E-Mountainbike

Die Kümmerer vom Gipfeltrail

Freiwillige als Wegbereiter für Mountainbiker
24.03.2022

von Anita Fertl

140 Kilometer durch die einmalige Naturlandschaft des Hochschwarzwaldes: Auf dem Gipfeltrail können Mountainbiker die schönsten Ecken der Ferienregion kennenlernen – sportlich ambitioniert an einem Tag oder gemütlich und genussvoll in bis zu vier Etappen. Damit sie sich unterwegs nicht verfahren oder auf unerwünschte Hindernisse treffen, kümmert sich eine Gruppe Ehrenamtlicher jahrein und jahraus um die Beschilderung und Instandhaltung. Mit Martin Wißler, einem der „Kümmerer“, waren wir bei Schluchsee unterwegs.

Hoch hinaus geht es für Martin Wißler öfters. Zum Beispiel auf dem Mountainbike, wenn er zu seinen Schwarzwälder Lieblingsstrecken inklusive Gipfelüberquerung aufbricht. Oder wenn er, wie jetzt gerade, an der Stange für die Wegweiser eine gelb-blaue Mountainbike-Markierung aus Metall anschraubt. Damit er dort oben rankommt, schleppt der 49-Jährige manchmal sogar eine Leiter mit in die Natur. Oder er klettert flugs aufs Brückengeländer, um das zweite Schild in der Höhe anzubringen. Martin Wißler ist einer der Gipfeltrail-Kümmerer, die ehrenamtlich einen Streckenabschnitt der beliebten Rundtour pflegen. Er schraubt und montiert, damit andere den Weg finden.

Andererseits – es gibt sicherlich schlechtere Orte, um zu arbeiten: Dort, wo Wißler seinen Imbussschlüssel ansetzt, plätschert ein kleiner Bach. „Früher war die Brücke dort drüben, aber schon etwas morsch. Die hat sich der Biber geholt“, sagt er und schmunzelt. Entstanden ist ein Ministausee. Mächtige Fichten spiegeln sich darin, ein grün wuchernder Grasgürtel umringt das Wasser. Jenseits der kleinen Brücke beginnt einer der naturbelassenen Singletrail-Abschnitte des Gipfeltrails.

Kümmerer auf dem Gipfeltrail

Als Kümmerer steigt Martin Wißler auch mal kurzerhand aufs Brückengeländer, um einen Wegweiser neu anzubringen. © Anita Fertl

Kümmerer kontra Langfinger

In dieser Idylle, hier in den tiefen Wäldern oberhalb seines Wohnorts Schluchsee, hat Wißler am meisten zu tun. Aber nicht wegen des Bibers. „Hier werden die meisten Schilder geklaut“, stellt er fest. Aber warum? Als Souvenir? Wißler schüttelt den Kopf: „Wir wissen es nicht genau. Aber Sportler machen so etwas nicht, behaupte ich mal.“ Vielleicht passe es jemandem nicht, dass hier Radfahrer unterwegs sind, mutmaßt er. Um den Schilderklau einzudämmen, hat der Bauhof bereits höhere Stangen für die Wegweiser aufgestellt. Und Wißler ist dazu übergegangen, die richtungsweisenden Pfeile mit Farbe auf Baumstämme aufzusprühen. Besprüht werden mitunter von Unbekannten auch die Schilder selbst – und lassen sich oft nicht ohne Weiteres wieder reinigen.

Für heute ist Martin Wißler jedoch fertig und packt sein Werkzeug wieder ein. Seine ehrenamtliche Arbeit verrichtet er hier schon seit mehr als fünf Jahren. Seit 2015 gibt es den unter Mountainbikern beliebten und mittlerweile fest etablierten Gipfeltrail Hochschwarzwald. Ausschlaggebend für die Einrichtung der Rundstrecke war, dass die Ferienregion bei Naturliebhabern auf zwei Rädern immer beliebter wurde. Aber die Mountainbiker fanden damals im Hochschwarzwald noch kein ausgeschildertes Wegenetz vor. Zusätzlich fühlten sie sich durch die Zwei-Meter-Regelung ausgebremst, die in Baden-Württemberg gilt und das Radfahren auf Waldwegen unter zwei Meter Breite untersagt. Doch gerade die schmalen Pfade sind das Salz in der Suppe eines jeden Mountainbikers. Deshalb entstand der Gipfeltrail als Pilotprojekt. 

Mountainbiker auf dem Gipfeltrail

Gerade die schmalen Trails sind auf dem Gipfeltrail für Mountainbiker das Salz in der Suppe. © Hochschwarzwald Tourismus GmbH

Das Beste, was der Schwarzwald zu bieten hat

Heute führt die MTB-Rundtour auf knapp 140 Kilometern mit 4000 Höhenmetern und einem Trail-Anteil von zehn Prozent durch schönstes Mountainbike-Terrain: Dichte Wälder, saftige Hochweiden, markante Berge inklusive Alpenblick und klare Bergseen liegen am Weg – kurz: das Beste, was der Schwarzwald zu bieten hat. Dazu gibt’s so viele Gipfel an einem Tag, wie sich das Radkletterherz nur wünschen kann. Praktisch: Diese können entweder links liegengelassen oder dank zusätzlicher Beschilderung erklommen werden – je nach Lust, Laune und Kondition.

Der Wegabschnitt, den Martin Wißler betreut, ist Teil der Gipfeltrail-Variante "Waldfeger“ mit einer Gesamtlänge von 106 Kilometern. Natürlich muss er die ganze Arbeit nicht allein erledigen. Jede der neun beteiligten Gemeinden stellt mindestens einen Ehrenamtlichen, der sich um die Beschaffenheit der Wege und die Beschilderung kümmert. „Mein Abschnitt beginnt in Schluchsees Ortsteil Hinterhäuser und reicht hinauf bis nach Blasiwald-Muchenland. Das sind etwa 30 Kilometer der Strecke“ erzählt Wißler. Er nennt es liebevoll „mein Stück Wald“, das er mindestens zweimal pro Jahr abfährt. Dann entfernt er zum Beispiel abgebrochene Äste auf dem Weg. Und auch zwischen diesen Einsätzen bringt er öfter mal Wegweiser und Schilder an.

"Ich finde es wichtig weiterzugeben, dass es nicht selbstverständlich ist, was wir hier an Natur haben. Das ist unser größter Schatz.“
(Martin Wißler)

Sein ehrenamtliches Engagement bringt er gerne ein. Wenn er woanders Urlaub machen würde, sagt er, wäre er auch froh um so einen Kümmerer. Als zertifizierter Wanderführer, Natur- und Landschaftsführer und ausgebildeter Mountainbike-Guide liebt Martin Wißler das Draußensein: „Ich finde es wichtig weiterzugeben, dass es nicht selbstverständlich ist, was wir hier an Natur haben. Das ist unser größter Schatz.“ Damit Urlaubsgäste wie Einheimische sich auch künftig gut geführt in eben dieser Natur bewegen können, wird er weiterhin auf Brückengeländer klettern und Schilder anbringen. Immer wieder.

Mehr Informationen

  • Gipfeltrail Hochschwarzwald
     Gesamtlänge: 138,4 km
    Höhenmeter: 3844
    Meereshöhe: Zwischen 667 und 1389 Meter 
    Trail-Anteil: 10 Prozent
     
  • Neue Mountainbike Beschilderung
    Ab 2022 gibt es im Hochschwarzwald neben den Wander-Wegweisern des Schwarzwaldvereins eine neue blau-gelbe Beschilderung für Mountainbiker. Hauptwegweiser an allen Knotenpunkten des Wegenetzes weisen Ziel- und Kilometerangaben auf und sind mit dem Zeichen des Naturparks Südschwarzwald sowie einem MTB-Piktogramm versehen. Hinzu kommen Zwischenwegweiser dort, wo sich die Streckenführung ändert. Sie geben Aufschluss über Fahrtrichtung und Schwierigkeitsgrad des Streckenabschnitts.
  • Auf Tour mit dem Individual Guide
    Als persönliche Tourbegleiter zeigen dir Martin Wißler und seine Kolleg:innen die schönsten Ecken des Hochschwarzwalds. Ganz individuell und nach deinem Geschmack.