Pausenhof

Schneeschuh-Abenteuer im Winterwald

Rote Wangen und strahlende Augen
21.10.2020

von Patrick Kunkel

Die meisten Kinder lieben es, auf Schneeschuhen die unberührte Winterlandschaft zu erkunden. Ganz besonders schön ist ein Schneeschuhwochenende in einer einsamen Hütte tief im verschneiten Winterwald.

Neuschnee! Es dämmert noch, als meine zehnjährige Tochter früh am Morgen die Fensterläden unserer Schwarzwaldhütte mit Schwung aufstößt: „Schnee, Papa!“ ruft Maj begeistert: „Neuer Schnee!“ Auch ihre Freundin Maria hängt halb zum Fenster raus. Draußen schimmert der Himmel noch in einem dunklen Grau, doch etwas ist anders. Es ist heller. Frischer Schnee hat den Wald und die große Wiese rund um die Holzhütte über Nacht mit einer tiefen weißen Schicht bedeckt. Eisblumen verzieren das Fensterglas.

Was für ein Glück! Rückblende, ein Tag zuvor: Wir schleppen die schweren Rucksäcke voll mit Proviant und Winterausrüstung über einen schlammigen Forstweg Richtung Geschwandersdobelhütte, die tief im Bergwald bei St. Peter liegt. Das trübe Wetter haben wir leider aus dem Tal mitgebracht: es nieselt und es windet. Zwischen den Bäumen liegt immerhin noch reichlich schmutziger Schnee von letztem Monat, der zusehends schwindet – kein Wunder, dass die beiden Zehnjährigen mit jeder Kurve ein bisschen mehr maulen. Doch die lauschige Holzhütte mit Küchenhexe und Stockbetten reißt es wieder raus: Ofen anheizen, Kartoffeln, Speck und Zwiebeln für‘s Abendbrot schnippeln, dazwischen Betten richten. Als die Brägele endlich in der Pfanne brutzeln und heißer Kinderpunsch auf dem Herd blubbert und verführerisch duftet, sind auch die beiden Freundinnen schließlich in bester Hüttenlaune. Wir genießen das opulente Hüttenmahl und zocken anschließend an dem wuchtigen Holztisch in der Stube Mau-Mau bis zum Umfallen. „Ist ja echt nett, aber der Schnee fehlt halt schon“, sagt Maj, als die beiden schließlich mit roten Backen in die Schlafsäcke kriechen.

Endlich richtig Schnee

Am Morgen gibt es dann kein Halten mehr: Hüttenfrühstück, Katzenwäsche am eiskalten Brunnentrog vor der Hütte – und dann raus in den Schnee! Erstaunlich, wie schnell sich die Kinder in Schale werfen: Warme Klamotten, Mütze, Handschuhe, die Füße stecken in warmen Socken und dicken Wanderschuhen, dazu Gamaschen, damit kein Schnee von hinten in die Schuhe rieselt. Wir schnallen die Schneeschuhe an, schnappen die Teleskopstöcke – und los geht‘s: Fast ein halber Meter Neuschnee ist über Nacht runtergekommen, und richtig kalt ist es auch wieder geworden. Langsam kriecht die Sonne über den Baumwipfeln hervor, vor der Hütte breitet sich ein Teppich glitzernder Kristalle aus. Endlich richtig Schnee!

Eine Schneeschuh-Tour bringt frische Luft und Glücksmomente.
Eine Schneeschuh-Tour bringt frische Luft und Glücksmomente. © Patrick Kunkel

Wir beschließen, erst einmal die Gegend rund um die Hütte zu erkunden. Die Lichtung vor der Hütte fällt leicht zu einem kleinen Bach hin ab. Wir queren die freie Fläche. Vorsichtig setzen die Kinder Fuß vor Fuß und fassen mit jedem Schritt mehr Vertrauen in die ungewohnte Fortbewegungsart.

Kurz darauf haben sie ihren Rhythmus gefunden und stapfen voran durch den frischen, unberührten Schnee - ein Traum! Der Schnee knirscht bei jedem Schritt, so kalt ist es. Auch der schlammige Forstweg von gestern liegt jetzt unter einer dicken weißen Schicht und bildet ein ideales Schneeschuhterrain. Im Wald, unter den schützenden Baumkronen tauchen hier und da noch gelbe Grasbüschel und Heidelbeerbüsche aus dem Schnee, junge Tannen recken ihre weiß bepuderten Spitzen durch die Oberfläche.

Schlurfen durch verschwiegenen Winterwald

Der Weg windet sich ein Stück bergan, die Kinder sind begeistert – eine Zeit lang schlurfen wir hintereinander durch den verschwiegenen Wald. Es geht steil bergan. Dann lichten sich die Baumreihen und wir finden uns auf dem Panoramadeck des Hochschwarzwalds wieder. Die Sonne ergießt sich über das Hochtal bei St. Märgen, der Blick vom Kapfenberg ist ein Traum: Die gewellten, hintereinander gestaffelten Höhenzüge leuchten weiß und aus dem bläulichen Dunst ragt der baumfreie, verschneite Feldberggipfel. 

Maj ist nicht zu bremsen.
Maj ist nicht zu bremsen. © Patrick Kunkel

Einsame Spuren im Wald

Ganz alleine stehen wir auf dem Kapfenberg. Doch es bleibt gar keine Zeit zum Sinnieren und Genießen, denn schon rennen die Kinder johlend durch den lockeren Neuschnee den Abhang hinunter – und ich muss mich ganz schön anstrengen, mit den beiden Schritt zu halten. Als es steiler wird, schweben wir nur so auf den Schneeschuhen durch den weichen Neuschnee dahin, die Stöcke geben uns guten Halt und dank der großen Schneeteller sinken sie auch nicht bei jedem Stockstoß ein.

Zurück im Wald treffen wir auf eine Spur, die andere Schneeschuhgänger vor uns ausgetreten haben. Wir folgen der schmalen Gasse durch den Tiefschnee, die uns immer tiefer in den Wald hinein führt: „Wo geht das wohl hin?“, fragt Maj. Das Gelände jedenfalls wird zunehmend anspruchsvoller, doch das macht uns besonders Spaß: In steilen Stücken bergauf krallen sich die Schneeschuhe geradezu in den Untergrund. Und bergab schaffen es die Kinder nach ein paar Versuchen richtig gut, auf den breiten Laufflächen der Schneeschuhe locker nach unten zu gleiten – oder zu springen. Das endet anfangs oft mit dem Gesicht im Schnee und viel Gelächter, später klappt es immer besser und die beiden finden richtig Gefallen daran.

Wir passieren den Hohwartsfelsen, ein Aussichtspunkt, der dramatisch hoch über dem steil abfallenden Zweribachtal thront – aber auch ein gutes Stück entfernt des Weges und zudem noch im Naturschutzgebiet liegt. Also stapfen wir weiter auf unserer Route durch den Winterwald. Schnee rieselt von Tannenzweigen, wir umkurven quer liegende Baumstämme und dicke, grün bemooste Granitbrocken mit einer Schneehaube obendrauf. „Das ist richtig toll“, ruft Maj.

Ausruhen? Fehlanzeige!
Ausruhen? Fehlanzeige! © Patrick Kunkel

So wie wir Spuren hinterlassen, macht sich auch die Tierwelt bemerkbar: Ab und an kreuzen frische Tierspuren unsere Route: „Welche Tiere das wohl sind?“, sinnieren die Kinder. „Vielleicht ein Reh?“ Am liebsten würden die beiden den Fährten folgen – doch das lassen wir lieber: Wir könnten so die Tiere im Wald in die Flucht schlagen, erkläre ich den beiden. Das Wild findet im Winter weniger Nahrung und verbraucht bei der Flucht durch den tiefen Schnee sehr viel Energie. Manche Waldbewohner sogar so viel, dass sie deswegen sterben können. Wir gehen lieber zurück in unsere Spur, doch zuerst wärmen wir uns mit heißem Tee aus der Thermoskanne: „Tut das gut“, finden die beiden Kinder.

Danach heiße Linsensuppe

Weit nach Mittag kommen wir endlich zurück zur Hütte, der Ofen ist inzwischen kalt, eine Küchenhexe braucht eben ständig Nachschub, sonst geht das Feuer aus. Doch Anheizen geht auf dem Herd mit der gusseisernen Platte schnell und schon kurz darauf steht ein großer Topf heißer Linsensuppe mit Bauernbratwurst auf dem Tisch – „Lecker, Papa!“ Während die Klamotten über dem Herd trocknen und nach und nach den typischen, rauchigen Hüttenduft annehmen, haben sich die Kinder eine zweite Montur überzogen und stapfen schon wieder draußen auf den Schneeschuhen rund um die Hütte. Dann wird ein Schneemann gebaut – und ich frage mich, wo die beiden die Energie her nehmen... 

“Das war heute richtig toll“
(Maj, 10 Jahre)

meint Maj abends am Tisch. Die Kerze flackert und der Ofen verbreitet eine einschläfernde Wärme. Beide Kinder gähnen: „Wir gehen dann mal schlafen“, verkünden sie, ehe sie zufrieden in ihre Schlafsäcke kriechen. „Zum Glück sind wir ja morgen noch den ganzen Tag hier. Dann machen wir wieder eine Tour, ok?“ 

Mehr Informationen

  • Schneeschuhwandern kann jedes Kind. Denn: Wer laufen kann, kann auch Schneeschuhwandern. Die meisten Kinder lieben es, auf den breiten Schneeschuhen die unberührte Winterlandschaft zu erkunden. Dennoch sollte man es gerade bei Kindern am Anfang nicht übertreiben: Touren länger als zwei Stunden sind eher für Fortgeschrittene, auch unbekanntes Terrain sollte für die ersten Ausflüge gemieden werden. Beim Kauf von Schneeschuhen auf Körpergröße und Gewicht achten. Außerdem: Teleskopstöcke wachsen mit!
  • Für erlebnis- und aussichtsreiche Schneeschuhtouren, die auch für Kinder und Anfänger gut zu meistern sind, eignen sich beispielsweise der Schneeschuhtrail Rothaus (4,3 km) mit Start an der Tourist-Information in Grafenhausen-Rothaus und die Windecktour (3,7 km) mit Start am Kurhaus in Hinterzarten. Beide Trails sind durchgängig beschildert. Kartenmaterial und weitere Tourentipps gibt es in allen Tourist-Informationen im Hochschwarzwald.