Tradition und neue Trends
Das Obstbrennen hat im Schwarzwald eine lange Tradition. Auf vielen Bauernhöfen wurden überzählige Früchte für den Eigenverbrauch verarbeitet – und der Schnapsverkauf für manche zum Nebenerwerb. So entstand auch die Elztalbrennerei Georg Weis, die mittlerweile in dritter Generation von Christian und Hansjörg Weis, den beiden Enkeln des Firmengründers, geführt wird.
An seinen Opa Georg kann sich Christian Weis kaum noch erinnern. Der Gründer der Elztalbrennerei kam 1971 bei einem Verkehrsunfall ums Leben, da war Enkel Christian erst fünf Jahre alt. Ein anderes einschneidendes Ereignis auf dem familieneigenen Hof in Gutach im Elztal ist ihm hingegen deutlich präsenter im Gedächtnis: Im November 1996 wachte er nachts auf, weil er Sirenen ganz in der Nähe hörte. Beim Blick aus dem Fenster sah er die Flammen. Das 1938 fertiggestellte Brennerei- und Obstkeltereigebäude brannte komplett ab. Glück im Unglück für Christian Weis und seinen Bruder Hansjörg, die kurz zuvor den Familienbetrieb von ihrem Onkel Clemens übernommen hatten: Eine neue Abfüll- und Lagerhalle stand bereits und die Maschinen waren schon dorthin umgezogen worden. „Ein bisschen ungemütlich war es dann für einige Mitarbeiter trotzdem im Winter, weil sie draußen arbeiten mussten“, erzählt Christian Weis.
Von dem Brand ist schon lange nichts mehr zu sehen und von dem früheren Bauernhof auch nicht mehr. Die Elztalbrennerei gehört mittlerweile zu den größten Spirituosenherstellern in der Region. „Unser Opa würde sich hier wohl nicht mehr auskennen“, mutmaßt Christian Weis. Die Leidenschaft fürs Obstbrennen aber hatte er nicht nur seinem Sohn Clemens, sondern auch den Enkeln vererbt. „Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Weis, „und wir sind in diesem Betrieb aufgewachsen.“ Er selbst hat Destillateur gelernt und den Meister gemacht, sein Bruder Hansjörg Betriebswirtschaft studiert – beide mit dem Vorsatz, das Familienunternehmen weiterzuführen.
Als 15-Jähriger mit dem Brennen begonnen
Auf dem elterlichen Hof hatte Georg Weis schon als 15-Jähriger mit dem Obstbrennen begonnen, so wie es auch auf vielen anderen Höfen im Hochschwarzwald üblich war und mancherorts heute noch ist, mit den Früchten, die nicht anderweitig verarbeitet werden konnten. 1924 gründete er mit erst 22 Jahren die Elztalbrennerei und knüpfte erste Bande mit dem Handel. In den 1960er-Jahren übergab er den Betrieb an seinen Sohn Clemens, dessen Bruder übernahm die Landwirtschaft, die beiden Schwestern verließen den Hof. Während die Brennerei immer weiter ausgebaut wurde, nahm die Bedeutung der Landwirtschaft nach und nach ab und wurde schließlich ganz eingestellt. „Unsere Lager und Abfüllhallen waren früher Pferde- und Hühnerställe, die Büroräume waren der Saustall und der jetzige Verkaufsladen war unser Wohnzimmer“, erzählt Christian Weis.
Er und sein Bruder Hansjörg haben den Betrieb kontinuierlich vergrößert und 2017 eine neue Lager- und Logistikhalle in Betrieb genommen. Sie wurde von Architekt Klaus Wehrle entworfen und hat mittlerweile schon mehrere Architekturpreise erhalten, auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Die Wände und Decken sind mit heimischem Weißtannenholz verkleidet, die Dachform passt sich ins Landschaftsprofil ein und die Abwärme aus der Produktion wird zum Heizen genutzt.
Familienrezepte unter strengem Verschluss
15 Millionen Liter Edelbrände und Liköre lagern dort in riesigen Tanks. Gebrannt wird weiterhin ganz traditionell in Kupferkesseln. Dafür sind keine Rezepte nötig. Für die Liköre hingegen schon. Diese wurden über die Generationen hinweg in einem Ringbuch weitergegeben, das unter strengem Verschluss ist. Während früher vor allem heimische Pflaumen, Kirschen, Birnen und Äpfel verarbeitet wurden, sind im Laufe der Jahre immer neue Früchte dazugekommen sowie neue Rezepte, wie etwa zuletzt für den „Ingo“, einen Ingwer-Orangen-Likör. „Die Verbraucher verlangen immer mal wieder etwas Neues“, sagt Christian Weis. Hauptsächlich werden in der Elztalbrennerei aber weiterhin Früchte von Landwirten aus der Region verarbeitet.
Auch bei den Flaschenformen setzen die Weis-Brüder sowohl auf Bewährtes als auch auf Neuerungen. So gibt es weiterhin die nur leicht veränderte „Holzscheitflasche“, eine Vierkantflasche mit verschobenen Seiten, die an zwei Seiten wie Holz gemasert ist und 1967 angemeldet und geschützt wurde. Als „exzentrische, diamantförmige Flasche“ ist sie im „Global Design Book“ des weltweit größten Glasbehälterherstellers O-I vertreten.
Viele Spezialitäten der Elztalbrennerei erhalten regelmäßig von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) Gold- und Silbermedaillen, der gesamte Betrieb den DLG-Preis für langjährige Produktqualität. Da das Unternehmen bundesweit große Handelsketten beliefert und weltweit aktiv ist, sind unter anderem auch Gin aus Südafrika und schottischer Whisky im Angebot. Gefragt sind aber weiterhin vor allem die Klassiker wie Schwarzwälder Kirschwasser, Williams-Christ-Birne und "Pflümli", ein Pflaumenlikör. Mit ihren mittlerweile 40 Mitarbeitern fühlen sich die Weis-Brüder der Schwarzwälder Tradition verpflichtet – ohne sich dabei neuen Trends zu verschließen.