für Reh, Hase und Co. sensibilisieren und sich für den Naturschutz einsetzen.