Die Waldretter
Was der Frühjahrsputz in der Wohnung, ist im Hochschwarzwald die Tal-, Wiesen- und Waldputzete. Jedes Frühjahr ziehen sie los, die Männer und Frauen vom Kirchenchor, vom Schwarzwaldverein, von den Landfrauen und vielen weiteren Vereinen. Auszubildende der teilnehmenden Firmen sind ebenso darunter wie Schulklassen oder Kinder, die gerade mal laufen können. Und sie alle haben ein Ziel: den Wald und die Wiesen von achtlos weggeworfenem Müll zu befreien.
Wäre diese Geschichte ein Film, würde die erste Kameraeinstellung die morgendliche, taufrische Landschaft des Hochschwarzwalds zeigen. Dann betreten die Protagonisten die Szenerie, der anfangs sanfte Klangteppich würde anschwellen, nun mit dramatischen Tonfolgen unterlegt. Die Kamera müsste einen ordentlichen Schwenk ausführen, um die Menge von Menschen einzufangen, die sich mit Eimern und Greifzangen auf den Weg machen. Wie der Streifen hieße? Die Waldretter. Doch es ist kein Film, sondern sich alljährlich wiederholende Realität – mit ganz unterschiedlichen Hauptdarstellern:
Die Bürger von St. Blasien
Gleich dreimal rücken Frank Kaas, Leiter des Bauhofs, und die St. Blasier aus: in der Stadt selbst, in den Ortsteilen Menzenschwand und Albtal. Rund 250 Helfer finden sich schon seit den 1970er Jahren zusammen, darunter die Schüler des Kollegs St. Blasien, Vereinsmitglieder und viele Bürger. „Was die Aktion ausmacht, ist das Wir-Gefühl, es schweißt die Ortsgemeinschaft zusammen. Und hinterher gibt’s Vesper“, sagt Kaas. Und Kollegin Meike Mittermaier, schon als Schülerin dabei, ergänzt: „Es war immer witzig mit den Freunden.“ Die Feuerwehr fährt die Trupps an ihre Startpunkte, von dort laufen sie entlang der Landstraße, des Bachufers der Alb und über Waldwege zurück in die Stadt oder die Ortsteile. Dabei finden sie mitunter Autoreifen, Hausmüll, Windeln und Traktorsitze, sammeln sie ein und nehmen sie mit. Insgesamt acht Kubikmeter Sauerei kommen so pro Aktion zusammen, gesammelt für eine saubere Sache.
Die Tauchschule am Schluchsee
Zu Wasser und an Land ist Jurek Majkowski von der Tauchschule Aquaplus am Schluchsee mit seinen bis zu 30 Helfern unterwegs, die er zweimal jährlich zusammentrommelt. „Die Trupps kommen mit Sachen zurück, die einem alles verleiden“, sagt er. Zwei Autobatterien in einem Jahr haben sie schon aus dem See geholt. „Noch haben wir einen gesunden Fischbestand und viele Aale. Diejenigen, die das reinschmeißen, wissen, was sie tun.“ Um ihre Ecke beim Bahnhof Seebrugg und darüber hinaus sauber zu halten, treffen sich die Taucher stets um 9 Uhr, gehen das Ufer mit Greifern ab, tauchen mit einem Netz im See. Vier Stunden später sind sie fertig. Warum er die Mühe immer wieder auf sich nimmt? „Ich tauche weltweit in Seen mit Korallen und einer Vielzahl von Fischen, komme aber immer wieder gerne her. Denn der Schluchsee ist mystisch, dunkel und still“, schwärmt Majkowski. „Der See hat was.“
Die Jugend im Jostal
Sie stecken in neonfarbenen Signaljacken, in der einen Hand den Eimer, in den anderen die Greifzange und sind auffallend jung. Das ist gewollt. „Unsere Kinder sollen ein Gefühl dafür bekommen, in ihrer Heimat für Sauberkeit zu sorgen, sich dort wohlzufühlen“, sagt Tobias Faller vom Tälerverein, der auch beim Schwarzwaldverein tätig ist und die Putzaktion seit mehr als zehn Jahren gemeinsam mit Gisela Löffler ausrichtet. Gut beschützt von Erwachsenen, laufen die Kinder in zwei Gruppen die Landstraße ab, die sich auf 7,5 Kilometern durchs Jostal schlängelt und machen reiche Beute: Bis zu zehn Säcke Müll sammeln sie jedes Jahr ein. Denn Scherben und Plastik stören nicht nur das Landschaftsbild, sondern sind, wenn sie im Futter landen, gefährlich fürs Vieh. Abschließend treffen sich dann alle im Jostalstüble, fachsimpeln über ihre Funde und genießen nach getaner Arbeit ein leckeres Vesper.