Auf Rotwildpirsch
Statt „die Affen rasen durch den Wald“ sehen wir die Rehe rennen… Doch eigentlich sind wir wegen der Hirsche gekommen, die hier am Schluchsee, in einem Rückzugsgebiet des Rotwilds, vor ungefähr 100 Jahren wieder angesiedelt wurden. So viel sei verraten: Hirsche haben wir heute (vermutlich) keine gesehen, aber dafür andere Tiere und den Wald mit allen Sinnen wahrgenommen.
Wer hat Angst vorm "bösen Wolf"?
Ich heiße Tabea, bin Mitarbeiterin der Hochschwarzwald Tourismus GmbH und habe mich heute einer kleinen Gruppe auf der Rotwildpirsch angeschlossen. Neugierig und mit Fotokamera ausgestattet komme ich am Treffpunkt an. Der Förster, der die Gruppe heute leitet, telefoniert gerade noch mit einer Teilnehmerin, die absagt, weil sie mitbekommen hat, dass es in der Gegend einen Wolf und eine Wölfin gibt. Jens Göttfert ist Mitarbeiter des Forstbezirks Titisee-Neustadt und Förster am Feldberg und so fühle ich mich also in besten Händen, würde mir beim Wandern alleine aber auch keine Gedanken machen, da die Wahrscheinlichkeit einem Wolf zu begegnen verschwindend gering ist.
Bambi ist nicht das Kind vom Hirsch
Doch genug vom Wolf. Bei unserer Pirsch geht es nämlich hauptsächlich um das Rotwild, das in der Nähe des Schluchsees heimisch geworden ist. Und die ersten Infos über die hier lebenden Wildtiere erfahren wir bereits am Wanderparkplatz. Herr Göttfert klärt zunächst den Mythos auf, dass Bambi kein Kind vom Hirsch sein kann. Der Fehler kam durch eine falsche Übersetzung aus dem Englischen zustande und ist bis heute in den Köpfen drin. Und dann erfahren wir, wie man das Alter eines Hirschs am Geweih erkennen kann. Mal mehr, mal weniger, denn auch Nahrungsmangel könne dazu führen, dass das Geweih klein bleibt, erklärt er uns.
Der Pfad, den (k)einer kennt
Schon geht es los. Wir wandern fröhlich plaudernd durch den Wald, bis unser Förster in den Wald weist: „Hier geht’s lang“! Der Beginn des Pfads ist für uns nicht sichtbar, wohl ein Trick der Jäger, damit hier nicht alle lang spazieren. An dieser Stelle werde auch ich nicht verraten, wo die Abzweigung im Wald zur Hirschbeobachtungsstelle vom Hauptweg abgeht, aber kann euch diese Rotwildpirsch-Tour schon jetzt empfehlen, wenn ihr euch für heimische Wildtiere interessiert. Dann werdet ihr auch zu den Eingeweihten gehören, die wissen, wo es lang geht.
Hirsche & andere Wildtiere
Der Pfad führt durch Himbeersträucher, über knorrige Wurzeln, an einem großen Felsen vorbei und dann steil bergauf. Da kommt der ein oder andere etwas aus der Puste. An der Hirschbeobachtungsstelle angekommen - meine Kamera ist leider noch nicht parat - kommt ein Rehbock angaloppiert, stoppt, als er uns wittert und macht kehrt. Schade, diese Foto-Gelegenheit ist so schnell vorbei wie sie gekommen ist. Aber macht nichts. Wir sind jetzt alle still und spähen auf das Tal, den Waldrand und zwischen die Sträucher. Bewegt sich da etwas? Unser Förster macht uns schließlich auf ein Wildschein aufmerksam. Ganz klein und auch nur mit dem Fernglas zu erkennen, trottet es über eine lichte Wiese. Anscheinend eine Seltenheit hier oben, denn Wildscheine fühlen sich sonst auf weniger Höhenmetern wohler, bemerkt Jens Göttfert.
Dämmerung über dem Wald
Es wird still, die Dämmerung bricht herein, die Grillen zirpen und eine frische, kühle Luft lässt die Blätter der Bäume zittern. Und dann sehen wir doch tatsächlich 3 Rehe miteinander spielen. Dieses Zusammenspiel der Wildtiere ist uns Menschen fremd, da wir sie doch meistens nur aus dem Auto sehen, wie sie in der Ferne flüchten, fällt mir auf. Plötzlich rennt auch noch ein größeres Tier vorbei. So schnell, dass wir nicht sicher sagen können, ob es eine Hirschkuh ist. Vielleicht war es aber tatsächlich eines der rund 400 anmutigen Tiere, die hier im Wald in der Nähe des Schluchsees leben und in deren Lebensraum wir heute Abend für eine kurze Zeit zu Besuch waren.