Rodeln an der Kalten Herberge

Rodel dich glücklich

Ein rasanter Rodeltag an der Kalten Herberge der uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubert
27.09.2023

von Matthias Maier

Eine Wolke aus glitzernden Schneekristallen stäubt vor uns auf. Aufgewirbelt vom Schlitten direkt vor uns. Ausweichen oder bremsen ist jetzt nicht mehr drin. Also Augen zu und durch... wuuuhuuuu – in dem Moment, als das Netz aus feinen Tröpfchen unsere Gesichter kitzelt, entfährt uns ein Jubelschrei. Dazu ein breites Grinsen zwischen den Mundwinkeln. Müsste uns das jetzt etwa irgendwie peinlich sein? Wenn wir als Mittdreißiger noch genau gleich auf eine Schlittenfahrt reagieren wie als kleine Knirpse, damals vor gut 25 Jahren?

Mit ein paar Freunden sind wir heute an die Kalte Herberge gefahren. Zum Rodeln. Auf den Spuren der Kindheit, könnte man sagen. Damals, zu Grundschulzeiten, wenn es am Wintersporttag zum Ski- oder Schlittenfahren zur Kalten Herberge ging, lief das so ab: Die Hände in dicke Fäustlinge gepackt; auf dem Kopf eine zu große Bommelmütze, die oft über die Augen rutschte, sodass man die meiste Zeit kaum sehen konnte, wo man überhaupt hinrodelte.

Rasante Abfahrten

Anfangs wurden Wettrennen gefahren, inklusive Karambolagen. Irgendwann gingen wir dazu über, die Schlitten hintereinander aufzureihen und aneinander festzubinden. So ging es mit Schwung den Hang hinunter. Nach den Gesetzen der Physik waren ganz hinten die Fliehkräfte am größten. Wer an letzter Stelle fuhr, segelte spätestens in der zweiten Kurve vom Schlitten. Im Idealfall landete er in weichem Pulverschnee. Der Idealfall war selten.

Trotz Blessuren rannten wir danach wieder nach oben, um möglichst schnell die nächste Abfahrt antreten zu können. Am Ende des Tages gab’s in der Wirtschaft einen heißen Kakao. Und zwischen verschwitzten Haaren und roten Bäckchen war schon damals eben jenes Grinsen zu sehen, das sich auch heute wieder breitmacht.

Rodeln macht auch nach 25 Jahren immer noch so viel Spaß wie damals als Kind!

Rodeln macht auch nach 25 Jahren immer noch so viel Spaß wie damals! © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Rodel-to-go

Anders als unsere Euphorie hat sich die Kalte Herberge in den vergangenen Jahrzehnten ein wenig verändert. Spätestens seit Veronika Winterhalder gemeinsam mit ihrem Mann Lars den Skilift und den landwirtschaftlichen Betrieb mit knapp 50 Vorderwälder Rindern von ihren Eltern übernommen hat. 2018 war das. Seitdem haben sie einen gemütlichen Kiosk direkt neben der Skipiste eröffnet und ein 106 Meter langes Förderband am Rodelhang gebaut. Mit Überdachung. So kommen Schlittenfahrer ganz komfortabel wieder den Berg hinauf. Außerdem sind sie Partner des Rodel-to-go-Verleihsystems: Urlaubsgäste mit Hochschwarzwald Card können hier kostenlos einen Schlitten ausleihen und damit einen ganzen Tag lang die Hänge hinuntersausen. So wie wir heute.

Rodel to go: Die Schlitten können vor Ort im Rahmen des Rodel-to-go-Verleihsystems ausgeliehen werden.
Rodel to go: Die Schlitten können vor Ort im Rahmen des Rodel-to-go-Verleihsystems ausgeliehen werden. © Hochschwarzwald Tourimus GmbH

Ein Moment der Überwindung

Zwischen verschneiten Fichten wartet der Steilhang auf uns. Als wir an der Hangkante auf unseren Schlitten sitzen, macht sich doch ein wenig Respekt breit. Die meisten von uns sind seit Jahren nicht mehr gerodelt. Ein Moment der Überwindung, dann geht’s mit Karacho bergab. Auf Lenkversuche verzichten wir lieber. Zum Glück ist die Piste breit und bietet unten jede Menge Auslauf …

Auf der Klippe des Rodelhanges ist des doch eine Überwindung

Zwischen verschneiten Fichten wartet der Steilhang. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

"Ein Moment der Überwindung, dann geht es mit Karacho bergab"
(Matthias Maier)

Die Kalte Herberge

Das Förderband, auf dem wir gemütlich wieder hinauf gleiten, mag neu sein. Den Skilift hingegen gibt es bereits seit dem Winter 1968. Auch wenn er in der Zwischenzeit mehrmals generalüberholt und erneuert wurde. Vermutlich sind es Zigtausende Schwarzwälder, die hier das Skifahren gelernt haben. Einer der Gründe, warum die Kalte Herberge – ein Ensemble aus Gasthaus, landwirtschaftlichen Gebäuden und zugehörigem Skilift, Kinderlift, Rodelhang, Skischule und -verleih – für viele eine Institution ist. Oder fast schon ein Mythos. Allein der Name! Manche erzählen, er gehe zurück auf einen Handwerksburschen, der eines Nachts auf der Ofenbank schlafend erfroren sei. So lautet zumindest eine der vielen Sagen, die sich um diesen Ort und seine jahrhundertelange Geschichte ranken. Was ganz sicher stimmt: Die Kalte Herberge liegt seit jeher an der Kreuzung wichtiger Verkehrswege. Wanderer auf dem legendären Westweg kommen hier vorbei, im Winter Langläufer auf dem Fernskiwanderweg durch den Schwarzwald.

Auf der Kalten Herberge bringt ein 106 Meter langes Förderband Schlittenfahrer auf den Hang hoch.

Auf der Kalten Herberge bringt ein 106 Meter langes Förderband Schlittenfahrer auf den Hang hoch. 

© Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Aus Liebe zum Wintersport

Bei aller Historie ist es in erster Linie die Leidenschaft für den Winter und den Sport, die Veronika Winterhalder, die alle nur „Vroni“ nennen, veranlasst hat, den Betrieb zu übernehmen und auszubauen. Ihr Geld verdient sie eigentlich als Physiotherapeutin. Aber sie ist eben auch staatlich geprüfte Skilehrerin. Und war eine richtig gute Rennläuferin, wie sie ganz nebenbei erzählt. In ihrem Jahrgang 1985 hat sie es als Jugendliche bis in den Bundeskader geschafft. Und dabei mit Assen wie einer gewissen Maria Höfl-Riesch trainiert. „Vermutlich wurde mir die Liebe zum Skifahren einfach in die Wiege gelegt“, meint Veronika Winterhalder achselzuckend, „das war schon immer mein großes Hobby.“ Dass die Wintersportmöglichkeiten in der Region auch für künftige Generationen erhalten bleiben, ist ihr großer Wunsch.

Ihr Skilift liegt auf knapp über 1.000 Meter Höhe, an einem Nordhang. Da lässt sich was draus machen. Mit seinem sanften Gefälle eignet er sich vor allem für Familien. Daher der Kinderlift, der Rodelhang und -verleih, die angebotenen Skikurse. „Man muss nehmen, was die Topografie hergibt“, sagt Winterhalder – und sich am besten immer wieder mal was Neues ausdenken. Ab diesem Winter will sie an manchen Abenden Flutlicht-Rodeln anbieten. Da kommen wir dann bestimmt auch mal. Fahren durch Schneewolken. Und Wettrennen. Und binden ganz vielleicht auch mal die Schlitten zusammen.

Auch mal erleben? Infos zu Pistenzustand & Öffnungszeiten gibt’s auf skilift-kalte-herberge.de 

Alle Informationen zu den Rodelhängen im Hochschwarzwald und den Rodel-to-go-Verleihstellen unter hochschwarzwald.de/rodeln

Mehr Informationen

  • Rodelbahn am Hasenhorn
    Besonders für den Wander-Rodler ist die 3,5km lange Winterrodelbahn am Hasenhorn in Todtnau geeignet. Es gibt zum einen die Möglichkeit den anspruchsvollen Aufstieg, zu Fuß zu erklimmen oder man lässt sich gemütlich im Sessellift  den Berg hochfahren.
  • Rodelbahn Saig-Titisee, Lenzkirch
    Ein echter Klassiker mit langer Tradition: Die 1,2 km lange Strecke beginnt auf der Saiger Höhe und führt zwischen verschneiten Fichten hinunter nach Titisee. Dank Flutlicht ist hier sogar eine Runde Feierabend-Rodeln möglich. Am besten mit anschließender Einkehr in einer gemütlichen Stube! 
  • Rodelbahn durch den Pfisterwald
    Am Ortsrand von St. Märgen führt eine familienfreundliche Rodelbahn durch den mystischen Pfisterwald. Sie ist mit 300 Metern nicht die längste Strecke, kann aber dafür ohne Weiteres mehrmals gefahren werden. Der Start und das Ziel beim Waldspielplatz sind ausgeschildert.