Crossing Hochschwarzwald - Selbstexperiment: Wandertrip alleine
Am Hochtag zieht es unsere Mitarbeiter in den schönen Schwarzwald und sie berichten von ihren individuellen und spannenden Erlebnissen.
Hier stellt Nina Raufer ihren Hochtag vor.
Ende Juni, ich habe eine Woche Urlaub - alleine, da Schatzi und Freunde alle arbeiten müssen beschließe ich mal mutig zu sein und gehe drei Tage alleine wandern. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Gesagt getan, der Wetterbericht passt auch: drei Tage nicht zu heiß und nicht zu kalt und vor allem kein Regen. Gepackt hatte ich schnell. Das Motto lautete so wenig wie möglich, schließlich muss ich ja alles selbst tragen, aber Handtuch und Bikini dürfen natürlich nicht fehlen, man kann ja nie wissen.
Ich bin ja in der Heimat, was soll mir hier schon passieren?
Tag 1: Und so starte ich meine Tour am Sonntagmorgen in St. Märgen beim Kloster. Das Ziel ist am Dienstagabend in Todtnauberg anzukommen. Das Schwierigste ist es ja immer den Einstig zu finden und so laufe ich drei Mal ums Kloster herum bis ich mich an der richtigen Stelle einfinde. Von da an läuft es dann prima. Die Wege sind gut ausgeschildert und ich folge dem Talweg über Holzschlag in Richtung Thurner. Völlig unbedarft laufe ich durch die schönen Wälder und auf einer Straße mit schönen alten Häusern die meiner Meinung nach am Ende der Welt liegen.
Ich bin ja in der Heimat, was soll mir hier schon passieren. Ja, und dann steht da der riesige weiße Hund direkt auf dem Weg und bellt, als ich auf ihn zu laufe kommt er mir entgegen und bellt mich mit maximal 40cm Abstand an. Das Schicksal meinte es gut mit mir, denn in diesem Moment kommen zwei Wanderinnen, die nicht so viel Angst haben wie ich, und reden dem Tier gut zu und laufen mutig dran vorbei. Ich laufe hinterher und bin froh vorbei zu sein. Ohne die beiden Wanderinnen würde ich wohl heute noch vor dem Hof stehen. Die beiden Damen stellen sich als nette Gesprächspartner heraus und erzählen mir, dass dies früher ihr Schulweg von St. Märgen nach Schweighöfe war, den sie als Kinder jeden Tag gelaufen sind. Nach ein, zwei Kilometern trennen sich unsere Wege und ich gehe weiter Richtung Thurner. Bis hier hin war der Weg sehr schön und nur leicht ansteigend, aber da ich ja die Lage von St. Märgen kenne ist mir bewusst „jetzt ist Schluss mit lustig“ den letzten Wegabschnitt bis ganz oben geht es nur noch steil hinauf und ich setzte den Grundstein für den Muskelkater in den Waden, der mich die weiteren 2 Tage noch begleiten wird.
Oben angekommen hat sich die Mühe natürlich gelohnt. Erstens ist die Aussicht nach der Anstrengung doppelt so schön und zum zweiten gibt es im Gasthaus Thurner ein leckeres Radler und „Badisches Dreierlei“.
Wunderbar ausgeruht geht die Wanderung weiter: vom Thurner gehe ich auf dem Westweg Richtung Breitnau, über die Weißtannenhöhe bis zur Fürsatzhöhe. Die Wege wechseln sich ab von Waldwegen auf schmale Pfade und wieder auf Waldwege. Es ist eine angenehme Route mit tollen Ausblicken auf St. Märgen und Breitnau. Ich pflücke noch einen Waldblumenstrauß und habe endlich mal wieder Zeit über Gott und die Welt nachzudenken. Von der Fürsatzhöhe führt mich mein Weg nach Spriegelsbach. Hier habe ich das Glück bei einer lieben Kollegin zu übernachten inklusive Grillabend und EM-Achtelfinale Deutschland gegen die Slowakei (3:0 J). Auch ein schönes Bett hat sie mir gerichtet, allerdings dachte sich das Katze Caddy auch und so teilten wir uns das Nachtlager.
Tagesbilanz: 16 Kilometer, bisher nur Muskelkater in den Waden und immer noch gute Laune – ich freu mich auf Morgen!
Tipp: Übernachtung im Gasthaus Heiligenbrunnen
Über den Schweinehund rauf auf den Gipfel
Tag 2: Im Sonnenschein starte ich, nach einem netten Frühstück, meine zweite Tour. Von der Fürsatzhöhe bis Tagesziel Raimartihof am Feldberg. Vorbei am Gasthaus Heiligenbrunnen wandere ich über den Oberaltenweg nach Hinterzarten. Durch das Hinterzartener Moor ist mein nächstes Ziel das Kurhaus. Hier nochmal Wasser nachfüllen und schnell den Kollegen in der Tourist-Information „Hallo“ sagen.
Weiter geht es dann, vorbei am Skimuseum und beim Keßlerhof wieder auf den Westweg (Emil-Thoma Weg) Richtung Feldberg. Nach etwa 2 Kilometern steht angeschrieben, bis zum Feldsee noch 7 Kilometer. Hier ist auch die Abzweigung zum Mathisleweiher. Da es erst kurz nach elf ist und ich ja den ganzen Tag Zeit habe, beschließe ich einen Abstecher zum Mathisleweiher zu machen. Vieleicht kann ich ja eine Runde schwimmen.
Unten angekommen genieße ich die Sonne und mach eine schöne Pause am Ufer. Das mit dem schwimmen hat sich sofort erledigt, als ich mit den Füßen die Wassertemperatur teste – definitiv zu kalt! Den ganzen Tag Zeit zu haben und nur für sich selbst verantwortlich zu sein fühlt sich herrlich an! Nach genügend Pause geht es weiter. Der Emil-Thoma Weg ist eine super schöne Route und so stimme ich beim Wandern das eine und andere Liedchen an – ich bin ja allein. Die Zeit vergeht schnell und schon stehe ich vor der Entscheidung 2,5 km zum Raimartihof oder 5,5 km zum Feldberggipfel. Es ist erst zwei Uhr und ich wollte ja auch was leisten, also inneren Schweinehund überwinden und ab auf den Gipfel! Zwischendurch gerate ich dann in eine innere Diskussion mit mir selbst (hört sich sehr psychologisch an ;-) lange Rede kurzer Sinn - es geht nur noch steil bergauf und ich bereue meine Entscheidung!
Die Vesperpause vor Augen und belohnt durch die Aussicht schaffe ich es dann doch frohen Mutes auf den Gipfel und bin echt stolz! Nur das mit der gemütlichen Vesperpause am Bismarckdenkmal hatte ich mir anders vorgestellt. Ich sitze auf einer hartumkämpften Bank und die Touristen, die gerade mit der Feldbergbahn hochgefahren sind wuseln um mich herum. Der ganze Trouble passt irgendwie nicht zu meiner Stimmung und so mache ich mich nach ein paar schönen Panoramabildern schnell wieder auf den Weg runter zum Raimartihof.
Ich bin schon gespannt auf mein Nachtlager. Wer schläft noch dort? Hoffentlich sind die Leute nett? Vielleicht auch ein paar Wanderer?
All meine Gedanken waren völlig unbegründet. Die Dame am Empfang gibt mir den Schlüssel und erklärt mir, ich bin heute der einzige Übernachtungsgast und habe das ganze Ferienhisli für mich allein. Ferienhisli bedeutet Haus ausgelegt für über 30 Personen und ich darf dort alleine schlafen. Nun gut so hab ich´s gewollt. Nach dem Abendessen steht mir eine echt lange Nacht (von 19 – 9 Uhr) bevor, ohne Internet- und Handyempfang und ohne Fernseher. Gott sei Dank habe ich mein Buch dabei und so kann ich mal wieder richtig ausschlafen.
Tagesbilanz: 18 Kilometer, immer noch Muskelkater in den Waden, aber schon sehr erholt – ich freu mich auf Morgen!
Nochmal Kind in einer Märchenwelt
Tag 3: Da ich der einzige Übernachtungsgast war gab es Frühstück am Tisch und das konnte sich mal richtig sehen lassen, keine Wünsche blieben offen! So gut gestärkt starte ich zu meiner dritten und letzten Etappe.
Vom Raimartihof geht es über den Wasserfallsteig bis nach Todtnauberg. Aber bevor ich am Grafenmatt in den Wasserfallsteig einsteige, sehe ich mir noch den Wichtelpfad hinter dem Hotel Feldberger Hof an. Der Wichtelpfad ist ein, mit Liebe zum Detail, angelegter Kinderpfad, der viele Informationen zum Wald und zum Auerhuhn gibt. Das Kind in mir geweckt folge ich begeistert den Stationen. Meine Begeisterung wurde nur noch von der Schulklasse übertroffen, die am Ende des Weges den Spielplatz entdeckte und mit lautem Freudengeschrei einstürmte – richtig schön!
Mit diesem Hochgefühl starte ich dann den Wasserfallsteig. Das erste Stück, vom Hebelhof bis zu dem Punkt, an dem man die Straße überquert, ist eine Welt für sich. Man läuft direkt am Bachentlang und fühlt sich wie in einer Märchenwelt oder bei Herr der Ringe im Elbenland. Der Fahler Wasserfall, der drauf folgt, rundet dieses Erlebnis wunderbar ab! Allein am Wasserfall, die Natur genießend, konnte ich mich nur schwer losreißen um weiter zu gehen. Danach geht der Weg angenehm durch Wäldchen und über Wiesen vorbei an Fahl und Brandenberg bis nach Todtnau. Vom Kriegerdenkmal aus kann man von oben schön auf die Stadt sehen. Weiter geht es Richtung Todtnauer Wasserfall. Auch hier weiß ich schon, dass der Wasserfall oberhalb von Todtnau liegt und so geht es hoch hoch hoch. Das Gefühl „ich hab´s geschafft“ belohnt mich am Wasserfall und es ist beeindruckend mit welcher Gewalt und Kraft der Wasserfall herunter donnert, der oben als harmloser Bach beginnt. Es ist absolut lohnenswert bis ganz oben zu laufen und sich den ganzen Wasserfall anzuschauen. Mein Weg führt mich noch höher, hinauf bis zum Kurhaus. Hier endet mein Wandertrip und ich habe es geschafft! Zur Belohnung düsen wir einmal mit dem Hasenhorn Coaster ins Tal und genießen Pizza in der Sonne auf dem Todtnauer Kirchplatz.
Tagesbilanz: 16 Kilometer, jetzt tut mir alles weh aber ich bin mega stolz!
Endbilanz: drei Tage / 50 Kilometer / von St. Märgen bis nach Todtnauberg. Ich freue mich schon auf die nächste Tour!