Wer will, kann in der Brauerei Rogg sein eigenes Bier brauen. Die Einträge von Stammtischrunden, Kegelvereinen und Arbeitskollegen im Gästebuch lassen keinen Zweifel daran, wie hochinteressant und lustig das ist.

Brau und furz, das Leben ist kurz

Lenzkircher Bierleidenschaft in der 6. Generation
13.08.2013

von Barbara Bollwahn

Den Anfang machte Andreas Rogg 1846. Vor 167 Jahren gründete der Frachtfuhrmann und Brauer die Brauerei Rogg in Lenzkirch. Neben der Bierherstellung betrieb er Landwirtschaft, machte er Heu, zog den Ochsenpflug und vieles mehr, alles von Hand, wie das damals so war.

Die Brauerei florierte und auch die Brauereigaststätte lief gut, doch die Biermengen waren anfangs begrenzt, so dass es bisweilen Beschwerden von Gästen gab. Überliefert ist, dass sich Gäste beim Bezirksamt in Neustadt beschwerten, weil das Bier zwei Tage lang ausgegangen war.

Ernst Rogg, der Wievielte?

So etwas würde Achim Rogg, der die Brauerei nach Andreas Rogg, Franz-Josef Rogg, Ernst Rogg I., Ernst Rogg II. und Ernst Rogg III. in der sechsten Generation führt, ganz sicher nicht passieren. Auch wenn der 41Jährige Diplombraumeister auf mehr als zwei Hochzeiten tanzen muss, um die Existenz der Brauerei zu sichern, die die meisten Kunden im Umkreis von 50 Kilometern hat und einen Abnehmer im Elsass. Sie ist die einzige Privatbrauerei, die es noch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gibt - von ehemals 100 Privatbrauereien.

Acht verschiedene Sorten werden auf 850 Meter über dem Meeresspiegel gebraut. Das Lenzkirch Pils ist die Sorte mit dem größten Ausstoß, der Rogg Zipfel ist ein feinwürziges und nicht so bitteres Pilsener, das Lenzkircher Dunkel wird nach dem alten Rezept der zweiten Rogg-Generation gebraut, das Lenzkircher Hell ist ein untergäriges „Bier für jeden Tag“. Dazu kommen Hefeweizen hell, Hefeweizen dunkel, Bio-Landbier und Bio Hefe-Weisse. 5.000 Hektoliter pro Jahr braut Rogg pro Jahr. Im Vergleich: Deutschlands größte Brauerei, Oettinger, produziert 10 Millionen Hektoliter im Jahr. „Ich muss nicht jeden Gasthof im Ort beliefern“, sagt Rogg, „sonst macht man sich kaputt“.

„Ich mache das gerne“, sagt Achim Rogg, „das ist meine Leidenschaft“.
„Ich mache das gerne“, sagt Achim Rogg, „das ist meine Leidenschaft“. © Barbara Bollwahn

Dafür setzt er ganz bewusst auf Regionalität. Der bekannte Tettnang-Hopfen kommt aus Friedrichshafen am Bodensee, das Gerstenmalz vom Oberrhein, das Wasser zum Brauen aus einer eigenen Quelle im Wald, anderthalb Kilometer von der Brauerei entfernt. Da mutet es umso lustiger an, was in einer Ecke im „Brauereigasthof“, wo Dunkelbiersamtsüppchen, Semmelknödel aus Bierbrot und weitere Gerichte mit Bier auf der Karte stehen und alte Gerätschaften aus der Anfangszeit der Brauerei zusammengetragen sind, über die frühere Wasserqualität nachzulesen ist: „Der Herr Bürgermeister gibt bekannt, dass am Mittwoch Bier gebraut wird und deshalb am Dienstag nicht mehr in den Bach geschissen werden darf.“

Gasthof, Laden, Schwimmbad, Campingplatz: Viel zu tun

Achim Rogg braut aller zwei Wochen, etwa 200 Hektoliter. Dann ist er 24 Stunden auf den Beinen. „Ich mache das gerne“, sagt er, „das ist meine Leidenschaft“. Die Biere der großen Brauereien, fährt er fort, werden immer ähnlicher im Geschmack, bis nur noch Marken bleiben und wenig Vielfalt. Davon profitiert er mit seinem Gerstensaft, der zudem fünf Wochen reift. „Nicht sieben Tage, wie bei den anderen“, wie er betont. „Ein großes Plus“ sieht er zudem darin, dass viele Kunden zunehmend Regionalität zu schätzen wissen. Jedes Jahr im Herbst wird auf dem Brauereigelände auch Schnaps gebrannt, aus hauseigenem vergorenem Bier.

Regelmäßig inspiziert Rogg das drei Hektar große Gelände der Brauerei. Neben dem „Brauereigasthof“ gibt es den Gasthof „Kreuzhof“, der verpachtet ist, einen Lebensmittelladen und ein Schwimmbad für die Urlauber des Campingplatzes, den Roggs Vater in den 70er Jahren angelegt hat, und der an einem Naturbadesee liegt, der früher als Eisweiher zum Bierkühlen verwendet wurde. Um den Campingplatz kümmert sich Achim Roggs Frau Insa, eine gelernte Physiotherapeutin aus Friesland, die auch Massagen anbietet und in einem Steinofen auf einer Wiese Hefezöpfe und Brot bäckt.

Den Anfang machte Andreas Rogg 1846. Vor 167 Jahren gründete der Frachtfuhrmann und Brauer die Brauerei Rogg in Lenzkirch.
Den Anfang machte Andreas Rogg 1846. Vor 167 Jahren gründete der Frachtfuhrmann und Brauer die Brauerei Rogg in Lenzkirch. © Barbara Bollwahn

Roggs Mutter wickelt die Buchhaltung ab, seine Schwester, auch sie Diplombrauer, ist für die Angus-Mutterkühe und die Kälber zuständig, ihr Freund, ein Zimmermann, packt an, wo es nötig ist, zudem werden Pferde in Pension genommen und etwas Fortwirtschaft betrieben. Der 72jährige Braumeister Hermann Steinhaus, der bis zu seiner Pensionierung 30 Jahre für Roggs gearbeitet hat, macht noch immer regelmäßig Führungen durch die Brauerei, zu denen eine Verkostung im „Schalander“ gehört, dem ehemaligen Aufenthaltsraum für Brauergesellen und Lehrburschen. Steinhaus gehört wie viele der insgesamt etwa 20 Mitarbeiter zur Familie. Wer will, kann in der Brauerei Rogg sein eigenes Bier brauen. Die Einträge von Stammtischrunden, Kegelvereinen und Arbeitskollegen im Gästebuch lassen keinen Zweifel daran, wie hochinteressant und lustig das ist.

“Besser als Rothaus, frischer als Jever, goldener als Becks, bekömmlicher als Ganter, einfach lecker!“,

Die Polizeidirektion Freiburg, Abteilung Wirtschaftskriminalität, hat sich mit einem buchenfarbenen Vollbier mit 11,8 Prozent Stammwürze verewigt. Mitarbeiter einer Firma aus der Nähe vom Bodensee haben einen kernigen Spruch hinterlassen „Trink, friss, brau und furz, das Leben ist kurz.“

Der bekannte Tettnang-Hopfen kommt aus Friedrichshafen am Bodensee, das Gerstenmalz vom Oberrhein, das Wasser zum Brauen aus einer eigenen Quelle im Wald.
Der bekannte Tettnang-Hopfen kommt aus Friedrichshafen am Bodensee, das Gerstenmalz vom Oberrhein, das Wasser zum Brauen aus einer eigenen Quelle im Wald. © Barbara Bollwahn

Dass er das Erbe seiner Vorfahren übernommen hat, hat Achim Rogg keinen Tag bereut. Aber er weiß, dass er sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen darf. „Wer nicht mehr baut, bald nicht mehr braut“, zitiert er einen Ausspruch seines Vaters. So wird im kommenden Jahr ein millionenteures neues Sudhaus errichtet. Zwei seiner drei Kinder, erzählt er stolz, zwei Töchter und ein Sohn zwischen vier und acht Jahren, hätten das Zeug dazu, die Brauerei eines Tages in die 7. Generation zu führen.