Kuckuck! Zwei Pfeifen im Inneren lassen den markanten Ruf erklingen.

Wie der Kuckuck in die Uhr kam

Keine Region ist in Deutschland so eng mit dem Kuckuck verbunden wie der Schwarzwald.
24.05.2013

von Barbara Bollwahn

Der Kuckuck wird in Volksliedern besungen, er ist in der Literatur verewigt, in Sprichwörtern und Redewendungen, im Volks- und im Aberglauben. Dem Kuckuck wurden wahrsagerische Kräfte nachgesagt und manch einer glaubte, dass die Anzahl seiner Rufe die Lebensjahre voraussage oder die Zahl der Jahre bis zur Hochzeit.

Der griechische Philosoph Aristoteles referierte über den jahrhundertelangen Irrglauben, der Kuckuck, der äußerlich dem Sperber ähnelt, verwandle sich im Spätsommer in diesen Greifvogel, und verschwinde deshalb jedes Jahr. Tiervater Alfred Brehm appellierte im 19. Jahrhundert an die Menschen, „dem Walde seinen Hüter, uns den Herold des Frühlings zu lassen, ihn zu schützen und zu pflegen, so viel wir dies im Stande sind, und blindem Wahne, dass dieser Vogel uns jemals Schaden bringen könnte, entgegenzutreten, wo, wann und gegen wen es immer sei“.

Bis heute hat sich der Glaube erhalten, dass es einen Geldsegen bringt, wenn man, während ein Kuckuck ruft, auf sein Portemonnaie klopft. Aussprüche wie „Zum Kuckuck!“ oder„Der Kuckuck soll dich holen!“ rühren daher, dass der Teufel früher auch Kuckuck genannt wurde. Weil der Kuckuck seine Eier in fremde Nester legt und seine Jungen von fremden Eltern großziehen lässt, gilt er als herzlos, teuflisch und böse. Möglicherweise erklärt das den Umstand, dass die Siegelmarke des Gerichtsvollziehers umgangssprachlich als Kuckuck bezeichnet wird.

Kuckuck, ruft's aus der Uhr!

Keine Region ist in Deutschland so eng mit dem Kuckuck verbunden wie der Schwarzwald. Das liegt an der gleichnamigen Uhr, bei der ein meist aus Holz geschnitzter Kuckuck durch die Anzahl der Rufe anzeigt, was die Uhr geschlagen hat. Wie aber kommt es, dass es im Schwarzwald „Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus der Uhr“ heißt statt „Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus dem Wald“? Gibt es dort so viele Kuckucke, dass Uhrenbauer ihm ein tickendes Denkmal setzen wollten? Weit gefehlt. Der Brutbestand des Kuckucks, der 2008 vom Naturschutzbund Deutschland und vom Landesamt für Vogelschutz zum „Vogel des Jahres“ gewählt wurde, liegt in Baden-Württemberg zwischen 8.000 und 10.000 Paaren. Damit macht er zwischen 9 und 13 Prozent des Brutbestandes in ganz Deutschland aus.

Geklärt ist immerhin, woher der Begriff Kuckucksuhr stammt. Sie geht auf einen Patrizier aus Augsburg zurück, der 1629 eine Kuckucksuhr erwähnte, die dem Kurfürsten August von Sachsen gehörte. Knapp zwanzig Jahre später wurde in dem damals weit verbreiteten „Musurgia Universalis“, einem Handbuch zur Musik, eine mechanische Orgel genannt, zu deren Tönen sich verschiedene Figuren bewegten, die an ihr angebracht waren. Eine davon war ein Kuckuck, der mit den Flügeln schlug und dessen Ruf durch den Ton zweier Orgelpfeifen imitiert wurde. Inspiriert durch den markanten Klang dieser Tonfolge kam 1669 von einem italienischen Architekten der Vorschlag, den Kuckucksruf zur vollen Stunde zu verwenden. Wie und wann genau die Kuckucksuhr in den Schwarzwald gelangte, ist hingegen nicht ganz geklärt. Fest steht, dass zunächst Glasträger die Uhren auf ihren Rückentragen nach Italien, Frankreich und die Schweiz mitnahmen, bis die Uhrenhersteller sie selbst vermarkteten. In Schwung kam die Schwarzwälder Uhrmacherei im 18. Jahrhundert und ab dem 19. Jahrhundert nahm die Produktion rasant zu.

Kuckuck! Ja, aber warum?

Dass ein Kuckuck und kein anderes Tier hinter der türähnlichen Klappe in den weltweit bekannten Uhren einzog, hat eine simple Erklärung, die ohne jeden Aberglauben oder Mutmaßungen auskommt: Der Ruf des Kuckucks ist relativ leicht zu erzeugen. Über zwei Pfeifen im Innern der Uhr ist jeweils ein kleiner Blasebalg angebracht, der durch ein Rad des Schlagwerks angehoben und mit Luft gefüllt wird. Wenn die Blasebälge durch ihr Eigengewicht kurz nacheinander in sich zusammen fallen, strömt die Luft durch zwei Lippenpfeifen nach außen und es erklingt der berühmte Ruf. Es gab zahlreiche Versuche, kompliziertere Tierlaute nachzuahmen. Doch nur der einprägsame Ruf des Kuckucks konnte sich durchsetzen.