Der Maler und der Berg
„In 50 Jahren wird nichts mehr so sein wie heute. Bewahrt meine Bilder. Sie sind ein Blick in die Vergangenheit.“ Tief verschneite Tannenwälder. Einsam gelegene Schwarzwaldhöfe, umrahmt von schneebedeckten Bergen. Karl Hauptmann malte am liebsten im Winter. Selbst an bitterkalten Tagen schnallte er sich die Skier an, schulterte die Staffelei auf den Rücken und machte sich auf die Suche. Nach dem perfekten Motiv, nach dem perfekten Licht.
Bei Hauptmanns Bildern ist Schnee keine bloße weiße Masse. Sein Schnee strahlt ein magisches Licht aus, die Schneeoberflächen leuchten in subtilen Farbnuancen. Das Zusammenspiel von Licht und Schatten gibt den Bildern eine unglaubliche Präzision, das den Betrachter in die Landschaft hineinzieht. Es sind Lichtblicke in eine längst vergangene Zeit, so präzise, so einfühlsam festgehalten, dass man als Betrachter meint, mittendrin zu stehen. Es sind Bilder, die zeitlos sind, auch wenn sie einen Schwarzwald zeigen, den es so heute nicht mehr gibt.
Karl Hauptmann wird am 25. April 1880 in Freiburg geboren. Nach seiner Ausbildung in Nürnberg und München arbeitet Hauptmann als freier Kunstmaler. Doch immer öfter zieht es ihn aus der Stadt heraus auf die Gipfel der Schwarzwaldberge. Dort malt er, bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit.
Der Berg wird sein Heim
1913 kauft er zusammen mit einem Freund eine Hütte am Feldberg, die er als einfache Unterkunft bei seinen Malerausflügen am Feldberg und Herzogenhorn nutzt. Fünf Jahre später kauft er dem Freund den Anteil an der Hütte ab. Er richtet sich sein „Molerhüsli“ auf der Grafenmatt, zwischen Herzogenhorn und Feldberg gelegen, als Wohnung und Atelier ein. Der Maler kommt nur noch selten nach Freiburg zu seiner Frau und seinem Sohn.
Oben auf dem Berg in seinem Molerhüsli ist er frei und ungebunden und kann sich ganz der Malerei widmen. Hauptmann, ein leidenschaftlicher Skifahrer, veranstaltet sogar Skirennen und gründet die Bergwacht. Berichte erzählen von 30 Menschen, die er während seiner Zeit auf der Grafenmatt rettete. Sein „Molerhüsli“ ist Anziehungspunkt für Intellektuelle, Künstler und Ausflügler.
Doch um die Gesundheit Hauptmanns ist es nicht gut bestellt. Sein Arzt verordnet dem herzkranken Maler ein angenehmeres Klima. 1940 und 1941 reist Hauptmann nach Italien. Als er es nicht mehr schafft, sich alleine um den Haushalt zu kümmern, bittet er eine frühere Jugendliebe um Hilfe. Deren Tochter Heidi arbeitete in England bei einer adligen Familie und war dort für die Betreuung der Jagdhunde zuständig.
Die 21-Jährige wird Hauptmanns Hauswirtschafterin und besorgt selbst in den kältesten Wintern auf Skiern die Einkäufe. Immer öfter zieht es nun auch Hauptmanns Sohn Arthur auf das Molerhüsli, der ein Auge auf die fesche Heidi geworfen hat. Seine Liebe sollte nicht unerwidert bleiben, die beiden heiraten später.
Karl Hauptmann stirbt am 7. April 1947 im Alter von 67 Jahren in seinem geliebten Molerhüsli auf seinem Berg im Schwarzwald.
Karl Hauptmann zählt heute zu den bedeutenden Schwarzwaldmalern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In und um das Molerhüsli entstanden hunderte Gemälde und Zeichnungen, die die Schönheit des Schwarzwaldes auf eine ganz besondere Art bewahren.
Gut zu wissen
Das Hans-Thoma-Kunstmuseum in Bernau zeigt in einer Dauerausstellung 15 Originale des Schwarzwaldmalers vom Herzogenhorn, darunter zehn mit Schneemotiven. Über das Leben des Schwarzwaldmalers drehte seine Enkelin, Gaby Hauptmann, im Auftrag des SWR einen Dokumentarfilm. Der Film „Karl Hauptmann und die Kunst zu leben“ kann im Museum auf Anfrage angesehen werden.
Das Hans-Thoma-Kunstmuseum befindet sich in Bernau, Ortsteil Innerlehen, Rathausstraße 18.