Stubede on the Road
Am Anfang ist es nur eine verrückte Idee. Entstanden aus einem traurigen Umstand: dass bei weitem nicht jeder schon einmal das Glück hatte, einer Stubede beiwohnen zu können. Also einem Winterabend mit Familie und Freunden, bei dem die Hochschwarzwälder seit Jahrhunderten alles Mögliche machen: Kartenspielen, singen und lachen, essen und trinken. Oder nähen, stricken und kleine Kunstwerke schnitzen. Und vor allem gemeinsam eine schöne Zeit verbringen, in der vom knisternden Holz im Kachelofen lauschig warmen und urgemütlichen Schwarzwälder Stube.
Die Schwarzwaldstube auf Reisen
Naja – wenn die Menschen nicht die Möglichkeit haben, zur Stubede zu kommen, dann muss die Stubede eben zu den Menschen kommen. Am besten in einer stilechten Schwarzwaldstube auf vier Rädern. Mit allem, was dazugehört: Holzwänden, Kachelofen und Eckbank, Kuckucksuhr und Kartenspiel, Holzschindeln und Herrgottswinkel. So war die verrückte Idee geboren. Und dann in Holzkünstler Josche Frankenberger auch schnell ein fähiger und leidenschaftlicher Baumeister gefunden. Die wundersame Verwandlung eines schmucklosen Stahlcontainers in eine adrette Wohnstube ist innerhalb weniger Wochen gemeistert. Mit Unterstützung von BAUHAUS und weiteren Partnern wird dem Gefährt so lange Leben eingehaucht, bis es aus jeder Pore puren Hochschwarzwald atmet.
Vom Weihnachtsmarkt in der Ravennaschlucht nach Berlin
Im Advent 2022 zieht die fertige Stube zunächst beim Weihnachtsmarkt in der Ravennaschlucht bewundernde Blicke auf sich. Anschließend geht es im Januar 2023 „on the road“. Die kleine Schwarzwaldstube kommt in die große Stadt! Auf den Straßen Berlins, zwischen Siegesdenkmal und Brandenburger Tor, sorgt die fahrende Schwarzwald-Botschafterin für Aufsehen. Auf dem Breitscheidplatz werfen zahlreiche Neugierige einen Blick in ihr Inneres, tauchen ein in das Hochschwarzwälder Lebensgefühl. Am intensivsten geht das beim Betrachten eines multidimensionalen Virtual-Reality-Videos, das den Eindruck vermittelt, bei einer echten Stubede mitten unter Schwarzwäldern hautnah dabei zu sitzen.
Mit Zwischenstopps zurück in den Hochschwarzwald
Nach zwei Tagen in Berlin geht es weiter nach Hamburg, danach nach Münster und Stuttgart und dort auf die Tourismusmesse CMT. Überall die gleichen neugierigen Blicke, interessierte Nachfragen, staunende Reaktionen. Über Reutlingen und Freiburg rollt die Stube schließlich wieder nach Hause in den Hochschwarzwald – nach drei intensiven Wochen und einem Roadtrip, bei dem in ganz Deutschland Menschen mit dem Stubede-Feeling in Berührung kamen. In diesem Winter geht’s weiter. Hier im Hochschwarzwald. Man darf gespannt sein.
3 Fragen an Josche Frankenberger
Eine mobile Schwarzwaldstube auf vier Rädern bauen – dafür kam nur ein echter Profi in Frage. Holzkünstler Josche Frankenberger aus Grafenhausen nahm sich dieses besonderen Projekts an. Im Interview erzählt er von seiner Inspiration und den größten Herausforderungen bei der Konstruktion.
Josche, was macht für dich den speziellen Charakter eine Schwarzwaldstube aus?
Josche Frankenberger: Sie ist ein heimeliger Ort und, neben der Küche, der Treffpunkt der Familie. Hier ist es mollig warm, hier kommt man zusammen, bespricht sich, spielt miteinander, arbeitet aber auch. In der Stube wurden Uhrenteile hergestellt, Schindeln gespalten, es wurde gestrickt, genäht, gesponnen. Diese unterschiedlichen Funktionen als Freizeit- und Arbeitsort machen es ganz spannend. Optisch ist sie für mich ein romantischer Raum zum Einmummeln, mit dicken Vorhängen und Kerzen. Die Stube hat beinahe Höhlencharakter.
Den Auftrag, eine mobile Schwarzwaldstube zu designen, bekommt man vermutlich nicht alle Tage. Wie bist du vorgegangen und wovon hast du dich inspirieren lassen?
Josche Frankenberger: Zunächst habe ich mir die verschiedenen Arten der Architektur, Nutzung und Einrichtung eines Schwarzwaldhofs mal etwas genauer angeschaut, um ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie so eine mobile Stube aussehen könnte. Dann ging es an den Zeichentisch, den ich dem PC-Monitor vorziehe. Schließlich habe ich zwei verschiedene Entwürfe vorgelegt, aus denen wir die aus unserer Sicht besten und wichtigsten Elemente zu einem finalen Entwurf zusammengeführt haben.
Was waren aus deiner Sicht die größten Herausforderungen bei diesem Projekt?
Josche Frankenberger: Es sollte eine authentische, alte Schwarzwaldstube entstehen. Da geht es hauptsächlich um diesen – nicht nur optischen, sondern auch haptischen – Eindruck, dieses Patina-Artige. Beim Ausbau des Wagens kamen aber größtenteils neue Materialien zum Einsatz. Diese mussten wir folglich mit ein paar Tricks auf alt trimmen: Die Farben sollten etwas verwittert wirken, die Wände etwas Ruß abbekommen und das Holz Wurmlöcher, Wasserflecken oder auch die ein oder andere Brandspur aufweisen. Zudem haben wir auch noch aus alten Schwarzwaldhäusern einige Dinge besorgt und eingebaut: eine alte Holztür, alte Fenster, aber auch Vorhänge und Mobiliar. Eine weitere Herausforderung war, alle Einrichtungsgegenstände – Eckbank, Tisch, Kachelofenwand, Kommode – sowie die nötige Technik für Heizschlaufen und Beleuchtung sowie die Dämmung auf einer Fläche von 5 mal 2 Metern unterzubringen. Und dann galt es noch, alle sicherheitstechnischen Richtlinien, auch mit Blick auf die verwendeten Materialien und die Verkehrstauglichkeit, zu beachten. Alles in allem glaube ich aber, dass das Ergebnis sich durchaus sehen lassen kann.
Zur Person:
Josche Frankenberger, Jahrgang 1973, stammt aus Stuttgart und ist seit vielen Jahren als Künstler und Kulissenbauer sowie im Messe- und Innenausbau tätig. Seit 2015 lebt er in der ehemaligen Schaffhauser Säge, die in einem dicht bewaldeten Tal bei Grafenhausen liegt. Dort arbeitet er als Künstler und Möbeldesigner und bietet unter anderem Möbelbau-Workshops an. Bei den Einheimischen hieß er anfangs „der verrückte Schwab us’em Loch unne“. Durch seine offene Art und sein Engagement für den örtlichen Theaterverein wurde er aber schnell im Dorf heimisch.
Mehr Infos unter: schaffhauser-saege.de