Der Klostersee von Friedenweiler

Still ruht der See - wirklich?
08.03.2023

von Birgit Hermann

Wer den verträumt liegenden Klostersee von Friedenweiler ein stilles Gewässer nennt, kennt seine Geschichte nicht. Sein wahres Gesicht. Stille Wasser sind tief. Schon vor über 400 Jahren brachte er die Klosteräbtissin in Bedrängnis, später die Herren Pfarrer, Bürgermeister und Hotelbesitzer auf die Palme, äh, Tanne. Auch unsere Autorin hat er schon in die Flucht geschlagen…

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Lamprechts Vision

Es war das Jahr 1613 als der Tagelöhner Lamprecht, man nannte ihn Jud - warum auch immer - an die Klosterpforte in Friedenweiler klopfte, um seine Dienste anzubieten. Er hatte große Visionen und vermutlich einen klammen Geldbeutel. Lamprecht war der Ehemann der Nichte der Äbtissin Lucia Schererin. Diese Verwandtschaft erklärte auch seine gelegentliche Anstellung als Knecht. Er bot also an, die Weihermatten (dieser alte Gewannname verrät, dass es früher schon einmal einen Weiher gegeben haben muss) hinter dem Kloster auszugraben, einen hohen Damm aufzuschütten und einen Weiher für den Freitagsfisch auszuheben. Nebenbei könne man das angestaute Wasser zur Mühle leiten und somit sommers wie winters mahlen. Sogar als Brandbach könne er notfalls gute Dienste leisten. Dafür wollte er 250 Gulden, den Gegenwert von 10 Kilo Brot. Trotz Gegenstimmen ging die Äbtissin auf das Geschäft ein.

 Lamprecht zog mit den Spaten los. Tag für Tag. Als die Hälfte des Weihers ausgegraben war, war das Geld verbraucht. Ein Wolkenbruch tat ein Übriges und schwemmte die Stämme für die Dammbefestigung weg. Lamprecht war entmutig. Doch die Äbtissin wollte das Werk vollenden und hielt die Bevölkerung zu Fronarbeiten an. Sogar eine durchreisende Gruppe Landfahrer mit 30 Mann stellte sie für Kost und freien Lagerplatz an. Man konnte bis zum 12. Oktober arbeiten, dann brach der Winter ein. Die Baukosten beliefen sich auf weitere 156 Gulden. Fast fertig, wurden Fische im Wert von 135 Gulden eingesetzt.

Bild Klosterweiher

Eine Federzeichnung zeigt den Klostersee im Jahr 1881. Hier wurde einst der "Freitagsfisch" für das Kloster gezüchtet.

Ein folgenschwerer Dammbruch

Am 10. April im Folgejahr 1614 schneite es unaufhörlich, am Donnerstag nach Quasi modo geniti (Ostern) gab es einen Wärmeeinbruch, sodass Schnee und Eis schmolzen und der Damm zu brechen drohte. 50 Mann aus der Umgebung, so die Chronik, hätten bis nachts um zehn Uhr bei Wind und Regen versucht das Schlimmste zu verhindern. Um 11 Uhr brach der Damm und überschwemmte das flussabwärts gelegene Nachbardorf Rötenbach. Noch in der Nacht beschwerten sich dessen Bewohner in Löffingen beim Statthalter über Wald. Das Kloster musste den Schaden bezahlen und erneut Arbeiter verköstigen. Hinzu kam, dass in der Kirche eingebrochen wurde. Man vermutete die Landfahrer, die sich unterbezahlt gefühlt hatten.

Zwei Jahre später, am 26. September 1616, konnte der Weiher erstmals befischt werden. Bis dahin hatte er 1000 Gulden verschluckt! „Aber die Karpfen haben nicht gutgetan, etliche sind erstickt oder von den Vögeln fortgenommen worden“, so Pfarrer Löffler in seiner Chronik, der Weiher sei zu tief und dunkel, bei Regen laufe er über und schwemme die Fische hinfort. Erst die Verlegung des Ablaufs seitwärts brachte Besserung.

Über 200 Jahre schweigen die schriftlichen Quellen nun um den See, das Kloster hatte andere Sorgen: Kriegszüge, Plünderungen, Brände. Schließlich die Säkularisation um 1806 und mit ihr das Ende der Klöster. Ihr Besitz wurde den weltlichen Herren zuerkannt. Das 1123 gegründete Frauenkloster diente nun den Fürsten zu Fürstenberg als Jagdschloss, wurde Brauerei, Kinderheilstätte und schließlich Seniorenresidenz. Die Klosterschenke verwandelte sich nach einem Brand in ein Kurhotel, später in eine Klinik.

Klosterweiher Friedenweiler

Eine historische Postkarte aus Friedenweiler zeigt den Klostersee in der 1950er Jahren. 

Der Sündenpfuhl 

Der Klostersee sollte ein weiteres Mal Mittelpunkt des Dorfgeschehens werden. Er wurde nach dem Ersten Weltkrieg als Fischweiher an den Hotelier Baer verpachtet. Die Idee, ihn als Badesee für seine überwiegend jüdischen Gäste zu öffnen, stieß in der Gemeinde auf Empörung. Öffentliches Baden war um 1922 zwar nur im Ganzkörperanzug und nach Geschlecht getrennt erlaubt, die am See vorbeigehenden Kirchenbesucher nahmen dennoch Anstoß, man sprach von „unhaltbaren Zuständen“. Pfarrer Kromer wetterte gegen den Sittenverfall von der Kanzel, Bürgermeister Peghini fuhr seinen Mist auf der angrenzenden Wiese aus, um die Badenden zu vergraulen. Da beschloss der Verschönerungsverein wenigstens Umkleidekabinen zu errichten, um niemanden mehr in Bedrängnis zu bringen. Seither kann man sagen:
Still ruht der See…

Bild vom Klosterweiher

Eine Postkarte des Klostersees aus den 1950er Jahren zeigt die Liegewiese und die damaligen Umkleidehäuschen. 

Trügerische Idylle

Meine ersten Erinnerungen gehen zurück in meine Vorschulzeit; ein heißer Sommer, das Heu eingebracht, die Helfer sehnen sich nach einer Erfrischung. Im Isetta-Motorrad-Konvoi knattert die Verwandtschaft abends über den Berg nach Friedenweiler, klettert - wie es heute noch die Jugendlichen tun - über den Zaun und schon schwimmen die ersten im dunklen Gewässer. In Ermangelung eines Badeanzugs, zieht man mir ein Höschen über, das heute den Beinamen Öko-Strick-Jumpsuit bekäme. Festgeklammert an der Eisenstange, die den Nichtschwimmerbereich markiert, schreite ich ob der Kälte mit Schnappatmung meiner Cousine entgegen. Noch ein Schritt und das Wasser erreicht meinen Bauchnabel, ich halte vor Schreck die Luft an, ziehe den Bauch ein und dann schlägt er zu: der See. Das Strickteil – vollgesogen - sinkt auf den Grund. Schnell nach unten greifend schlucke ich eine ordentliche Ladung Wasser und renne brüllend, den Jumpsuit vor dem Bauch zusammenhaltend ans Ufer. Ich war mir absolut sicher: Im See wohnt ein Ungeheuer, das mich beinahe in die dunkle Tiefe gezogen hätte.
Erst Jahre später, als 1973 das Freibad am gegenüberliegenden Ufer gebaut wurde, wagte ich mich wieder in das nun beheizte und hellblau schimmernde Wasser, um schwimmen zu lernen.

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