Kirche St. Peter

Barocke Pracht in St. Peter

Kirche und Rokoko-Bibliothek in St. Peter: Seit Jahrhunderten eine Reise wert
20.12.2023

von Philipp Hermann

Die beiden Zwiebeltürme bilden das weithin sichtbare Wahrzeichen von St. Peter. Wer die Klosteranlage betritt, öffnet ein Tor in die Vergangenheit. 

Eines der Letzten seiner Art

„Das ist im deutschen Südwesten das einzige Kloster, dessen barocke Ausstattung alle späteren Einflüsse unbeschadet überstanden hat“, sagt ein Mann, der wohl wie kein anderer in die Geschichte dieses besonderen Ortes im Hochschwarzwald eingedrungen ist. Als Hans-Otto Mühleisen vor 54 Jahren nach St. Peter kam, war er noch kein Professor, sondern Student. Seither bietet er Klosterführungen an. Als Student zog er in eine Mönchszelle, die hundert Jahre vor ihm kein Geringerer als Heinrich Hansjakob, der legendäre Pfarrer und Heimatdichter, bewohnte.

Auch das Haus, das Mühleisen später in seiner Wahlheimat baute, steht an einem geschichtsträchtigen Platz. Just an der Stelle befand sich die berühmte Tanzfläche aus dem Nachkriegsfilmklassiker „Schwarzwaldmädel“. Mühleisen erinnert sich noch lebhaft daran, wie Hauptdarstellerin Sonja Ziemann 1993 in einer Kutsche durchs Dorf fuhr. Damals feierte St. Peter 900-Jahrfeier und stand ähnlich im Scheinwerferlicht wie bei der Konzertveranstaltung „Weihnachten mit dem Bundespräsidenten“ in der Barockkirche in diesem Dezember.

Das ehemalige Kloster mit seiner prunkvollen Ausstattung ist quasi unverändert erhalten und damit eines der Letzten seiner Art
Das ehemalige Kloster mit seiner prunkvollen Ausstattung ist quasi unverändert erhalten und damit eines der Letzten seiner Art © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Hinter dem Gründer stand eine starke Frau

1093 ließ Berthold II. von Zähringen an einem dünnbesiedelten und noch namenlosen Ort südlich des Kandel ein Kloster errichten. Die Lage hatte sich der Herzog nicht zufällig ausgewählt: Das Kloster lag nah genug, um den Besuch der dortigen Gräber mit Hin- und Rückweg von Freiburg aus an einem Tag zu ermöglichen; aber eben auch so abgeschieden, um in keine Kämpfe rund um die Burg, die Bertold zwei Jahre zuvor in Freiburg hatte errichten lassen, hineingezogen zu werden. Das Kloster war als Grablege angelegt, hier sollten die Zähringer ihre letzte Ruhe finden.

Bertold II. gilt zwar als Klostergründer, doch seine Pläne hätten sich nicht umsetzen lassen ohne seine Frau, Agnes von Rheinfelden, eine wohlhabende Adlige mit Besitztümern im heutigen Oberaargau. „Ihr Erbe bildete vierhundert Jahre lang die wichtigste Existenzgrundlage für St. Peter“, sagt Experte Mühleisen. Zu Lebzeiten achtete Agnes darauf, dass alles zusammenbleibt – wenn es sein musste, auch gegen den Willen ihres Mannes. Als Bertold aus Geldnot einmal das aus ihrem Besitzgut stammende Klostergut anderweitig verwenden wollte, hinderte sie ihn daran.

Auf den drohenden Bedeutungsverlust folgte die Goldene Ära

Benediktinermönche machten aus St. Peter ein Reformkloster und verschrieben sich dem Humanismus. Rund um die Anlage siedelten sich Bauern und Handwerker an und bildeten allmählich ein Dorf. Ihren Wohlstand verdankte die Mönchsgemeinschaft den diversen Schenkungen durch Zähringer Herzöge. Dazu gehörten Wälder, Meierhöfe und andere Besitztümer im Breisgau, auf der Baar und in der Schweiz. Zwischen dem 13. Jahrhundert und dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Anlage durch drei Brände verwüstet. Im späten Mittelalter verlor das Kloster an Bedeutung, doch im Unterschied zum Nachbarkloster in St. Märgen, das zwischenzeitlich in einen zweihundertjährigen Dornröschenschlaf fiel, wurde in St. Peter der Betrieb durchgängig aufrechterhalten.

Als die Reformation über die Lande zog, wurde auch der Prior von St. Peter, Michael Sattler, von dem neuen Zeitgeist erfasst. 1524 verließ er das Kloster, schloss sich der Täuferbewegung an, heiratete und landete in Rottenburg am Neckar auf dem Scheiterhaufen, um für seine Überzeugungen zu sterben. Seine Frau erhielt auf Befehl der Habsburger die „dritte Taufe“ und wurde im Neckar ertränkt. Dem Märtyrer zu Ehren wird seit 2006 alljährlich der Michael-Sattler-Friedenspreis verliehen.

Eine Goldene Ära erlebte St. Peter im 18. Jahrhundert unter Abt Ulrich Bürgi, der seinem Gestaltungsrang freien Lauf ließ und den Architekten Peter Thumb anheuerte, den vielbeschäftigten Meister, der um die zwanzig Baustellen gleichzeitig betreute, darunter die Wallfahrtskirche Birnau am Bodensee. Nun kam ein Doppelauftrag in St. Peter dazu: die Klosterkirche und nach mehreren Unterbrechungen die Vollendung der Bibliothek. In den beiden Barock-Meisterwerken verewigten sich namhafte Bildhauer aus der Region, wie Johann Christian Wentzinger aus Freiburg und Mattias Faller, der „Herrgottschnitzer des Schwarzwaldes“.

Die Kirche ist verziert mit liebevollen Details.
Die Kirche ist verziert mit liebevollen Details. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Ein später Sensationsfund in der Rokoko-Bibliothek

Während im Zuge der Säkularisierung in andere Klosteranlagen Psychiatrien oder Brauereien Einzug hielten, blieb St. Peter verschont und für die Nachwelt erhalten. Die ursprünglich rund zwanzigtausend Bücher der Klosterbibliothek waren bei der Säkularisation an die Badische Hofbibliothek und die Freiburger Universitätsbibliothek übergegangen. Bei einer Neukatalogisierung in enger Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek stellte sich heraus, dass doch ein größerer Teil der Bücher aus der Klosterbibliothek noch vorhanden ist, als man bis dahin wusste. Zudem waren im 19. Jahrhundert aus Freiburg kostbare Dubletten nach St. Peter gekommen, darunter die Koberger Bibel von 1483, eine vorreformatorische deutsche Bibelübersetzung, und die Erziehungslehre des Erasmus von Rotterdam, die eine der frühesten Ausgaben von Tomas Morus‘ „Utopia“ enthält.  

Seit 2006 wird das Kloster vom Erzbistum Freiburg als „Geistliches Zentrum“ genutzt. Zu den vielen Angeboten gehören Exerzitien, Kontemplation, Fortbildungen und Seelsorge. In der Klosterkirche finden regelmäßig hochklassige Orgelkonzerte statt. Darüber hinaus bietet ein Team um Hans-Otto Mühleisen Führungen an.

Während im Zuge der Säkularisierung in andere Klosteranlagen Psychiatrien oder Brauereien Einzug hielten, blieb St. Peter verschont und der barocke Prunk für die Nachwelt erhalten.
Während im Zuge der Säkularisierung in andere Klosteranlagen Psychiatrien oder Brauereien Einzug hielten, blieb St. Peter verschont und der barocke Prunk für die Nachwelt erhalten. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Mehr Informationen

  • TV-Tipp: „Weihnachten mit dem Bundespräsidenten“
    Konzert aus der Barockkirche St. Peter am Sonntag, 24.12.2023, um 18 Uhr im ZDF
    und danach abrufbar in der ZDF-Mediathek. 
  • Führung durch Barockkirche und Rokokobibliothek:
    Immer dienstags, donnerstags und sonntags und an ausgewählten Feiertagen. Anmeldung und weitere Informationen unter: geistliches-zentrum.org